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Schlosser, Julius von
Die Kunstliteratur: ein Handbuch zur Quellenkunde der neueren Kunstgeschichte — Wien, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.6715#0197
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i?8

Erste Ansätze zur Kunstgeschichtschreibung außerhalb Italiens.

ob der lange Schlußpassus, der sich nur in der Münchener Handschrift findet, mit dem
Anfange wirklich zusammengehört. Sollte dies der Fall sein, so wäre meines Erachtens
sowohl Bramante wie Raffael als Autor ausgeschlossen; denn derjenige, welcher diesen
Schluß verfaßt hat, ist ein jüngerer Mann, der sich dem Papste rekommandiert, namentlich
durch eine Erfindung, durch die das Aufnehmen von Plänen erleichtert werden soll, und
zwar mittels Anwendung des Kompasses. Praktisch verwertet findet sich dieses Verfahren,
soweit ich mich erinnere, besonders auf Blättern des Baldassare Peruzzi, z.B. den
von Lanciani, Memorie dei Lincei, ser. III, vol. XI, 1883 herausgegebenen Plänen der
Curia (S. Adriano), und auch sonst würde manches in dem Briefe auf Peruzzi passen. Ich
habe vor etwa sechs Jahren darüber ziemlich ausführlich mit Vogel korrespondiert, mich
aber öffentlich nicht geäußert; jetzt liegen alle meine Notizen darüber in Florenz und aus
der Erinnerung kann ich sie im einzelnen nicht rekonstruieren.«

Zuletzt ist A. Venturi (L'Arte XXI, 57 mit ausführlicher Bibliographie) wieder für
B. Castiglione eingetreten. Dagegen glaubte Antoniewicz Fabio Calvo als Autor ansprechen
zu können, mit Gründen, die mir freilich nicht allzu stichhältig erscheinen (vgl. zwei Be-
richte G. v. Kieszkowskis in der Kunstchronik 1919/20, 895 und 1921, 271).

Die gefälschte Raffaelbiographie, der sog. Anonymus des Comolli (vita inedita
di R. da Urbino, illustr. con note di Angelo Comolli), ist in erster Auflage in Rom
1790, in zweiter vermehrter ebenda 1791 erschienen. Deutsche Übersetzung, München,
Hübschmann 1817. Schon Passavant hatte in seiner Raffaelbiographie die Echtheit
angefochten; vollständig klargelegt wurde die Fälschung durch A. Springer, Die Echtheit
des Anon. Comolli, im Rep. f. Kw. V, 357.

Lotto Lor., II libro dei conti, pubbl. p. c. del ministero della P. I., Rom 1895, dazu
Anselmi, Del codice di L. Lotto scoperto in Loreto e degli Scolari di lui nella nostra
marca in der N. Rivista Misena VI (1893). Ein (unvollendeter) Kommentar zu Vitruv von
dem jüngeren Antonio da Sangallo (auf der Bibl. Naz. in Florenz) enthält autobiographi-
sche Notizen, gedruckt bei Gotti, Vita di M. A. Buonarroti, vol. II., I29f. Ein »Discorso
di A. da Sangallo circa la libreria di S. Lorenzo« im Buonarroti, III., Rom 1868 (mit Vor-
rede von F. Ricci) rührt jedoch von einem Literaten dieses Namens im 17. Jahrhundert
her. Ricordi über den Bildhauer Zaccaria Zacchi aus Volterra (1473—1544) aus einer
zeitgenössischen Genealogia familiae Zacchorum (im Archiv von Florenz) in Milanesis
Vasari-Ausgabe IV, 548 nota. Zu der Aufzahlung in Heft II, 26, sind noch die (verschollenen)
Ricordi (»quidam libellus«) des Squarcione nachzutragen, die Scardeone (De antiqu.
urbis Patavii 1. II, cl. XV) zweimal zitiert.

Einen Versuch, die Nachrichten über Künstler aus den Dichtern der Renaissance zu
sammeln, hat Colasanti unternommen: Gli artisti nella poesia del Rinascimento, fonti
poetiche per la storia dell' arte italiana, im Rep. f. Kw. XVII (1904), 193. Beigegeben ist
ein alphabetisch nach den Künstlernamen geordnetes Register.

II. Erste Ansätze zur Kunstgeschichtschreibung außerhalb Italiens.

Der uns schon oft beschäftigende Anteil an der Kunst des
Nordens jenseits der Alpen ist auch noch für diese Periode sehr
bezeichnend. Wir haben gesehen, daß es Italiener waren, die als die
ältesten Gewährsmänner der alten hoch- und niederdeutschen Kunst-
geschichte erscheinen; ihnen reiht sich noch spät Lodovico Guicci-
ardini mit seiner Beschreibung der Niederlande von 1567 an. Im
nordländischen, zunächst im französisch-niederländischen Gebiet er-
scheinen nunmehr auch die ältesten Versuche eigener literarischer
Tradition, freilich vorerst nur schüchtern und vereinzelt, auch in
 
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