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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0041
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— 27 —

sich in Bastgewänder, trugen ihr Haar geflochten, beschmierten
sich vom Kopf bis zu den Füßen mit Staub und unterwarfen sich
in der Einsamkeit den größten Qualen von Hunger und Durst.
Sie standen jahrelang auf den Zehen, die Arme hochgerichtet und
die Augen weit geöffnet. Aber noch nicht zufrieden mit diesen
schmerzhaften Peinigungen, schnitten sie sich in ihrem Eifer
Stücke von ihrem eigenen Fleische ab und warfen sie ins Feuer.
Das Vindhya-Gebirge, auf dem diese entschlossenen Asketen
Platz genommen hatten, wurde erhitzt von der Glut ihrer
Kasteiungen, und die Götter, die ihre Taten sahen und vor den
möglichen Folgen zitterten, versuchten alles, was in ihren Kräften
stand, jene von der strikten Beobachtung ihres Gelübdes ab-
zubringen. Sie stellten sie auf die Probe mit dem Anerbieten
allen möglichen köstlichen Besitzes und der schönsten Mädchen,
aber vergebens. Dann versuchten es die Himmlischen mit Blend-
werkszauber, indem sie die Asketen glauben machten, daß deren
Schwestern, Mütter, Frauen und andere Verwandte mit zer-
zaustem Haar, die Schmucksachen und Kleider abgerissen,
voller Entsetzen, von einem Dämon, mit einer Lanze in der
Hand, verfolgt und niedergeschlagen, zu ihnen geflohen kämen;
und es schien, daß diese Frauen um Hilfe riefen und den Bei-
stand jener beiden Brüder anflehten. Aber selbst diese auf-
regende Szene häuslichen Ungemaches vermochte die Asketen
nicht von ihrer Beharrlichkeit abzubringen, und Brahman selbst
sah sich schließlich genötigt, ihnen sehr umfangreiche Macht und
Vorrechte einzuräumen, einschließlich der Gabe, daß nur einer
von des anderen Hand sollte getötet werden können. Als diese
erfolggekrönten Büßer nach Hause zurückkehrten, legten sie
köstliche Kleider an, trugen wertvolle Schmucksachen, ließen
den Mond jede Nacht über ihrer Stadt aufgehen und lebten
jahraus, jahrein in ununterbrochenen Festen und jeglicher Art
von Vergnügungen. (Ädiparvan CCXI; bei Oman, p. 20.)

Sehr häufig benutzten die Heiligen ihre Macht in nichts
weniger denn frommer Gesinnung, und es macht ganz entschieden
einen recht schlechten Eindruck, wenn man z. B. in der Suka-
sa-ptati (textus simplicior, p. 2, textus ornatior, p. 11, meiner Über-
setzung) von einem solchen Manne liest, daß er einen Reiher
mit dem Blick seiner Augen zu Asche verbrannte, bloß weil der
 
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