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Scheffer-Boichorst, Paul [Editor]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0194
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Annalen erwiesen. Will man nun annehmen, dass neben der kölner Ab-
leitung die paderborner Quelle benutzt sei ? Unmöglich; denn in dieser
marienfelder Bearbeitung findet sich nicht ein einziges Sätzchen paderbor-
ner Ursprungs, welches in den kölner Annalen fehle, in den anderen Ab-
leitungen der paderborner Quelle vorhanden wäre.

Auch die beiden anderen Autoren haben nur mittelbar aus den pader-
bornor Annalen geschöpft.

Krantz hat in seiner Metropolis, wie in seinen anderen Werken, ein
massenhaftes Material zusammengetragen. Zur Metropolis hat denn auch
Paderborn beigesteuert, aber offenbar ist es Gobelins Weltenlauf, der ihm
vorlag. Man kann genau verfolgen, wie er sich denselben zu Nutzen machte.
Z. B. 4,16 schreibt er den Eingang von 6,54 ab. Es handelt sich um die
Auffindung des Riesen Pallas, worüber Gobelin zunächst nach Martinus
Polonus berichtet. Mit Augustin fährt Gobelin dann fort, über das Klein-
werden der Menschen zu reden. Beides hat Krantz, nur noch einen Virgili-
schen Vers hinzufügend, in sein Werk aufgenommen. Man sieht: selbst bei
Ereignissen, die mit den Bisthümern in gar keiner Verbindung stehen, lässt
er sich von Gobelin leiten. Ein beliebiges anderes Beispiel: 4,30 heirathet
die Witwe Heinrichs III. den Herzog von Baiern, — ein Irrthum, zu dem
Gobelin 6,54 verleitet. Um auch einen Satz hervorzuheben, der in letzter
Reihe auf die paderborner Annalen zurückgeht, so verweise ich auf das
Brennen der eigenthümlich gescheitelten Haare, wovon Gobelin 6,59 und
Krantz 6,10 berichtet. Hier hat Gobelin nicht aus der ursprünglichen
Quelle geschöpft, sondern aus Repgows abgeleiteter Chronik, die erst durch
die pöhlder auf die paderborner Annalen zurückgeht. Und wie Gobelin
nach Repgow hinzugefügt hat: et inde cessavit consuetudo illa in viris, so
fügt Krantz nach Gobelin hinzu: cessavitque ea abusio. Auch die eigenste
Zuthat Gobelins, dass der gewaltige Haarbrand im Heere des Königs aus-
brach, hat Krantz sich angeeignet. Dann aber geht er weiter. Krantz ist
schon ungleich geschmackvoller, als Gobelin. Wenn daher Gobelin an die
Belagerung Speiers recht steif anschliesst: s Et Ulis tomporibus capilli ca-
pitis fulmine consumpti sunt, * so bringt Krantz beide Ereignisse, ob mit
Recht oder Unrecht, durch die Wendung: ^ Qua in expeditione quum etc. *
in den engsten Zusammenhang. So Hesse sich noch vielfach zeigen, wie
Krantz nur Gobelins Werk ausschreibt, dessen Sätze etwas feiner wendend.

Der jüngere Zeitgenosse von Krantz, Bernhard Witte, der um das
Jahr 1517 seine Historia occidentalis Saxoniae seu nunc Westphaliae
schrieb, lebte in nächster Nähe von Paderborn. Er war Mönch des Bene-
diktinerklosters Liesborn, ist unzweifelhaft mehrmals in Paderborn ge-
wesen und dann bei den Benediktinern von Abdinghof eingekehrt.1 Da-
nach könnte man geneigt sein, in ihm einen Benutzer der ja in Abdinghof
verfassten Annalen zu muthmassen. Und in der That finden sich eine
Menge Uebereinstimmungen; es ist nur die Frage, ob sie vermittelt oder

1) Tgl. Nordhoff Die Chronisten des Klosters Lieshorn in Zeitschr. f. Gesch.
und Alterthumskunde Westfalens. III. 6,177 flg.
 
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