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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0204
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— 161 —

Beweglichkeit (Tätigkeit), die Apathie mit Schwere und Hem-
mung. Alles Materielle besteht nun aus drei Substanzen; die
Verschiedenheit der Produkte erklärt sich aus der verschiedenen
Mischung der drei Konstituenten, die überall miteinander im
Kampfe liegen und ihr Wesen je nachdem mehr oder weniger
rein zu Geltung bringen. Das sattva äußert sich dann im Objekt
durch Licht und Leichtigkeit, im Subjekt als Tugend, Wohl-
wollen, Glück, Heiterkeit etc.; das rajas im Objekt als Kraft
und Bewegung, im Subjekt als jede Art von Schmerz, Angst,
Leidenschaft, Bosheit etc., aber auch als Ehrgeiz, Streben und
Tätigkeit; das tamas im Objekt als Schwere, Starrheit, Dunkel;
im Subjekt als Kleinmut, Furcht, Stumpfsinn, Trägheit, Be-
wußtlosigkeit etc. Die unentfaltete Urmaterie ist nun der Zu-
stand des stabilen Gleichgewichtes der drei Konstituenten;
wird aber diese Ruhe gestört, so fangen sie an miteinander zu
ringen, und es entfaltet sich die Welt, so daß zuerst buddhi, aus
dieser der ahamkära etc. hervorgeht.

Jene Ruhestörung hat ihren Grund in der „Erschütterung"
(ksobha), die die Seelen resp. die Werke der beseelten Wesen,
die noch keine Vergeltung gefunden haben, auf die Urmaterie
ausüben. Das Dasein der Seelen ist an sich evident und wird von
niemand bestritten; immerhin gibt das System nicht weniger
als vier Beweise dafür!

So viel vom System des Sämkhya. Diese Ausführungen
waren leider nicht zu umgehen, da der Yoga, der uns hier allein
näher angeht, wie gesagt durchaus auf dem Sämkhya beruht
und dessen Kenntnis allenthalben voraussetzt. Ich sage leider,
denn jene Lehren, die das Welträtsel erklären sollen, sind doch
nur zu oft geeignet, ein Schütteln des Kopfes hervorzurufen!

Im Yoga kann man nun zwei Hauptteile unterscheiden,
wenn wir die Hilfsmittel zur Konzentration des Geistes ins Auge
fassen: den Räjayoga, der die inneren Übungen umfaßt („Haupt-
Yoga") und den Kriyäyoga, den „Yoga der Praxis", der sich
mit den äußerlichen Hilfsmitteln beschäftigt. Eine dritte Be-
zeichnung, Hathayoga, gehört der jüngeren Zeit an und umfaßt
ebenfalls die Hilfsmittel zur Konzentration, allerdings in der
übertriebenen Form, wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte

Schmidt, Fakire und Fakirtum. II
 
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