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Schramm, Albert; Möller, Maria [Hrsg.]
Der Bilderschmuck der Frühdrucke (Band 10): Die Drucker in Lübeck: 1. Die beiden Brüder Brandis — Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.13170#0005
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1. Lucas Brandis

Mit erstaunlich umfangreichen Holzschnittwerken ist Lübecks erster Drucker Lucas Brandis in den ersten
Jahren seiner Tätigkeit in dieser Stadt hervorgetreten. Er kam nicht unvorbereitet nach Lübeck, war viel-
mehr als Drucker schon früher in Merseburg tätig. Mit großer Schaffensfreudigkeit hat er in Lübeck zu arbeiten
begonnen, aber es scheint, daß er sich mit seinen ersten großen Arbeiten „übernommen" hat, daß infolgedessen die
Mittel knapp wurden und er in prekäre Lage kam. Es ist nicht unsere Aufgabe, seine Lebensschicksale hier im
einzelnen zu verfolgen1); so viel steht aber fest, daß seine größten Erfolge zwischen den Jahren 1473 und 1475
hegen und alle anderen Arbeiten mehr oder weniger zurücktreten.

Das erste große Holzschnittwerk ist der Druck: „Rudimentum novitiorum"; datiert 5. August 1475.
Was er hier vorlegt, ist in jeder Beziehung eine Leistung. Zahl wie technische Ausführung der Holzschnitte ist
überraschend, die künstlerische Höhe der Darstellungen läßt freilich zum Teil zu wünschen übrig. Der Druck ist
in zahlreichen Exemplaren erhalten, die allerdings nicht genau übereinstimmen, da Stammbäume sich bald am
Anfang, bald am Schluß, bald mitten im Bande eingereiht finden. Das „Rudimentum novitiorum" ist ein Geschichts-
lehrbuch für junge Geistliche, geschmückt mit zahlreichen Initialen, Bildern berühmter Männer, Darstellungen
aus der Geschichte usw., wobei viel Wiederholungen der Holzstöcke zu verzeichnen sind, da ein und dasselbe Bild
für die verschiedensten Personen, Städte usw. verwendet ist. Wir verzeichnen folgende Holzschnitte2):

Initiale B mit David, die Harfe spielend (Abb. i) am Anfang des
Textes.

Randleiste mit Josephus zum Beginn der Schöpfungsgeschichte (Abb. 10).
Holzschnitt: Gottvater, die Rechte ausstreckend, der Randleiste

gegenüber oben an der zweiten Spalte (siehe Abb. 10).
Gottvater mit einer runden Scheibe (Abb. 2) = zweiter Schöpfungstag.
Gottvater mit erhobener Rechten; Fluß, Bäume, Gräser, Berge

zeigen sich = dritter Schöpfungstag (Abb. 3).
Gottvater, die Rechte erhoben, zeigt auf eine Scheibe mit Sonne

Mond und Sterne = vierter Schöpfungstag (Abb. 4).
Gottvater schafft Vögel, Fische = fünfter Schöpfungstag (Abb. 5).
Die Erschaffung der Eva, im Hintergrund alle möglichen Tiere

= 6. Schöpfungstag (Abb. 6).
Der Sonntag: Männer und Frauen knieen vor der in den Wolken

schwebenden Dreieinigkeit (Abb. 7).
Der erste der vielen Stammbäume. Gottvater in Halbfigur in den

Wolken, die Rechte erhoben, in der Linken eine Kette haltend

mit Medaillons: Adam und Eva unter dem Lebensbaum, Kain,

Abel, Seth, Calma und Delbora (Abb. 11).
Der Abschnitt: „De aetate prima" beginnt mit der Initiale Abb. 8.
Der nächste Holzschnitt zeigt eine Bauszene, die sich im Laufe des

Textes noch mehrfach wiederholt; hier ist sie gebraucht für „Enoica

prima civitas mundi" (Abb. 9).
Der nun folgende Stammbaum weist nur Medaillons mit Namen auf

(Abb. 12).

Der Stammbaum Noahs zeigt im oberen Medaillon Noah schlafend,
hinter ihm der Weinstock, darunter in Medaillons: Sem, Cham
und Japhet; ganz unten rechts vom Stammbaum die Arche, links
ein Regenbogen (Abb. 13).

