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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0012
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VIII

Vorrede.

und archäologischer Hinsicht sein mögen, so unzureichend erwiesen sie sich mir zu der
genauem philologischen Behandlung der Hieroglyphen - Schrift. In welche Verlegenheit
würde nicht der Forscher occidentalischer Sprachen gerathen, wenn er, um den Laut-Inhalt
einzelner Buchstaben, sowohl an und für sich als auch in Verbindung mit einander, zu er-
mitteln, oder um die Afi°ixe von den Wort-Stämmen zu sondern, mit einem Worte, um eine
grammatikalische Analyse zu geben, wenn er, sage ich, nicht einzelne Buchstaben, einzelne
Formen vorzeigen könnte, sondern auf ganze Wörter verweisen müsste? Oder, wenn er
dergleichen Zergliederungen nur durch einzelne wenige Fälle veranschaulichen, für die
Masse der übrigen aber die Einbildungskraft des Lesers in Anspruch nehmen sollte? Diese
Schwierigkeit ist noch viel bedeutender bei der philologischen Besprechung der Hierogly-
phen-Schrift, deren Vocale z. B. eine gewisse Proteus-Natur an sich tragen, vermöge
welcher sie liier dieses, dort jenes, und wiederum hier diess für sich allein, dort in Ver-
bindung mit anderen Zeichen bedeuten, welche nicht selten gleich den Consonanten Ver-
setzungen zulassen und selbst unbeschadet ihrer Laut-Einheit eine graphische Zertheilung
gestatten. Man sehe nur in meinem Buche, welch zahlreicher Auseinandersetzungen und
Zusammenstellungen es bedurfte, um die eigentliche Laut-Währung von \\, \ — } — \ zu
ermitteln. Die Aufnahme lithographischer und xylographischer Zeichnungen in den Text
hätte der Sache nicht abgeholfen, da diese Aufnahme aus leicht einzusehenden typographi-
schen Gründen nur in einem sehr beschränkten Umfange Statt finden konnte. Den ganzen
Text mit den Hieroglyphen zugleich nach Art von Champollion's Aegyptischer Grammatik
durch einen lithographischen Ueberdruck zu gewinnen, kam nicht in Vorschlag. Wäre
diess aber auch geschehen, so würde doch jeden Falls ein ganz anderes Buch, als wie
hier vorliegt, haben gegeben werden müssen. Den Ausweg aus dieser Verlegenheit zeigte
mir der Buchdruckerei- und Schriftgiesserei-Besitzer Herr Fiuedmch Nies in Leipzig, an
welchen mich der Verleger meines Buches, Hr. Joh. Ambros. Barth gewiesen hatte.
Hr. Nies schlug mir vor, die Hieroglyphen-Schrift in die Typographie einzuführen, um
jeder Figur, so oft sie im Texte für sich allein, oder in Verbindung mit anderen vorkomme,
gleichwie der aller anderen beweglichen Lettern vollkommen Herr zu sein. Ich hielt so-
fort diesen Gedanken fest, und, indem ich Herrn Nies die technische Ausführung der Sache
überliess, gab ich mir Rechenschaft von der wissenschaftlichen Ausführbarkeit und An-
wendbarkeit des Unternehmens.

Die Zahl säinmtlicher, als Schrift-Zeichen verwendeter Aegyptischer Hieroglyphen mag,
wenn man sie nach ihrer Verschiedenheit im Allgemeinen zählt, ungefähr die Zahl 1000
betragen. Allein betrachtet man ihre Verschiedenheit im Besondern, so gewahrt man bald,
dass viele Hieroglyphen eine Grund-Gestalt mit einer kleinern oder grössern Anzahl an-
derer Hieroglyphen gemein haben und von einander nur durch den Besitz oder Nicht-
Besitz gewisser, an und für sich nicht zu der Grund-Gestalt gehörender Zuthaten abweichen.
 
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