Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Scheffer-Boichorst, Paul [Editor]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0080
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
70

sik und Astronomie; man las denHoräz, Virgil, Sallust und Statius.1 Weil
die Bildung durch Bücher bedingt ist, sorgte Imad für gute Abschriften;
er schenkte der Bibliothek eineKeihe von Werken, darunter Schriften Philos
und Piatos. Mit einem Hexameter begleitete er die Widmung. 2 Und Imad
stand in seinen Bestrebungen nicht allein: ein Priestor Eeinbold hatte leb-
haftes Interesse für die Wissenschaft; der Domherr Thooderich war ein
Schüler und Freund Lanfranks; er hatte den Lanfrank veranlasst, gegen
Berengar zu schreiben;3 jetzt vorfasste er selbst, von Eeinbold gebeten,
ein Büchlein über das Vaterunser, welches er dem Andenken Imads wid-
mete. 4 Doch nicht immer war man mit so ernsten Dingen beschäftigt:
man hatte Gesanglehrer, verfasste heitere Lieder: mit Eifer wurde die Dicht-
kunst gepflegt.5 Geschah es auch nicht mit Grazie, man verstand doch in
Vers und Beim sich zu bewegen. Ja, die Poesie, freilich nicht das frische
Naturkind, sondern die gezierte Tochter akademischer Schulung, war eine
so alltägliche Erscheinung, dass man ihr selbst in der Wohnung ihrer
Antipodin begegnen konnte,— in der Kanzlei: die gewöhnliche Anrufungs-
form der Urkunden: >yIn nomine sanctae et individuae trinitatis * verwan-
delt sich dem Kanzelisten Imads in eine poetische Form.6

1) Vita Meinwerci c. 160.

2) Her Jesuit Gamänsius, aus dessen Sammlungen der Jesuit Grothaus im
Jahre 1664 noch heute in Paderborn vorhandene Auszüge anfertigte, erzählt nach
Evolt a. a. 0. 22 Aninerkg. 1, dass Imad occlesiae cathedrali plurimos dedit libros
in pergameno excellentissime scriptos oosque auetorum praestantissimorum, ut sacro-
rum bibliorum, sanetoruni patruin et aliorum interpretum, ut Rhabani; eisque car-
mina duo inferiora sunt inseripta initio, exceptis operibus Platouis insigniter scrip-
tis, quibus inscriptum est: »Donum Imadi.8 Dann folgen diesslben Verse, welche
uach (Honion) Panegyricus in die natali acad. Theodor, etc. oblatus. <t2 auch ein
anderes Buch, in quo sunt Philonis Judaoi nonnulla monumenta, als Widmung trug:

Ecclesiao Christi sanetaeque dei gonotricis
Oifort hunc librum devotus praesul Iinadus.

3) Wegen der Seltenheit der Ereltschen Abhandlung wiederhole ich auch,
was Evolt aus handschriftlichen Aufzeichnungen Ferdinands von Pürstenberg mit-
theilt. Fürstenberg sah in der palatinisehon Bibliothek zu Rom eine Handschrift:
in quo habetur b. Lanfranci liber contra Berengarium hoc titulo: s Scriptum Lan-
franci etc., quöd per inspirationem sti. Spiritus, rogatu Thoodorici diseipuli sui,
Paterbrannensis canonici, et commuui occlesiae utilitate induetns, contra Beringeri
Andegaveusis bis periuri haereticam pravit'atem edidit. * Jn unseren Ausgaben lautet
der Titel nur: Liber de corpore et sanguino domini nostri adversus Berengarium.
cf. Giles Beati Lanfranci Opera 2,147.

4) Die Schritt, welche vorfasst wurde: »ob memoriam et honorem Imadi vene-
rabilis episcopi, instictu reverendi saceidotis Reinboldi/ wurde herausgegeben von
Pez Thesaur. 2 59 — 08 und besser in einem eigenen Büchlein von J. Niesert
Coesfeld 1829. Vgl. Evolt a. a..(J. 28. 29.

5) Ludusque fuit omuibus :: insudare versibus.
0) In deitate patris proli sit honor generalis,

In uutu nati docus ac sapientiä patri,

In vi paraclisis virtus sit utrique perhennis. — Schaten Annal. Paderb. 1,376. ■
Ereilich hat Erhard Reg. bist. Westf. 1064 ein Bedenken gegen die Urkunde, die
in der Form viel Eigentümliches habe. Aber da nun die Anrufung als eine be-
wusste Umsetzung in Hexameter erkannt ist, so hat wenigstens die Eigentümlich-
keit dieser Anrufung nichts Verdächtiges mehr. Die Ueberleitung zur Sache ist ein
 
Annotationen