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Berg Kara Jur ist die Homerische Καλλαολώνη. [anmeek.
II. KALLIKOLONE.
Ich erwähnte in „Ilios", S. 71, dass, da Homer den Kriegsgott1
abwechselnd von Ilion nach Kallikolone und von Kallikolone nach
Ilion springen lässt, Prof. E. Virchow daraus schliesst, dass Kalli-
kolone von Ilion aus sichtbar sein musste, und dass er daher den
Berg Ulu Dagh mit demselben identificirt, da dies die einzige be-
deutende Höhe in der Nähe des Simoeis ist, von welcher Ilion, und
fast jeder Punkt der Ebene von Troja, sichtbar ist. Der Ulu Dagh
aber ist 16 km von Ilion entfernt und dies ist selbst für den Kriegs-
gott ein zu weiter Sprung. Ausserdem ist der Ulu Dagh fast 5 km
auf jener Seite des Simoeis gen Osten. Ich halte daher an dem
alten Glauben fest, dass Homer bei Erwähnung der Kallikolone
den Berg Kara Jur2 im Auge hatte und nicht den Ulu Dagh.
Ersterer, welcher 206 m hoch und 7 km von Ilion entfernt ist, wurde
augenscheinlich von Demetrios von Skepsis mit der Homerischen
Kallikolone für identisch gehalten, denn Strabo3 sagt, dass sie
5 Stadien vom Simoeis entfernt ist: ή Καλλικολώνη λόφος τις, παρ'
öv δ 2ψιόεις ρεϊ πενταστάδί,ον διεχων, und dies ist genau die Entfernung
des Kara Jur vom Flusse. Die einzige Schwierigkeit bleibt, dass
dieser Berg von Ilion nicht sichtbar ist. Herr Dr. Dörpfeld macht
mich dagegen auf Folgendes aufmerksam: Homer erwähnt die Kalli-
kolone bei Schilderung des zwischen dem Schiffslager am Hellespont
und Ilion tobenden Kampfes. Die Götter nahmen daran theil, indem
Reichhaltigkeit und die Mannichfaltigkeit seiner Bronzen dem Gräberfelde
von Hallstadt in Oesterreich am nächsten steht, und er ist mit dem
ganzen Keichthum seines umfassenden Wissens, mit der grossen Fülle
seiner langjährigen Erfahrungen und mit dem gereiften Urtheil des prak-
tischen Archäologen darangegangen, zu untersuchen, in welcher Beziehung
jeder einzelne der zahlreichen im Gräberfelde von Koban gefundenen Ge-
genstände zu den Analoga steht, die je von ihm selbst oder andern For-
schern an irgendeinem andern Orte ausgegraben sind. Das "Werk des
gewissenhaften, tiefgelehrten Forschers ist allen denen zu empfehlen, die
sich für Alterthumskunde interessiren.
1 IL, XX, 52, 53.
2 Vgl. die grosse Karte der Troas.
3 XIII, 597.
Berg Kara Jur ist die Homerische Καλλαολώνη. [anmeek.
II. KALLIKOLONE.
Ich erwähnte in „Ilios", S. 71, dass, da Homer den Kriegsgott1
abwechselnd von Ilion nach Kallikolone und von Kallikolone nach
Ilion springen lässt, Prof. E. Virchow daraus schliesst, dass Kalli-
kolone von Ilion aus sichtbar sein musste, und dass er daher den
Berg Ulu Dagh mit demselben identificirt, da dies die einzige be-
deutende Höhe in der Nähe des Simoeis ist, von welcher Ilion, und
fast jeder Punkt der Ebene von Troja, sichtbar ist. Der Ulu Dagh
aber ist 16 km von Ilion entfernt und dies ist selbst für den Kriegs-
gott ein zu weiter Sprung. Ausserdem ist der Ulu Dagh fast 5 km
auf jener Seite des Simoeis gen Osten. Ich halte daher an dem
alten Glauben fest, dass Homer bei Erwähnung der Kallikolone
den Berg Kara Jur2 im Auge hatte und nicht den Ulu Dagh.
Ersterer, welcher 206 m hoch und 7 km von Ilion entfernt ist, wurde
augenscheinlich von Demetrios von Skepsis mit der Homerischen
Kallikolone für identisch gehalten, denn Strabo3 sagt, dass sie
5 Stadien vom Simoeis entfernt ist: ή Καλλικολώνη λόφος τις, παρ'
öv δ 2ψιόεις ρεϊ πενταστάδί,ον διεχων, und dies ist genau die Entfernung
des Kara Jur vom Flusse. Die einzige Schwierigkeit bleibt, dass
dieser Berg von Ilion nicht sichtbar ist. Herr Dr. Dörpfeld macht
mich dagegen auf Folgendes aufmerksam: Homer erwähnt die Kalli-
kolone bei Schilderung des zwischen dem Schiffslager am Hellespont
und Ilion tobenden Kampfes. Die Götter nahmen daran theil, indem
Reichhaltigkeit und die Mannichfaltigkeit seiner Bronzen dem Gräberfelde
von Hallstadt in Oesterreich am nächsten steht, und er ist mit dem
ganzen Keichthum seines umfassenden Wissens, mit der grossen Fülle
seiner langjährigen Erfahrungen und mit dem gereiften Urtheil des prak-
tischen Archäologen darangegangen, zu untersuchen, in welcher Beziehung
jeder einzelne der zahlreichen im Gräberfelde von Koban gefundenen Ge-
genstände zu den Analoga steht, die je von ihm selbst oder andern For-
schern an irgendeinem andern Orte ausgegraben sind. Das "Werk des
gewissenhaften, tiefgelehrten Forschers ist allen denen zu empfehlen, die
sich für Alterthumskunde interessiren.
1 IL, XX, 52, 53.
2 Vgl. die grosse Karte der Troas.
3 XIII, 597.