Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
350

Fiinftes Kapitel.

die Bewegung des Schwanzes, alles steht im Dienste der Jdee,
welche verkörpert werden soll und ist jedesmal für die betreffende
Situation überraschend charakteristisch.

Auch die Männer sind gut gezeichnet. Wie frisch die my-
kenische Kunst im Gegensatz zur ägyptischen die Natur auffaßt,
zeigt der von dem Stier Herabfallende. Die ägyptische Kunst
hat während ihrer ganzen Dauer nicht gelernt, einen Menschen
in Seitenansicht richtig darzustellen; immer stellt sie die Brust
in Vorderansicht. Von einem solchen Fehler ist hier nichts zu
spüren. Auch die Muskulatur ist durchweg gut beobachtet, man
betrachte z.B. die Arme des den Stier Wegführenden aus Abb.314.
Die Männer tragen einen kurzen Schurz, der wahrscheinlich wie
der altägyptische ringsherum gelegt wird und da, wo die beiden
Enden zusammenstoßen, wegen der Abschrägung nach unten nicht
ganz schließt. Derselbe wird durch einen starken mrehrmals uni-
gewundenen Gürtel gehalten. Die Füße sind mit niedrigen,
mit den Spitzen etwas aufstehenden Schuhen bekleidet; zu ihrer
Befestigung dienen Bänder über dem Spann (s. den Mann in
Abb. 314) und vielleicht auch noch die bis zur halben Wade
reichenden Binden.

Unter den dargestellten Bäumen sind die Palmen zweifellos.
Die andern mit knorrigem Stamm und große Büschel bildenden
Zweigen werden eher Oelbäume als Pinien sein. Die Büschel
sprechen zwar für letztere, aber die einzelnen Zweige mit ihren
lanzettförmigen Blättern doch sehr für die erstern. Da Tsuntas
in den Gräbern der Unterstadt ein paar Olivenkerne gefunden
hat, wird es auch damals in Griechenland schon Oelbäume ge-
geben haben, trotzdem man bisher das Gegentheil annahm.

Am untern Rande der Darstellung ist der steinige Boden
angegeben, und auch die vou obeu hereinhängenden eigenthüm-
lichen Gebilde wird man als den ersten kindlichen Versuch, einen
landschaftlichen Hintergrund anzugeben, auffassen dürfen, da der
zweite Baum, an welchem das große Netz auf Becher 1 befestigt
ist, ebenfalls hoch oben, d. h. im Hintergrunde stcht. So er-
 
Annotationen