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Schäfer, Heinrich; Frank, Carl; Winter, Franz
Kunstgeschichte in Bildern: neue Bearbeitung; systematische Darstellung der Entwicklung der bildenden Kunst vom klassischen Altertum bis zur neueren Zeit (1): Altertum — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.49707#0007
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Von einem Granitsarge. Der Übergang der Sonne vom SonnensdiifF des Ostens aus das des Weitens. Sp.

ÄGYPTISCHE KUNST
Von Profesfor Dr. H. Schaefer

Die Lebensdauer der ägyptisdien Kunst erstreckt
sich über fall: vier Jahrtausende. Sie ist im
Lande entstanden und Fremdes hat sie auch nachher
nur in geringem Maße beeinflußt. Erst als sie
altersschwach einer starken Kunst wie der griechi-
schen gegenübertritt, entsteht eine eigentümliche
Mischkunst.
Dagegen hat Ägypten eingewirkt auf die kretisch-
mykenische und die Kunst Syriens mit seinen Hinter-
ländern, dann auf die archaisdie griechische und end-
lich noch einmal auf die hellenistisch-römische Kunst.
Die Entwicklungsabschnitte sind etwa die folgenden.
Auf sie weisen die den Abbildungen beigefügten Ab-
kürzungen hin, die hier in den Klammern gegeben sind:
Vorgeschichte (V. Vor 3500 v. Chr.). — Frühzeit (Fr.
Etwa 3500—3000 v. Chr.). — Altes Reich (AR. Etwa
3000—2500 v. Chr.). — Mittleres Reich (MR. Etwa 2100
bis 1800 v. Chr.). — Hyksoszeit. — Neues Reich, erste
Hälfte (NR., I. Etwa 1600—1300 v. Chr.). — Neues Reich,
zweite Hälfte, (NR., II. Etwa 1300—1000 v. Chr.). —
Zeit libyscher Söldnerherrscfier (Lib. Etwa 1000 — 700 v. Chr.).
— Äthiopische Fremdherrschaft (Äth. (Etwa 700 — 663 v.
Chr.). Diese sowie die Zeit der Herrscher aus Sais und
der anderen bis zu Alexander faßen wir unter dem
Namen Spätzeit (Sp. Etwa 700—332 v. Chr.) zusammen.
Daran schließt sich die Zeit der Ptolemäer (Pt. 332—30
v. Chr.) und der Römer (R. 30 v. bis etwa 250 n. Chr.).
Neben dieser Einteilung benutjt man noch die antike
Einteilung der Zeit von 3500 bis 332 v. Chr. in 31 „Dynastien“.
Zwischen den Höhen der Entwicklung liegen manche
Zeiten des Verfalls, die aber oft gerade durch die Locke-
rung der Straffheit äufkeimendem Neuen Raum geben.
Es ist unmöglich, in einem Heftchen einer so viel-
seitigen Kunstübung gerecht zu werden. Was wir ab-
bilden, kann nur die wichtigsten Seiten andeuten, wobei
oft durch die Nöte der Verkleinerung die Wirkung ge-
schwächt ist. Auch der Text kann nur bieten, was zum
Verständnis der Bilder und ihrer Auswahl nötig ist. Eine
gute Ergänzung ist das Handbuch der Kunstgescfaichte von
A. Springer (Bd. I, Altertum, von A. Michaelis).

Die Architektur. Das häufigste Material der
ägyptisdien Baukunst ist der ungebrannte Nilsdilamm,
manchmal im Lehmstampfbau, meist aber in durch-
gebildetem Ziegelbau. Steinbau setjt in einzelnen
Bauteilen schon mit der Fr. ein. Das erste Bau-
werk aus Stein ist aber die Stufenpyramide von
Sakkara aus der 3. Dyn. Gebrannte Ziegel werden
in größerem Umfange erst in Pt.- und R.-Zeit ver-
wendet. Der beste Baustein ist der Kalkstein, daneben
im oberen Niltal der Sandstein. Die Granite und
Basalte sorgen für farbige Belebung, die auch sonst
als Bemalung alle Architekturglieder berührt. In
älterer Zeit wird aber die Wirkung des guten
Materials nie völlig durch Bemalung ertötet.
Die vergänglicheren Stoffe haben dem Stein-
bau manche Kunstformen geschenkt. So entslammt
die Hohlkehle (8,8; 31,6) dem Hüttenbau aus Flecht-
werk (6, 1. 2), die geböschte Außenseite der Mauern
(6,7.8; 8,2 —6) wohl dem Lehmstampfbau. So ist der
umwundene Rundstab an den Kanten (8,8; 31,6) aus
dem Hüttenbau über den Lehmbau in die Stein-
architektur gewandert. Das Ziegelgewölbe (8,3.4;
11, 3) ist seit der Frühzeit vorhanden. „Falsche“
steinerne Gewölbe ahmen seine Innenwirkung nach,
bis in der Spätzeit echte steinerne Keilschnittgewölbe
auftreten. Die Säulen (13), die Trommel über
Türen (8, 7. 8) u. a. m. gehen auf hölzerne Bauteile
zurück.
Die Säule als Kunstform scheint, wenigstens für
die Mittelmeerländer, ihren Ursprung in Ägypten
zu haben. Die wichtigsten Formen der Stützen sind
auf Taf. 13 zusammengestellt. Zuerst der Pfeiler
(13,1.2). Dann die sogenannte „protodorische“ Säule
(13, 3), die verschiedene Abarten aufweist. Als ein-
fachste Säulenform haben wir einen reinen Zylinder
kennen gelernt. Für Ägypten bezeichnend sind aber
 
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