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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0127
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— 97 —

man 50 zählt und allmählich bis 100, ja 200 und so weiter, wie
es wahrscheinlich auch die Perltaucher tun. Außerdem soll er
die Fähigkeit haben, den Mund geschlossen zu halten und zu-
gleich die innere Nasenöffnung mit der Zunge zu schließen, eine
Geschicklichkeit, die zuweilen zum Selbstmord von den Neger-
sklaven benützt wird, wenn sie gezüchtigt werden.

Während der Vorbereitung zu seinem langen Begräbnis ent-
hält er sich ferner aller fester Nahrung mehrere Tage vor der
Einschließung und genießt nur Milch, welche nach Annahme
der Eingeborenen fast vollständig im Harn entleert wird, damit
er, in sein enges Grab eingeschlossen, nicht durch den Inhalt
seines Magens oder seiner Gedärme belästigt werde."

Der nächste Fall, von dem ich berichten kann, ist womög-
lich noch überzeugender, besonders da der Büßer in einem ge-
wöhnlichen Grabe auf militärischem Gebiete genau so wie jeder
Soldat, nur ohne Sarg, begraben worden war, und zwar auf einem
offenen Felde, wo der ganze Vorgang von 1000 Indern beobachtet
wurde. Diese wachten besorgt darüber, daß ihrem heiligen
Bruder kein Streich gespielt werde von den muselmännischen
Wachen, die als Posten am Grabe aufgestellt waren, um während
des ganzen Begräbnisses jedes Eindringen und jeden Betrug
unmöglich zu machen. So hatte der Büßer gar keinen Vorteil;
es gab viele Zeugen, und die streitenden Interessen und die
heftige religiöse Antipathie zwischen den beiden beteiligten
Parteien diente als ein Gegengewicht, welches Betrug und
falsches Spiel während des Vorganges verhinderte. Im folgenden
gebe ich die Erzählung wieder, die mir Major St. zur Verfügung
gestellt hat. Während seines Kommandos als Stabsoffizier einer
britischen militärischen Station in Concon 1828 hatte er von
diesen seltsamen Leistungen des Fakirs gehört, die sich in der
Nachbarschaft lebend begraben ließen; doch schenkte er diesen
Erzählungen keinen Glauben, weil er annahm, alle die an-
geführten Tatsachen seien nur erfunden oder die Bericht-
erstatter getäuscht worden. Folgende Geschichte gab ihm aber
den Beweis, daß wirklich einige Individuen solche außerordent-
liche Kräfte besitzen.

Eines Tages erhielt der Offizier den Besuch eines Brahminen,
der das Amt eines Chowdrie inne hatte. Der Chowdrie ist ein

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