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satze dieses Mangels versuche ich ein Beweisverfahren, das sich mir wohl
öfter dargehoten hätte, von welchem ich aber nur an dieser Stelle Gebrauch
mache. Ich meine die Gleichheit der Sprache. Unserem paderborner' An-
nalisten sind diese und jene Wendungen zur stehenden Redensart geworden:
sie kehren auch in dem iburger Fragmente wieder. Ich stelle sie einander
gegenüber, die Wiederherstellung als vollzogen betrachtend.
1073. Quae res Thuringos contra 1114. Quae res multos contra impe-
regem exacuit. ratorem exacuit.
1074. Haut segniter ei occurrerunt. 1115. Haud segniter eis occurrit.
1084. Vir Htteris adprime eruditus. 1118. Vir litteris adprime eruditus.
1084. Infecto negotio discessum est. 1141. Infecto negotio discessum est.
1082 cf. 1076. omnemque regionem 1114 cf. 1107. omnem circa regionem
incendis ac praeda vastavit. praeda, flaminis vastat.
Dazu kommt der bezeichnende Gebrauch des episcopus statt archi-
episcopus und in Verbindung mit episcopus der Genitiv statt des ge-
bräuchlicheren Adjektivs. Also: zu 1084 Eavennae episcopus, zu 1074
Traiecti episcopus, zu 1109 Coloniae episcopus, Treveris episcopus u. s. w.
Genug, die iburger Annalen beruhen auf derselben Grundlage, wie die
hildesheimer, sächsischen und pöhlder. Es ist nur die Frage, ob auch noch
Anderes, als was mit den sächsischen und übrigen Annalen stimmt, als
was durch die Sprache kenntlich ist, der gemeinsamen Quelle angehört; ob
in den paderborner schon die hasunger Annalen benutzt waren; ob der
iburger und sächsische Annalist — denn bei Beiden finden sich Sätze
hasunger Ursprungs — die hasunger Annalen selbständig benutzt haben.
Doch diese Frage werde ich passender an einer späteren Stelle erörtern.
Hier muss ich noch einmal zu der Verwandtschaft des sächsischen
mit dem iburger Annalisten zurückehren. Denn es bleibt die Möglichkeit,
dass sie neben den paderborner, vielleicht neben den hasunger Annalen
noch ein anderes uns unbekanntes Werk benutzten. Darauf führt eine
Stelle zu 840.
Annal. Yburgens. Annal. Saxo.
840. Ea tempestate Hrabanus Ful- 840. Rhabanus Fuldensis abbas, re-
densis coenobii abbas, relicta quam ha- licta potestate, ultra Kenum in regnura
buit potestate, ultra Khcnum tluviuin in Lotharii se contulit, post quem revo-
regnum Hlotharii se contulit. Post quem candum quidam de fratribus mittuntur
1) Gegen diess Ergebniss scheint nun zwar zu sprechen, dass die iburger
Annalen nach Pertz die Schrift des »beginnenden* 12. Jahrhunderts zeigen. Unsere
Annalen reichten dagegen bis auf die Anfänge Konrads III. Ob damit noch die
scriptura saeculi XII adolescentis zu vereinigen ist ? Ist es nicht der Fall, ist
weiterhin die Pertz'sehe Angabe so recht eigentlich zu nehmen, so halte ich doch
an meiner Entwicklung fest. Ich greife dann zu der Annahme, dass entweder
unsere Annalen vor ihrer A'ollendung dem Iburger zukamen, — und wir werden
sehen, dass sie, wenn auch von Einem, so doch nicht in Einem Zuge geschrieben
wurden, — oder dass der Iburger, der etwa um die Mitte des Jahrhunderts ge-
schrieben, das Schreiben zu Anfang dos Jahrhunderts gelernt habe, also ein schon
älterer Mann war. Nur diese Annahme würde die scriptura saeculi XII adolescentis
auch mit dem schon erwähnten hactenus versöhnen. Wenn Jemand von einer Ur-
kunde des Jahres 1088 sagt, dass sie ,nochl in Osnabrück autbewahrt würde, so
kann er doch wohl nicht zu Anfang des 12. Jahrhunderts schreibon.
satze dieses Mangels versuche ich ein Beweisverfahren, das sich mir wohl
öfter dargehoten hätte, von welchem ich aber nur an dieser Stelle Gebrauch
mache. Ich meine die Gleichheit der Sprache. Unserem paderborner' An-
nalisten sind diese und jene Wendungen zur stehenden Redensart geworden:
sie kehren auch in dem iburger Fragmente wieder. Ich stelle sie einander
gegenüber, die Wiederherstellung als vollzogen betrachtend.
