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Materialien zur Quellenkunde der Künstgeschichte.

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Grundlage aller Kritik seines Werkes zu würdigen, ohne auf
den Begriff der Geschichte, wie ihn seine Zeit hatte, wenig-
stens mit ein paar Worten einzugehen. An Material mangelt
es hier nicht; schon die Renaissance selbst hat eine Reihe
von Schriften zu verzeichnen, die sich mit dem Gegenstande
beschäftigen; eine Analyse und Übersicht derselben liegt in
der Schrift von M a f f e i, I trattati delParte storica dal
rinaseimento fino al seeolo XVII, Neapel 1897, vor. Der
älteste unter diesen Traktaten ist der knapp vor Vasari
fallende des Robortella aus l'dine (1548). Besonders
ausführlich und charakteristisch, noch ganz im Sinne der
älteren Zeit, sind aber die fünf Bücher des Genuesen Ago-
stino Mascardi (1590—1640), Dell'arte Historica, zuerst
Rom 1630 gedruckt (neue Ausgabe von Ad. Ba rtol i. Flo-
renz; Le Monnier 1859).

Von moderner Anschauung abweichend ist vor allem
die Auffassung des Wesens der Historie als K u n s t, die die
Renaissance aus dem Altertum übernommen hat; es ist übri-
gens bemerkenswert, daß der bedeutendste Philosoph des zeit-
genössischen Italiens, Benedetto C r o c e in Neapel, diesen
Gedanken aufs neue verficht, freilich von ganz anderen Vor-
aussetzungen her. Denn jener gleichfalls aus dem Alter-
tum stammende Begriff der Kunst, den die Renaissance
hatte, ist ein ganz anderer und viel weiterer als der unsrige;
er stammt nicht aus der Sphäre des A u a d r u c k s, durch den
wir heute das Wesen der Kunst zu erfassen glauben, son-
dern aus der des Eindrucks, ihrer Wirkungen.
Das horazische Wort, das den Endzweck der Dichtung in
Vergnügen und Nutzen setzt, kommt auch hier zur Geltung.
Die p r akti sehe Bedeutung der Geschichte, schon vom
Altertum an der typischen Anekdote von Thukydides als dem
Lehrer des Redners und Staatsmannes Bemosthenes formu-
liert, mußte dieser Zeit, die im Staate ein Kunstwerk er-
blickte, besonders naheliegen (wem fielen hier nicht Jakob
BurckhaJrdts tiefe Betrachtungen ein!). Für sie gilt
unbedingt Ciceros vielzitiertes Wort von der magistra vitae
und dem lux veritatis (De oratore II); die Geschichte als
Lehrerin der Menschheit, den Spiegel dessen tragend, was
sich ,wirklich ereignet hat' — zum Unterschied von der
 
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