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Schaefer, Karl
Die älteste Bauperiode des Münsters zu Freiburg im Breisgau — Freiburg, i. Br., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.12661#0037
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- 33 —

Adler glaubte zwar diese Partien zwei verschiedenen Meistern geben
zu müssen: einem, der die Aussenwände errichtet und die Gothik
in die Hütte eingeführt habe, und dessen Porträt an einer Konsole
des ersten Fensterbogens an der Südseite zu ersehen sei; und eines
zweiten, der Langhauspfeiler, Oberwände und Gewölbe vollendete.
Aber jene fratzenhafte Relieffigur an der Konsole ist nichts weiter,
als die übliche Dekoration dieses Bauglieds in der frühgothischen
Zeit, und die Einzelheiten der beiden Traveen sind stilistisch so ein-
heitlich und namentlich von der Hochgothik des Turmmeisters so
deutlich geschieden, dass dagegen die mit sehr subjektiven Gründen
verteidigte Hyjiothese Adlers nicht überzeugen kann, zumal sie seine
eigene Darstellung in nicht geringe Verwirrung bringt.81

Kein französischer Einfluss.

Das Bildnis des Erbauers der Ostjoche besitzen wir, seinen
Namen kennen wir nicht, seine Herkunft ebensowenig; das können
wir jedoch mit Zuversicht behaupten, dass weder er noch seine Ge-
sellen in einer französischen Hütte geschult waren; und das verdient
wohl festgestellt zu werden, wenn wir uns die Mühe nehmen wollen,
über das Wort von dem französischen Ursprung unsrer rheinischen
Gothik zu einer klaren Einsicht zu kommen. Wie mir scheint kann
dieses Wort nur bedeuten, dass überall da. wo am Rhein die
gothischen Können am frühesten auftreten, der Baumeister, der sie
einführte oder ein Teil seiner Gesellen oder doch seine Baupläne
aus einer französischen Bauhütte stammten.82

Bei der durchaus praktischen Schulung, die der Steinmetz in
der Hütte erfuhr, versteht es sich von selbst, dass es zunächst das
Handwerk, die technische Bewältigung des einzelnen Werkstücks,
der Säule, des Masswerks, überhaupt der Zierformen war, welche er
erlernte, und vornehmlich an der Hand dieser Dinge muss demnach

81 Vgl. ebenda p. 13.

*'2 Die friiligothische Architektur enthält — nicht nur am Oberrhein — so
verschiedenartige Erscheinungen, dass sie sich bei genauerem Zusehen unmöglich
durch blosses Feststellen ..französischen Einflusses" erklären und erledigen hissen.
Nachdem schon K. Frey wiederholt auf die Unzulänglichkeit solcher Erklärungs-
versuche hingewiesen hat, hat neuerdings Professor Adamv (Architektonik VI. 3,
p. 238) es ausgesprochen, dass darüber kein Zweifel mehr walten kann, dass in
Deutschland die Gothik in organischer Weiterbildung ihrer Teile an die romanische
Baukunst anschliesst, — Beide Erscheinungen, die organische Weiterbildung der
einheimischen Formen und die direkte Übertragung der französischen gehen offen-
bar neben einander her, und von diesem Gesichtspunkt aus dürfte eine neue
Darstellung der oberrheinischen Gothik voraussichtlich zu sehr interessanten
Ergebnissen kommen, wenn sie im Stande ist, auf gründliche Einzelforschung
zu bauen.

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