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Schaefer, Karl
Die älteste Bauperiode des Münsters zu Freiburg im Breisgau — Freiburg, i. Br., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.12661#0010
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— 6 —

Teil wurde, weil sie den ganzen Plan des späteren gothischen Baus
im wesentlichen bedingen, gehören dem Ubergangsstil an und sind
im Querschiff und in den wesentlichen Partien des Chors enthalten.
Aus ihnen ergiebt sich zunächst, dass die ursprüngliche Kirche in
ihrer Gesamtanlage eine von Ost nach West orientierte kreuzförmige
Basilika bildete: ein dreischiffiges Langhaus in gebundenem Wölbe-
system, so also, dass das Mittelschiff die doppelte Breite der Seiten-
schiffe besass, ein Querschiff aus drei ungefähr quadratischen Ge-
wölbejochen und ein bescheidener polygonal abschliessender Chor;
ein östliches Turmpaar in den Winkeln zwischen den Querschiff-
flugein und dem Chor.

K r y p t a.

Die Analogie der verwandten Bauwerke legt den Gedanken an
eine Krypta nahe; dass eine solche thatsächlich vorhanden war,
beweist der Befund: heute führen fünf Stufen vom Langhaus auf
den höher gelegenen Chorboden hinauf; von den an dieser Treppe
gelegenen Vierungspfeilern stehen die äusseren Dienste auf dem
.Langhausboden auf, die innern dagegen liegen mit ihren Basen. 2,3 m
höher, d. h. 1,5 m über dem heutigen Chorboden; und in gleichem
Niveau liegt die Schwelle der Thüren, welche in der Chormauer
beiderseits zu den Obergeschossen der Osttürme emporführen.4 Der
alte Chorboden muss also 1,5 m über dem heutigen gelegen haben,
und diese Erhöhung kann nur erklärt werden durch die Annahme,
dass eine mässig hohe Gruftkirche unter dem Chor lag.

Dieselbe hatte ihren Zugang vermutlich in der Mitte der etwa
15 Stufen hohen Chortreppe, jedenfalls nicht, wie in Strassburg5,
zu beiden Seiten an den Vierungspfeilern, da sonst die vorhin er-
wähnte Erhöhung der Basen hier keinen Sinn gehabt hätte. Über
die Einzelformen der Krypta lässt sich heute nichts mehr feststellen,
nachdem im Zusammenhang mit der Vollendung des neuen spät-
gothischen Chors, wahrscheinlich am Anfang des XVI. Jahrhunderts,
dem Boden das heutige Niveau gegeben wurde.

Chor.

Die Gestalt des Chors lässt sich dagegen aus der Gliederung
der Wände noch deutlich erkennen: die einfachste Lösung wäre die
gewesen, dass man den vorderen nahezu quadratischen Teil des
Chors, soweit er zwischen den Osttürmen liegt, mit einem Kreuz-
gewölbejoch überspannte; an die abschliessende Giebelwand würde

1 Vgl. den Längsschnitt durch das Münster in seinem heutigen Zustand
bei Moller 1. c.

5 Vgl. Abbildung bei Woltmakn, Geschichte der Deutschen Kunst im
Elsass, 117.
 
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