1073. Quae res Thuringos contra 1114. Quae res multos contra impe-
regem exacuit. ratorem exacuit.
1074. Haut segniter ei occurrerunt. 1115. Haud segniter eis occurrit.
1084. Vir Htteris adprime eruditus. 1118. Vir litteris adprime eruditus.
1084. Infecto negotio discessum est. 1141. Infecto negotio discessum est.
1082 cf. 1076. omnemque regionem 1114 cf. 1107. omnem circa regionem
incendis ac praeda vastavit. praeda, flaminis vastat.
Dazu kommt der bezeichnende Gebrauch des episcopus statt archi-
episcopus und in Verbindung mit episcopus der Genitiv statt des ge-
bräuchlicheren Adjektivs. Also: zu 1084 Eavennae episcopus, zu 1074
Traiecti episcopus, zu 1109 Coloniae episcopus, Treveris episcopus u. s. w.
Genug, die iburger Annalen beruhen auf derselben Grundlage, wie die
hildesheimer, sächsischen und pöhlder. Es ist nur die Frage, ob auch noch
Anderes, als was mit den sächsischen und übrigen Annalen stimmt, als
was durch die Sprache kenntlich ist, der gemeinsamen Quelle angehört; ob
in den paderborner schon die hasunger Annalen benutzt waren; ob der
iburger und sächsische Annalist — denn bei Beiden finden sich Sätze
hasunger Ursprungs — die hasunger Annalen selbständig benutzt haben.
Doch diese Frage werde ich passender an einer späteren Stelle erörtern.
Hier muss ich noch einmal zu der Verwandtschaft des sächsischen
mit dem iburger Annalisten zurückehren. Denn es bleibt die Möglichkeit,
dass sie neben den paderborner, vielleicht neben den hasunger Annalen
noch ein anderes uns unbekanntes Werk benutzten. Darauf führt eine
Stelle zu 840.
Annal. Yburgens. Annal. Saxo.
840. Ea tempestate Hrabanus Ful- 840. Rhabanus Fuldensis abbas, re-
densis coenobii abbas, relicta quam ha- licta potestate, ultra Kenum in regnura
buit potestate, ultra Khcnum tluviuin in Lotharii se contulit, post quem revo-
regnum Hlotharii se contulit. Post quem candum quidam de fratribus mittuntur
1) Gegen diess Ergebniss scheint nun zwar zu sprechen, dass die iburger
Annalen nach Pertz die Schrift des »beginnenden* 12. Jahrhunderts zeigen. Unsere
Annalen reichten dagegen bis auf die Anfänge Konrads III. Ob damit noch die
scriptura saeculi XII adolescentis zu vereinigen ist ? Ist es nicht der Fall, ist
weiterhin die Pertz'sehe Angabe so recht eigentlich zu nehmen, so halte ich doch
an meiner Entwicklung fest. Ich greife dann zu der Annahme, dass entweder
unsere Annalen vor ihrer A'ollendung dem Iburger zukamen, — und wir werden
sehen, dass sie, wenn auch von Einem, so doch nicht in Einem Zuge geschrieben
wurden, — oder dass der Iburger, der etwa um die Mitte des Jahrhunderts ge-
schrieben, das Schreiben zu Anfang dos Jahrhunderts gelernt habe, also ein schon
älterer Mann war. Nur diese Annahme würde die scriptura saeculi XII adolescentis
auch mit dem schon erwähnten hactenus versöhnen. Wenn Jemand von einer Ur-
kunde des Jahres 1088 sagt, dass sie ,nochl in Osnabrück autbewahrt würde, so
kann er doch wohl nicht zu Anfang des 12. Jahrhunderts schreibon.