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Schäfer, Heinrich
Das Bildnis im alten Ägypten — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 2: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.61199#0008
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beiden Jahrhunderten des zweiten Jahrtausends,
treten neue Züge dazu. Hinter den Menschen dieser
Bildnisse liegen schwere Jahrhunderte sozialer Wir-
ren, in denen die Kultur der Pyramidenzeit zu-
sammengebrochen ist, wo „das Land sich drehte
wie eine Töpferscheibe“. Gaugrafen und Könige
hatten harte Arbeit, wieder Ordnung zu schaffen.
So spricht aus den Bildern neben überlegenem
Selbstbewußtsein manchmal eine eigentümlich an-
gespannte Tatkraft. Aus anderen wieder ein bitterer,
in trüben Erfahrungen geprüfter und gereifter Ernst:
der Ausdruck des Leidens ist in die Kunst einge-
zogen. Man denkt an die schwermütigen Werke, die
das Mittlere Reich in der Literatur geschaffen hat,
das Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Seele,
oder die Abschiedsworte König Amenemhets I. an
seinen Sohn mit ihrem „Liebe keinen Bruder, kenne
keinen Freund; schläfst du, so hüte du selbst dein
Herz, weil ein Mann keine Leute hat am Tage des Un-
glücks“. Die Köpfe zeigen oft (Abb. 9) in einemMaße
wie keiner der Pyramidenzeit Gefühl dafür, daß die
Oberfläche des Gesichts in ihren Grundformen be-
stimmt ist durch die darunter liegenden Knochen.
Auch das Mittlere Reich endet unter schweren
Schlägen, bitterböser Heimsuchung durch das
Hereinbrechen eines fremden Volkes, der Hyksos,
deren Herrschaft alles zerrüttet hat. Ein starkes
Fürstengeschlecht schlägt gegen die Mitte des zwei-
ten Jahrtausends die Barbaren in langwierigen
Kämpfen hinaus, und die Grenzen des „Neuen Rei-

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