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Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0009
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dem vorigen entsprechenden Bilde, welches mit der Ueber-
schrift „Kaiser Hainrich" gleichfalls in feierlichster Weise
die Reihe der Bilder eröffnet. Zu bemerken jedoch ist, dass
die Symmetrie des Ganzen keine so übertriebene und keine
so streng durchgeführte ist, wie wir sie auf dem Bilde der
Heidelberger Liederhandschrift beobachten konnten. Zunächst
ist die Haltung der Unterarme convergierend, die der Beine
divergierend, also umgekehrt wie in der Manessischen Hand-
schrift; der rechte Arm ist ferner niedriger, der linke höher
gelegt; auch erscheint der Kaiser bartlos: Wappen und Schwert
fehlen. Im Uebrigen aber treffen die von uns aufgestellten
Grundzüge des Typus des thronenden Herrschers auch für
dieses Bild zu. Nur bekommt die Figur des Kaisers, welche
kein tieferes Verständnis der Körperformen von Seiten des
Miniators verrät, durch das allzuplumpe Scepter, durch die
unförmliche Liederrolle, sowie durch die unnatürlich weit ab-
stehenden Haupthaare etwas Rohes und Ungeschicktes.

Auch eine Reihe der Illustrationen des Codex Balduini
Trevirensis1), der zwar aus derselben Zeit wie die Pariser
Liederhandschrift, aber aus ganz anderer Gegend stammt2),
zeigt den oben geschilderten Typus des thronenden Herrschers;
nur finden wir Heinrich den VII. auf den hierher gehörigen
Bildern, welche sämtlich „die Erinnerung an die kühnen
Thaten der deutschen Ritter und an die grossartigen Erfolge
ihres kaiserlichen Führers im Kampfe mit den italienischen
Guelfen und den übrigen Feinden des Reiches für alle Zu-
kunft lebendig zu erhalten bestimmt waren"3), niemals allein
dargestellt, sondern stets umgeben von einem grossen Gefolge

ausführlicher handeln darüber A.Springer im Repertorium für Kunst-
wissenschaft, XI. Bd., 1. Heft, S.330—332 u. Oechelhaeuser in seinen
Min. d. Heid. Univ.-Bibl., 2. Th., S. 373-377; vgl. ferner W. Wisser,
das Verhältnis der Minneliederhss. B u. C zu ihrer gemeinschaftl.
Quelle (Eutin 1889, Progr.) u. F. Vogt, Zs. f. D. Piniol. 24 (1891) S. 90 ff.

1) Die Copieen derselben bringt das treffliche Werk „die Romfahrt
Kaiser Heinrich's VII. im Bildercyclus des Codex Balduini Trevirensis
hrsg. von der Direktion der K. Preussischen Staatsarchive mit erläu-
terndem Text von Dr. Georg Irmer. Berlin 1881".

2) Oechelhaeuser a. a. 0. S. 372.

3) Die Romfahrt Kaiser Heinrich's VII. S. 105. .
 
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