Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42

PATRIOTISMUS DER ITHAKESIER.

der Anrede das Wort £sT? (Sie)] aber die Natürlichkeit der
Ithakesier ist so gross, dass sie mit diesem Worte niemals
eine einzelne Person anreden, und nicht nur die Herren,
sondern sogar die Damen der vornehmsten Familien in der
Hauptstadt duzen mich.

Die grenzenlose Vaterlandsliebe, von der wir an Odys-
seus ein Beispiel haben, welcher die Rückkehr in sein an-
gebetetes Vaterland der von der Kalypso ihm angebotenen
Unsterblichkeit vorzieht (Od. V, 203—224), diese Vater-
landsliebe ist noch heutigen Tages ebenso lebendig bei den
Bewohnern der Insel, und so oft ich auf meinen Reisen im
Orient einen Ithakesier antraf und ihn frug: ' Atco tcolov pipo<;
Tife 'EXXocXos stsös (Aus welcher Gegend Griechenlands sind
Sie?), so antwortete er, stolz auf seine Nationalität, mit er-
hobenem Haupte: „Ei[/.ai'IOowufatos [/.a tov Ösöv!" (Ich bin
ein Ithakesier, bei Gott!).

Ein anderer Beweis ihres Patriotismus und ihrer Ver-
ehrung für das Andenken ihrer glorreichen Vorfahren liegt
darin, dass fast in jeder Familie eine Tochter Namens
Penelope und zwei Söhne sind, welche Odysseus und Tele-
machos heissen.

In Folge ihrer unermüdlichen Thätigkeit sind diese
braven Leute frei von Noth, und niemals sah ich auf
Ithaka einen Bettler.

Wie im übrigen Griechenland, wird auch hier die
Geistlichkeit nicht besoldet und muss von den schwachen
Einkünften der Taufen, Begräbnisse, Heirathen u. s. w. ihr
Leben fristen. In Folge dessen ist das Leben des griechi-
schen Priesters ein fortwährender Kampf mit dem Mangel,
und da die Laufbahn des Geistlichen keine Versorgung
bietet, so wollen die jungen Leute nicht gern Theologie
 
Annotationen