Der Abschnitt: „Sequitur turris cöfusionis babel" wird durch den
Holzschnitt Abb. 16 eingeleitet. Auch diese Bauszene ist später
anderweitig benutzt.

Der kleine Götze mit Fahne auf einer Säule (Abb. 17) ist außer-
ordentlich häufig zum Beginn eines neuen Absatzes im Holzschnitt
wiedergegeben.

Besonders bemerkenswert ist die große Erdkarte (Abb. 14). Sie be-
steht aus zwei Stöcken. Oben Asien, unten Europa und Afrika.

Die Holzschnitte 18—21 werden in dem „Rudimentum" an den
verschiedensten Stellen und zu den verschiedensten Anlässen benutzt.

Von den zahlreichen Stammbäumen nennen wir nur noch solche,
die Bilderschmuck aufweisen:

Abb. 15: Opferung Isaaks.

Abb. 22: Esau auf der Jagd. Isaak segnet Jakob.

Abb. 23: Moses. Aaron. Maria. Stiftshütte.

Die Reihe der Stammbäume ist durch folgende Holzschnitte unter-
brochen:

Abb. 24: Übergang über das rote Meer.

Abb. 25: Untergang des ägyptischen Heeres.

Abb. 26: Anbetung des goldenen Kalbes.

Abb. 27 und 28: Zwei Männer schlagen ein Zelt auf.

Die Stammbäume werden mit Abb. 29 wieder aufgenommen, das
ohne Bildschmuck ist. Noch ist vor deren weiterer Fortsetzung
die aus zwei Formstöcken zusammengesetzte Karte von Palästina
(Abb. 30 und 31) zu nennen.

Abb. 32: Stammbaum mit David und Salome

Abb. 33: Stammbaum mit einem König.

Abb. 34: Stammbaum ohne Bildschmuck.

Abb. 35: Stammbaum; in einem Medaillon Krone und Szepter, in

einem andern nur eine Krone.
Abb. 36. Stammbaum ohne Bildschmuck.

Holzschnitte mit Bau- und Belagerungsszenen (Abb. 37—39), Initialen
mit Bildschmuck (Abb. 40 und 41), Brustbilder (Abb. 42—43) sowie
Schreiber-Abbildungen (44—47) schieben sich jetzt in großer Zahl
zwischen die Stammbäume ein, wie auch Darstellungen anderer
Art (Abb. 48-54).

Abb. 55: Stammbaum; bei Zedekia ein liegender Mann, neben ihm
Krone und zerbrochenes Szepter.

Abb. 56: Jerusalem reaedificata zwischen den Stammbaumketten.

Abb. 57: Stammbaum. Stehender Ritter in Rüstung. Julius Cäsar
im Krönungsornat sitzend.

Abb. 58: Stammbaum. In der Mitte oben: Gott Vater in den Strahlen,
die von ihm ausgehen, das! Christkind, darunter die Verkündigungs-
szene, sowie die Geburt Christi, links oben Joachim und Anna,
unten Johannes baptista, rechts unten Augustus.

Wieder schieben sich bis zum nächsten Stammbaum in großer Zahl
die uns bekannten Schreiber-Darstellungen ein, die nun zum Teil
auch über den Stammbäumen erscheinen, vergl. Abb. 59—88.

Bemerkenswert ist der große 9 teilige Holzschnitt Abb. 89 mit Dar-
stellungen aus dem Leben Jesu Christi, der in den verschiedenen
Drucken bald im Band eingebunden, bald vorgebunden, bald am
Schluß erscheint.

Die kleinen Holzschnitte Abb. 90—94 sind vielfach im letzten Drittel

des Textes benützt.
Was die Stammbäume betrifft, so sind im Leipziger Exemplar

Abb. 95 und 96 erst am Schluß eingebunden mit vielen anderen

wiederholten Blättern.

*) Vergl. E. Voullieme, Die deutschen Drucker des fünfzehnten Jahrhunderts. 2. Aufl. Berlin 1922, Seite 90ff.
a) Reihenfolge nach dem Exemplar der Leipziger Universitäts-Bibliothek.

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