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Schliemann, Heinrich
Trojanische Alterthümer: Bericht über die Ausgrabungen in Troja — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.957#0160
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102 MUTHMASSLICHE LAGE D. SPATERN U. ALTEN MINERVATEMPELS.

der plastischen Kunst nicht gehabt haben. Ausserdem
sieht mir der Kopf des Sonnengottes so alexandrinisch
aus, dass ich an der Geschichte festhalten und glauben
muss, dass dies Kunstwerk aus der Zeit des Lysimachos
stammt, der, nach Strabo, XIII, i, nach Alexander's des
Grossen Tode hier den von diesem nach der Unterwer-
fung des persischen Reichs der Stadt Ilion versproche-
nen neuen Tempel der ilisehen Minerva baute.

Dass ich nun das Kunstwerk auf dem steilen Ab-
hänge des Berges fand, während es doch nothwendiger-
weise auf der entgegengesetzten Seite, über dem Ein-
gang zum Tempel, gestanden haben muss, ist nur da-
durch erklärlich, dass die Türken, welche hier Grab-
säulen suchten, diese Sculptur verschmähten, weil sie
lebendige Geschöpfe darstellt, deren Nachahmung sehr
streng im Koran verboten ist.

Unter den Ruinen dieses Tempels hoffe ich die
Trümmer jenes von Alexander dem Grossen hier vor-
gefundenen winzigen Tempels zu finden. Es scheint
mir jedoch nicht wahrscheinlich, dass ich in den Tiefen
des letztern den alten trojanischen Tempel entdecke,
in welchem Hekabe durch die Priesterin Theano ihr
kostbarstes Gewand auf die Knie der Minerva legen
Hess (Ilias, VI, 302—304): 'H d' &Qa miitAov sXovöa ®mvco
xaXXmaQyos drpcev 'Afryvalris h& yovvaöiv rjvxöfioio' sv%o{iävt]
d' TjQäro z/tög xovqtj titydAoio (und die schönwangige
Theano, das Gewand nehmend, legte es auf die Knie
der schönlockigen Athene und betete inbrünstig zur
Tochter des grossen Zeus). Nach dem aus der Asche
von Opferthieren bestehenden steinfesten Schutt zu ur-
theilen, der mir auf einer Strecke von 23 Meter am öst-
 
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