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abscheulichen Gebrauches zu erzwingen. Andere reden einer durchgreifenden socialen Reform das
Wort, die Gegner werden schonungslos und nicht ohne Satyre angegriffen. Eine traurige
Berühmtheit erlangte 1840 der Redakteur des in Calcutta erscheinenden Bhaskar, welcher damals
den mediatisirten Rädscha von Andul wegen Nichtbeachtung der Kastengesetze angriff, von diesem
aber in einen Hinterhalt gelockt, eingekerkert und mit den grausamsten Folterqualen gepeinigt
wurde. Dem Gefangenen gelang die Flucht; der Fall füllte damals die Spalten aller Zeitungen
und trug dem Blatte so viele Abonnenten ein, dass derselbe Redakteur, zugleich Eigenthümer,
acht Jahre später das zehnjährige Bestehen seines Blattes mit einem kostspieligen Bankett
feiern konnte.

Nach der neuen Pressakte nimmt die Zahl der politischen Blätter wohl zu, aber nicht in
dem Masse, als man erwarten sollte; erst mit Einbürgerung der Lithographie auf dem Lande,
wo sie durchgehends für die Lokalblätter Anwendung findet, schwillt die Ziffer höher an. 1857
hatten es in der Präsidentschaft Bengalen die Zeitungen und Zeitschriften in der Bengali Sprache
erst auf 2950, in Hindostani auf 3222 Abzüge gebracht. Tagesfragen finden schneidige und den
Engländern ungünstige Behandlung, in Regierungsberichten aus dieser Zeit kommt vor: „Die indischen
Zeitungen sind unscheinbar im Aeusseren; aber sie wirken wie die Weisthümer unserer Altvordern,
als es noch an Gesetzen fehlte und sind dem Halme zu vergleichen, welcher die Strömung anzeigt.
Man lernt darin nicht blos die Anschauungen einiger Calcutta-Gelehrten oder Unzufriedenen
kennen; man lese die Blätter regelmässig und man wird eine klare Einsicht in die Anliegen, die Be-
dürfnisse und die Stimmung ■ des Volkes gegen uns erhalten. In den kleineren Blättern findet man
nur Unbedeutendes und Kindisches; Notizen voll Feindseligkeit gegen europäische Wissenschaft,
ihre Träger und unsere Beamten sind selten, üben aber stets starke Anziehungskraft aus. Die
Redaktionen der geleseneren Blätter haben regelmässig einen des Englischen Kundigen angestellt,
der ihnen die englischen Tagesblätter übersetzt; durch diese Dolmetscher werden die Heraus-
geber und durch diese das grosse indische Publikum mit der verächtlichen Sprache bekannt,
welche unsere englischen Journale so rücksichtslos gegen Indier wie unsere Verwaltung s-Ein-
richtungen anwenden. Der Widerwillen, den viele Eingeborene gegen Europäer haben, erhält
hiedurch Nahrung und wir haben häufig beobachtet, dass Indier, welche englische Zeitungen im
Originale regelmässig lesen, von einem Gefühle der Verachtung durchdrungen sind, welches bei
Eingeborenen nicht anzutreffen ist, die sich lediglich mit indischen Vorkommnissen beschäftigen.
Werden falsche Vorstellungen auch nur einer kleinen Minderheit eingeimpft, so können sie doch
durch diese Unbehagen und Störung in der Länge wie Breite des ganzen Landes zur Folge haben."

Die Führer des Sipahi-Aufstandes von 1857 versuchten sich die Presse dienstbar zu
machen, fanden aber bei den Vorständen der von den Engländern hervorgerufenen Schulen, auf
die als Redakteure gerechnet war, keine Unterstützung. Mit der einzigen Ausnahme von Bareli
(östlich von Dehli) lieferten die Pressen nur Proklamationen; in Bareli dagegen brachte der
Rebellenführer Khan Bahadur Khan eine amtliche Regierungszeitung in Gang unter dem ver-
heissenden Titel Fatah-ul-Akbar „Sieg Akbar's" (Name des letzten Moghul Kaisers). Das fünf-
zehnte Gesetz aus dem Jahre 1857 ermächtigte die englischen Behörden zur Unterdrückung aller
Druckereien. In den Hauptstädten der Präsidentschaften unterliess man den Vollzug, um mit
der öffentlichen Meinung in Fühlung zu bleiben; in Hindostan aber legten die vorrückenden
Truppen alle unsicheren Druckereien unter Siegel, im Pandschab wurde förmliche Censur eingeführt
und bis 1865 gehandhabt.

Mit Wiederkehr der alten Freiheit gewinnt die Presse langsam an Zahl und Verbreitung.
Der Unternehmergewinn ist nur in einzelnen Fällen so gross, dass der Herausgeber einer Zeitung
davon leben kann; zur Gründung von Zeitungen lockt weniger der Gewinn, als der Trieb, das

»

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