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Historische Schlossfeste Heidelberg: 1613, 1913 ; zur Erinnerung an die 300jährige Wiederkehr des Einzugs der Prinzessin Elisabeth Stuart von Grossbritannien nach ihrer Vermählung mit dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz in Heidelberg, im Juni 1613 — 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.14814#0050
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DIE PFÄLZER STUART-HEIRAT
UND IHRE BEDEUTUNG FÜR
UNSERE GEGENWART

Ihre Enkelin, die Liselotte, und ihre Tochter, Kurfiirstin
Sophie von Hannover, stehen deutlicher, näher und auch
wohl liebenswerter vor uns, als die Prinzessin Elisabeth von
Grossbritannien, die vor gerade dreihundert Jahren die Ge-
mahlin jenes Kurfürsten Friedrich von der Pfalz wurde, der
einen kurzen Winter lang die Königskrone Böhmens trug.
Man schildert uns die Winterkönigin als eine gar stolze
Dame, die zu dem damals üblichen ungeheuren Selbst-
bewusstsein der Fürsten — auch Liselotte hatte ihr ge-
höriges Teil davon — noch das fabelhafte Selbstbewusst-
sein, das hochgespannte Familiengefühl besass, das die
Stuarts immer verhängnisvoll ausgezeichnet hat. Bald aus
der Pfalz und gar aus Böhmen vertrieben, blieb sie auch in
der halben Verbannung, in der nicht ganz willig gewährten
Gastfreundschaft der niederländischen Verwandten immer
die Königin. Sie umgab sich, wie es scheint, schliesslich
lieber mit Tieren als mit Menschen, denn von den Tieren
konnte keines sie fühlen lassen, dass sie ja nur eine ver-
bleichende, ja, eine verblichene Grösse war. Damals wie
heute haben nur die Recht gehabt, die im Erfolg sind, und
all ihr Stuartsstolz, all ihre königlichen Ahnen haben die
Winterkönigin nicht davor geschützt, dass die Mitwelt eben
doch nichts anderes als eine verjagte Fürstin und eine ent-
thronte Königin in ihr sah.

Und nun nach dreihundert Jahren feiert man den Tag
ihrer Vermählung zu Heidelberg mit einem grossen Feste
auf demselben Schlosse, das damals noch nicht in Trüm-
mern lag, das sie damals vielmehr festlich geschmückt als
Herrin erwartete. Da ist wohl die Frage erlaubt, was uns
denn diese Frau und der Tag ihrer Vermählung mit einem
deutschen Fürsten heute noch bedeuten kann, denn Feste
haben doch nur dann einen tieferen Sinn, Erinnerungsfeste
zumal, wenn irgend etwas von dem, was wir feiern, lebendig
ist und noch bei uns nachwirkt.

Und da muss nun die Antwort so lauten, dass zwar die
Frau nur wenig für uns sein kann, dass aber ihre Heirat, ihr
Kommen nach Deutschland, ihr Eintreten in den Kreis deut-
scher Fürstinnen für unsere Gegenwart, für die Entwicklung
deutscher Verhältnisse von grosser Bedeutung war und heute
noch ist.

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