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Schlosser, Julius von
Materialien zur Quellenkunde der Kunstgeschichte (Heft 4): Die Kunsttheorie der ersten Hälfte des Cinquecento — Wien, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.6751#0018
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18

Julius v. Schlosser.

also als eine in den künstlerischen Kreisen Venedigs nicht
unbekannte Persönlichkeit zu gelten hat.

Tatsächlich ist sein Dialog auch durchaus vom venezia-
nischen Ambiente bestimmt; schon die Art, wie er die beiden
Protagonisten aus einer Damengesellschaft kommen und am
Schlüsse wieder dahin zurückkehren läßt, ist dafür charak-
teristisch. Freilich hindert das nicht, daß im Verlaufe des
Gespräches recht scharfe Äußerungen gegen die malenden
Frauen des Cinquecento laut werden. Den Ausgangspunkt
bildet auch ein Thema, das in dieser Zeit in eigenen Schriften
(Niph.ua u. a.) viel debattiert wurde: die Frauenschönheit, und
das hier entworfene Idealbild, dessen Züge schon in der
Hypnerotomachia umrissen wurden, entspricht auch tatsächlich
dem in der venezianischen Kunst, etwa von Cima und den
Lombardi an bis zu Palma Vecchio und Tizian herab aus-
gebildeten Typus. Es sind zwei Maler, deren Unterhaltung
wir belauschen, ein Venezianer Lauro, nicht übel gezeichnet,
witzig und etwas frivol, und ein ernsterer und etwas pedanti-
scher ,Forestiere' Fabio, wie sich später herausstellt, ein
Florentiner. Schon in dieser Gegensätzlichkeit der Personen
liegt eine gewisse Pikanterie; tatsächlich ist das Gespräch
auch die früheste Auseinandersetzung zwischen der ,lombardi-
aehen' und der orthodoxen Kunstanschauung Mittelitaliens.

Nach dieser ästhetisierenden Einleitung folgt die Erör-
terung der Theorie der Malerei, nach den bereits wohl-
bekannten ständigen Kategorien Disegno, Invenzione, Colo-
rito. Merkwürdig ist, wie schon Anschauungen und Kunst-
ausdrücke des Manierismus durchbrechen; das ,difficile'
wird aucli hier mit Nachdruck hervorgehoben, wenigstens
e ine ,figura tutta sforciata, miste riosa o difficile'
sei anzubringen, um den Maler dem K e n n e r gegenüber
als ,valente' (= virtuoso) zu erweisen. Echt venezianisch ist
es aber wieder, wenn die Ölmalerei im Range über das Fresko
gestellt wird. Pino überliefert manches nicht uninteressante
technische Detail, spricht unter anderem über die beste
Atelierbeleuchtung mit hoch angebrachtem, nach Osten lie-
gendem Fenster, verwirft den Malerstock, die bacchetta, die
auch die Alten niemals gebraucht hätten. Der Ausdruck
,Arabeske'', der schon in der Hypnerotomachia anklingt, er-
 
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