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Schulz, Fritz Traugott
Typisches der großen Heidelberger Liederhandschrift und verwandter Handschriften nach Wort und Bild: eine germanistisch-antiquarische Untersuchung — Göttingen, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3971#0113
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dies die Bilder des Meinlo von Sewelingen (S. 25) und des
Herrn Rubin (S. 138) auf das Deutlichste darthun.

Auf den vorhergehenden Darstellungen sahen wir den
Dichter mit erhobener Linken, die Dame mit erhobener
Rechten; das Bild des Meinlo von Sewelingen1) zeigt
sie beide die Rechte erhebend; die Linke der Dame ruht vor
der Brust, die Linke des Dichters rafft den roten Pelzmantel,
an einem Zipfel gefasst, empor. Beider Haupt ist leicht ge-
neigt. Durch das Vorstrecken des rechten Armes erscheint
der Oberkörper des Sängers weiter nach der Mitte zu herum-
gewandt, als es auf den vorigen Bildern der Fall war. Ohne
Zweifel haben wir in dem Ganzen wohl eine Illustration zu
dem gesamten nachfolgenden Text zu sehen, welcher sich
ähnlich den unter dem Namen „der von Kürenberc" über-
lieferten Liedern aus männlichen und weiblichen Strophen
zusammensetzt; und zwar spricht der Ritter die Strophen:
1—2, 4-7, 9; die Frau die Strophen: 8, 10—11; die dritte
Strophe fällt dem Boten zu, durch den der Ritter der Dame
seine Liebe erklärt.

Mehr Abwechslung noch bietet dem Auge das Bild
des Herrn Rubin. Mit aufgeschwungener Hüfte sehen
wir den Sänger da stehen, die Linke erhoben, den Blick
starr geradeaus gerichtet, die Rechte gegen die Hüfte ge-
stemmt; ihm gegenüber die Dame, mit der Rechten das
herabhängende Ende des Gürtels desselben fassend, und die
Linke vor die Brust legend. Vielleicht bezieht sich das hier
dargestellte Zwiegespräch auf das durch das „vcrnemoi" des
wohl redenden Mundes in den ersten Versen der 19. Strophe
angedeutete Gespräch:

Diu liebe lät nn seht iden hild von ir geschehen,
SÜ si mir mit ir fugenden ist sv nähe honten,
unde ich ir giiete unde ir geberde hän gesehen,
unde ir uiol redenden munl darumhr hän vernomen.

Auf den vorhergehenden Darstellungen fanden wir den
Dichter und die Geliebte einander gegenüber stehend. Eine

1) Vgl. hierzu das oben S. 69, Anm. 2 gesagte.

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