Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Scheffer-Boichorst, Paul [Editor]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0084
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
74

wahrscheinlich. Und beide Bisthümer treten im Investiturstroit gleich bedeu-
tend hervor, als Paderborn selbst. Udo von Hildesheirn, Friedrich von
Halberstadt und Heinrich von Paderborn, — vor dem Forum der römischen
Partei stehen sie stets in gleicher Reihe. Udo und Heinrich erlangen die
Wiedereinsetzung; Friedrichs erster Nachfolger spielt in den sächsischen
Wirren eine bedeutende Kollo; auch von dem Prozesse seines zweiten Nach-
folgers, den die halborstädtor Domherron in Pom verklagt, hatte man zu
Paderborn Kunde. 1

Von keiner geringeren Bedeutung war eine weltliche Verbindung.
Bischof Heinrich ist der Oheim des streitbaren Grafen von Arnsberg. 2
„ Von Westfalen * heisst er wohl in Uebcrlieferung und Urkunde. Und dem
Namen entsprach die Stellung; in der That — es gab keine glänzendere,
mächtigere, oinfmssreichere Persönlichkeit, als diesen Arnsberger; unter-
stützt von seinem Bruder, dem Grafen Heinrich von Rietberg, bestimmt er
die Geschicke Westfalens. Sein Leben ist Kampf; sein Denken gilt der
Erweiterung seiner Macht. Mohr als einmal wird man ihn in Paderborn
gesehen haben; er ist doch auch wohl jener Graf Friedrich,3 dem wir zwei-
mal als Vogt von Paderborn begegnen. Da hat es denn seine ernste Be-
deutung , wenn man zu Paderborn glaubt, der heilige Moinulf habe dem
Landvolk geholfen, eine Zwingburg des eben verstorbenen Grafen niedorzu-
roissen. Doch sein Geist lebt fort. Zwar ist er, wie der Bruder, ohne
männliche Erben gestorben; aber zwei unruhige Schwiegersöhne lassen das
Schwert nicht rosten.

In diesen Umrissen wird man erkannt haben, dass Paderborn durch
geistige Befähigung und Kenntniss der Thatsachen zur Goschichtschreibung
berufen war. Nun ist das Geschichtswork, das uns beschäftigt, wohl nicht aus

Paderborn« a. a. U. 115—167 so viele Bamberger begegnen, so erinnere man sich;
dass Bischof Poppo, unter dessen Regierung die letzte Eintragung gemacht ist, vor-
dem Propst von Bamberg war. Er kann recht gut ein bamberger Nekrolog mitge-
bracht haben, dieses nun mit paderhorner Todesnachrichten verbunden sein. In der
That findet sich so wörtliche Uoberoinstimmuug mit dem Nekrologe des bamberger
Pomstiftes, welches am Vollständigsten im 7. Berichte des historischen Vereins zu
Bamberg gedruckt ist, dass sogar die Bezeichnung frater noster, worunter das
bamberger Nekrologium z. B. irgend einen fränkischen Geistlichen versteht, in
unserem Nekrologe wiederkehrt. Nun wird man doch nicht glauben, dass ein Bruder
des bamberger jedesmal auch ein Bruder dos paderhorner Domstiftos gewesen sei.
Wohl aber begreift man, dass all' diese Namen ein Interesse für Bischof Poppo
hatten. Als ehemaliges Mitglied dos bamberger Domstiftes, dem der Eine ange-
hörte , mit dem der Andere sich verbrüdert hatte, blieb er persönlich der Bruder
Aller. Dazu kamen seine neuen Verbindungen mit Paderborn. Indem diese Fak-
toren zusammenwirkten, entstand nach meiner Ansicht das Nekrolog, das ich nicht
nach dem paderhorner Domstifte, sondern nach Bischof Poppo benennen möchte.
Wie aber auch immer, — in unseren Annalen tritt Bamberg nicht hervor.

1) Abgesehen von Meinwerks Beziehungen zu Halberstadt, unterstützen frei-
lieh nur die obigen, in unseren Annalen hervortretenden Momente meine Annahme
Doch reichen sie vielleicht aus.

2) Vgl. über ihn Seibertz Landes- und Keehtsgeoch. 1 a> 83 Hg.

8) Als Vogt nostre ecclesie bezeichnet ihn Bischof Heinrich am 18. Juni 1123.
Cod. dipl. Westf. 1,150. Ueber die andere Urkunde vgl. Seite 80 Anmerkg. 1.
 
Annotationen