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https://doi.org/10.11588/diglit.21#0008
VIII Orientalischer Einfluss durch zwei Kanäle. [vorbede.
Mit unerbittlicher Logik wurde darauf hingewiesen, dass alle
Theile einer Mythe fest aneinanderhängen, und dass wir sie nicht
eigenmächtig trennen und voneinander unterscheiden können.
Das Werk der Zerstörung geht nothwendigerweise dem Werke
des Wiederaufbaues vorher. Nicht eher, als bis alle unsere vor-
handenen Autoritäten gesichtet und beurtheilt sind, nicht eher,
als bis alles, was falsch und ungewiss, aus dem Wege geräumt
ist, wird der Boden gereinigt, um das thatsächliche Gebäude
mit neuen bessern Materialien darauf hinzubauen. Sogar während
Grote's Entscheidungen noch unsere Begriffe über das primitive
Griechenland leiteten, hatte Prof. Ernst Curtius mit genialem
Blick bemerkt, dass sie nicht endgültig waren und sein konnten.
Die Ethnologie Griechenlands in der Dämmerung der literari-
schen Geschichte lässt die Ethnologie des heroischen Zeitalters
voraussetzen, und hätten alte Mythen nicht mit bestimmten Be-
gebenheiten verbunden und in bestimmten Regionen localisirt sein
können, so wären keine Gründe dafür vorhanden gewesen. Kyros
und Karl der Grosse sind nur darum romantische Helden, weil
sie zuvörderst Heroen der Wirklichkeit gewesen sind. Prof.
Ernst Curtius bemerkte jedoch mehr als dies. Die Entdeckungen
von Botta und Layard in Ninive und von Renan in Phönikien
hatten ihm offenbart, dass die Keime der Kunst, und somit auch
der Cultur des primitiven Griechenlands, von Osten gekommen
sein müssen. Die verunglimpften Theorien, die den Osten und
den Westen miteinander verbunden hatten, traten wieder ins
Leben, aber in neuer und wissenschaftlicher Form; sie waren
nicht länger auf phantastischen, ausschweifenden Speculationen,
sondern auf den sichern Fundamenten erwiesener Thatsachen ge-
gründet. Schon sah Curtius sogar, dass orientalischer Einfluss
durch zwei Kanäle nach Griechenland geflossen sein muss, nicht
nur durch die Phönikier, sondern auch ebensowol auf den Land-
strassen Kleinasiens.
Was aber Curtius errathen hatte, war er nicht in der Lage
Mit unerbittlicher Logik wurde darauf hingewiesen, dass alle
Theile einer Mythe fest aneinanderhängen, und dass wir sie nicht
eigenmächtig trennen und voneinander unterscheiden können.
Das Werk der Zerstörung geht nothwendigerweise dem Werke
des Wiederaufbaues vorher. Nicht eher, als bis alle unsere vor-
handenen Autoritäten gesichtet und beurtheilt sind, nicht eher,
als bis alles, was falsch und ungewiss, aus dem Wege geräumt
ist, wird der Boden gereinigt, um das thatsächliche Gebäude
mit neuen bessern Materialien darauf hinzubauen. Sogar während
Grote's Entscheidungen noch unsere Begriffe über das primitive
Griechenland leiteten, hatte Prof. Ernst Curtius mit genialem
Blick bemerkt, dass sie nicht endgültig waren und sein konnten.
Die Ethnologie Griechenlands in der Dämmerung der literari-
schen Geschichte lässt die Ethnologie des heroischen Zeitalters
voraussetzen, und hätten alte Mythen nicht mit bestimmten Be-
gebenheiten verbunden und in bestimmten Regionen localisirt sein
können, so wären keine Gründe dafür vorhanden gewesen. Kyros
und Karl der Grosse sind nur darum romantische Helden, weil
sie zuvörderst Heroen der Wirklichkeit gewesen sind. Prof.
Ernst Curtius bemerkte jedoch mehr als dies. Die Entdeckungen
von Botta und Layard in Ninive und von Renan in Phönikien
hatten ihm offenbart, dass die Keime der Kunst, und somit auch
der Cultur des primitiven Griechenlands, von Osten gekommen
sein müssen. Die verunglimpften Theorien, die den Osten und
den Westen miteinander verbunden hatten, traten wieder ins
Leben, aber in neuer und wissenschaftlicher Form; sie waren
nicht länger auf phantastischen, ausschweifenden Speculationen,
sondern auf den sichern Fundamenten erwiesener Thatsachen ge-
gründet. Schon sah Curtius sogar, dass orientalischer Einfluss
durch zwei Kanäle nach Griechenland geflossen sein muss, nicht
nur durch die Phönikier, sondern auch ebensowol auf den Land-
strassen Kleinasiens.
Was aber Curtius errathen hatte, war er nicht in der Lage