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Julius Vi Schlosser.

zu Vasaris Stellung zu der schon vor ihm so reich ausge-
bildeten Theo r ie der Kunst.

V.

Vasaris ästhetischer und kunstkritischer
Standpunkt.

Sein Verhalten ist von Obernitz in einein fleißigen,
alier durchaus nicht genügenden Buche dargestellt worden;
schon die Beschränkung des Stoffes auf das Gebiet der Malerei
führt zur Einseitigkeit, wenn auch von einem durchgebil-
deten System bei Vasari selbstverständlich nicht die Rede
sein kann. Sein Standpunkt der Beurteilung wechselt, ;jc
nachdem er sich über ältere Künstle]' oder Zeitgenossen,
über Toskaner oder Fremde; endlich, was bei einem bilden-
den Künstler begreiflich genug ist, über Berufsge-
nossen verbreitet, deren Schaffen dem sein igen verwandt
oder entgegengesetzt war. Spricht er aber über allgemeine
Fragen, so schöpft er aus dem schon ziemlich fest ausgebilde-
ten System, das er vorfand und das sein Rüstzeug zum
größten Teil dem unerschöpflichen Arsenal der alten Rhe-
torik entlehnt hatte. Daher fällt es schwer, ihm eigentlich
leitende Prinzipien nachzuweisen, er gehl überall von Einzel-
fällen aus und was er an allgemeinen Theorien heranzieht,
hat nur scheinbar allgemeine Geltung für ihn. Daher die
Widersprüche: er bringt es fertig, sich gegebenenfalls auf
die diametral entgegenstehende Meinung zu berufen. Ihm,
dem Künstler, fällt es noch nicht ein. sich ein .Lehrgebäude'
im Sinne Winckelmanns zu errichten; er verwendet die. all-
gemeinen Prinzipien nach seinem augenblicklichen Bedürf-
nis. Daraus ergibt sich, daß man bei einer Betrachtung
von Vasaris Kunstanschauungen immer auf den Z n s a tu-
rn, e n h a n g zu achten hat, in dem sie auftreten. Abgesehen
davon, daß er häufig mit fremdem Gut wirtschaftet, ferner
davon, daß er sich vortrefflich in die verschiedenartigsten
künstlerischen Stimmungen zu versetzen weiß, überhaupt
seinem vielerfahrenen und vielgewandten Geiste die ,objek-
tive' Betrachtung natürlich ist, so ist das (häufig sehr scharf
 
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