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lichen Umkehrung berechtigt glauben kann: Zweckmäßigkeit
für unser Erkenntnißvermögen erregt uns Lust, was uns also
unmittelbar Lust erregt, muß zweckmäßig für unser Erkennt-
nißvermögen eingerichtet seyn.
5 Was die Benrtheilung der Natur nach Zwecken betrifft,
so ist sie eine uns natürliche Ansicht, von der wir aber
gänzlich abstrahiren müssen wenn Naturwissenschaft zu Stande
kommen soll. Sie ist weiter nichts als eine Umkehrung der
Ordnung indem wir die Wirkung der Ursache voran denken.
10 Es giebt zwar eine Elaste von Hervorbringungen, die or-
ganischen, bey denen wir auch in der wissenschaftlichen Beur-
teilung des Prinzips der Zweckmäßigkeit sI9vj nicht entrathen
können, jedoch so, daß wir uns immer bewußt sind, es liege
nicht in ihnen, sondern seh nur unsre Methode sie zu begreifen.
is Dieß könnte man eine Zweckmäßigkeit ohne Zweck nennen,
eine Definition die Kant von der Schönheit giebt.
Aber was in aller Welt hat diese Beurtheilung der Natur
nach Zwecken mit dem Suchen des Schönen in ihr gemein?
Dieses soll den Bedürfnissen des Verstandes angemessen seyn,
so aber selbst nach Kant auf eine ganz andre Art als wie uns
jene zu Hülfe kommt. Wir können uns recht gut denken,
daß die befondern Einrichtungen der Natur sehr begünstigend
für unsre Erkenntniß von ihr wären, ohne doch im mindesten
schön zu seyn. Dennoch soll „die aesthetische Urtheilskraft
25 ihrer Reflexion über die Natur das Prinzip der formalen
subjektiven Zweckmäßigkeit völlig u xriori zum Grunde legen."
Das hieße ja, wir könnten von der Natur Schönheit
erwarten. Welch ein Gesetz unsers Geistes berechtigt uns
aber vorauszusetzen, daß die Natur in der Form gewisser
so Hervorbringungen nach unsrer Art sie auszunehmen sich auch
nur scheinbar richten werde. Die Erfahrung lehrt uns auch,
daß sisoj die Produkte der Natur, die wir als durchaus
zweckmäßig beurtheilen müssen, die organischen, darum noch
ganz und gar nicht schön sind. Immer wenn man mit der
35 Natur anfängt, wird die Existenz des Schönen als bloß zu-
fällig erscheinen; feine Nothwendigkeit kann nur daraus her-
geleitet werden, daß es seyn soll, nämlich durch menschliche
 
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