Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0182
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 143 —

jungen Frauenspersonen, und sammeln das Almosen ein, was
ihnen eben so thörichter als unverdienter Weise gereicht wird.
Nicht selten sah ich einige dieser Fakirs rücklings, völlig be-
wegungslos, und mit zugedrückten Augen auf offener Straße
liegen, wenn gleich die Sonne noch so heiß schien, und der Sand
unter ihnen völlig durchglüht war. In dieser Lage brummten
sie einen oder den andern Gesang durch die Zähne, und stellten
sich, als ob sie, ganz in himmlische Betrachtungen vertieft, die
Vorübergehenden gar nicht bemerkten; mittlerweile blinzelten
sie aber sorgfältig umher, ob ihnen nicht vielleicht Jemand etwas
zuwerfe. So weit erstreckt sich die Gaunerei dieser Elenden,
welche sie bei aller ihrer Verstellungskunst dennoch nicht ganz
verheimlichen können. Einige gehen völlig nackt einher.
Aurengzeb ließ einen derselben zu wiederholten Malen er-
innern, er solle doch wenigstens ein Stück Leinwand um die
Lenden binden, und da er sich hierzu durchaus nicht verstehen
wollte, so ließ er ihm den Kopf abschlagen.

Dieses verabscheuungswürdige Gesindel, diese handfesten
und dennoch stinkfaulen Heuchler, ziehen in ganzen Haufen
umher, deren Anzahl sich, nach Angabe des Herrn Dow, auf
zehn bis zwölf tausend Mann belaufen soll, und machen es sich
zum Geschäfte, die Einwohner der Ortschaften, durch welche
sie der Weg führt, in Contribution zu setzen. Sie stehen in be-
sonderer Achtung bei den Frauenspersonen, und wenn sie in
den Häusern umhergehen, so schleichen sich die Männer, ich
weiß nicht ob aus Andachtseifer, oder weil sie der Übermacht
weichen müssen, bei Seite, und lassen sie ihre geheimnißvollen
Unterhandlungen mit ihren Weibern allein vollenden, ungefähr
auf eben die Art, wie es gewisse Ehemänner in Spanien machen,
wenn ein Mönch zu ihnen ins Haus kommt. Die Regierung läßt
diese Schurken, die sogleich mit der Rache des Himmels drohen,
nicht nur unbestraft, sondern respectirt sie sogar wegen ihrer
Scheinheiligkeit; und ihre verblendeten Verehrer leiden lieber
selbst Hunger, als daß sie es ihnen an der nöthigen Verköstigung
fehlen lassen. Mithin kann jeder, der sich dieser unthätigen
Lebensart widmet, im voraus versichert sein, daß es ihm wenig-
stens nicht an dem nothdürftigsten Lebensunterhalte fehlen
werde, wenn er auch gleich keine Schätze sammelt. Salmon er-
 
Annotationen