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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0007
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— V —

Als neueste Arbeit über die Fakire möchte ich in diesem
Zusammenhange noch die beiden Artikel von Gustav Meyrink
im „März", I, 8 und 16 nennen, weil ihr Verfasser in erfreulicher
Weise gegen den Unfug des dermaligen Okkultismus Front macht.
Man vergleiche dazu seine Bemerkung p. 270, es sei „ein Kubik-
kilometer faules Manna in Form theosophischer Litteratur vom
Himmel gefallen"; oder die von p. 271: „Alle Augenblicke
taucht inner- oder außerhalb der theosophischen, „talmi-rosen-
kreuzerischen" und anderen okkulten Brüderschaften ein neuer
Fatzke auf und gibt sich für einen Initiierten aus, der im „Astral-
reich" lesen kann und Übungen zum Erwecken magischer Fähig-
keiten zu vergeben hat. Der wahre Guru, der gemeint ist,
kann nun aber kein gewöhnlicher Mensch, der ißt, trinkt und
verdaut und einen Beruf hat, sein, etwa der Herr Emil Kulike
aus Kyritz an der Knatter oder sonstwer, — es ist darunter
vielmehr ein ganz anderer zu verstehen ..." Ohne mich nun
näher auf Meyrinks Ausführungen einzulassen, möchte ich doch
ein paar Einzelheiten zur Sprache bringen. Die auch in effigie
vorgeführten Inder unserer Zeit, Bhäskaränanda und Rämakrsna
Paramahamsa sind gar keine Yogins, sondern gehören dem
vierten Lebensstadium, dem Stande der Samnyäsins an; Mey-
rink betont selbst, daß der erstere den Vedänta studiert habe,
aber nicht den Yoga. Ob M. Sanskrit versteht, weiß ich nicht —
die schlecht transkribierten Textstellenx) Adicete Veikountam
Haris und Dioyavapour gatwä (statt adhisete Vaikuntham Haris
und Yogavapur gatvä) sprechen nicht dafür — jedenfalls hätte
er sich aus den Übersetzungen der einschlägigen Sanskritliteratur
leicht überzeugen können, daß die verschiedenen Posituren, Mudräs
usw. keineswegs Wirkungen sind, wie er p. 271 meint, sondern
Bestandteile eines für die höheren Stufen unerläßlichen Training.

Auch die Berufung auf Jacolliot ist ein Mißgriff: dieser
Mann ist längst als „notorischer Schwindler" anerkannt. Aber
wie gesagt: mir gefällt Meyrinks Zorn über die modernen Aus-
wüchse der Theosophie und des Okkultismus.

Ignorabimus!

Halle-S., 4. September 1907. Richard Schmidt.

1) Nach Jacolliot zitiert, daher die französische Schreibweise!
 
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