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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0069
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Einleitung.

15

Phantasirend ging er am Ende über zum Philosophiren und legte so den Grund zu der Speculation,
die wir bei den alten Völkern mit dem Namen der physiologischen Philosophie J) bezeichnen.

Mit diesem Leben seiner Götter stand im genauesten Zusammenhange ihre Bewegung, an
der man schon früh eine gewisse Regelmassigkeit wahrnehmen musste. Ja wahrscheinlich beobach-
tete der rohe Nomad, der wilde Küstenbewohner den Stand der Hauptgestirne, deren Gellimmer
ihn gleich einem Leuchtthurme leitete, früher, als er über ihre Natur nachzugrübeln Lust hatte.
Allein je heller dem Menschen ihre Göttlichkeit einleuchtete, um desto aufmerksamer musste er
auch ihren Aufgang und Untergang, ihre verschiedenen Standpunkte am Himmel beobachten. So die
Begründung der ältesten Astronomie. Beurtheilt man das Zeitverhältniss, in welchem die älteste
Philosophie und Astronomie zu einander standen, so konnten wohl die Keime von dieser jener vor-
ausgehen. Anders aber musste es sich verhalten, sobald die Astronomie nur auf irgend einige
Wissenschaftlichkeit Anspruch machen wollte. Diese konnte gar nicht Statt finden, ohne einen gewissen,
ja für den Zustand jener kindlichen Zeit, ohne einen bedeutenden Umfang mathematischer Vorkennt-
nisse. Es musste daher der menschliche Geist gleichsam auf der astronomischen Bahn inne hal-
ten, musste erst eine Anzahl mühevoller Umwege machen, ehe er auf dem Hauptwege weiter gehen
konnte. Viel leichter und spielender Hess es sich über die Natur der Weltkörper und himmlischen
Räume, halb träumend, halb wachend speculiren, als nur mit einiger Gründlichkeit ihre Bewegun-
gen berechnen, ihre Räume ausmessen. Daher ging die sogenannte physiologische Philosophie wohl
überall der Astronomie voraus 2).

Die sich den Jlenschen aufdringende Bemerkung, dass die Wirkung der Sonne je nach ihrem
verschiedenen Standpuncte am Himmel verschieden ist, musste sie sehr leicht zu der Annahme be-
wegen, dass im Allgemeinen der Einfluss der Gestirne auf die irdische Natur je nach ihrer ver-
schiedenen Stellung unter einander bald günstiger, bald ungünstiger sei. Diess der Grund zur
Astrologie. Lange Zeit Avar sie sonder Zweifel gar nicht verschieden von der Astronomie, mit
welcher sie auch Jahrhunderte hindurch bei den Griechen dem Namen nach zusammenfiel Als
sie aber in der Folgezeit sich zu ihrer vollen Eigenthümlichkeit entwickelt hatte, hielten sich die
Astrologen für die wahren, ächten Astronomen und sahen mit einer Art von Mitleid auf du jenigen
herab, welche die Astronomie nur als Wissenschaft, gleichsam als einen leeren, unnützen Tand be-
trieben. Umgekehrt wissen wir; von den Astronomen eines Volkes, dass sie wahrscheinlich da, als
ihnen das entsetzliche Princip, welches in der Astrologie lag, so Avie die schauderhaften Betrüge-
reien, Avelche es veranlasste, klar geworden, die Nativitätssteller zur Ehre der menschlichen Ver-
nunft von sich ausstiessen.

1) Ahistotki.. Metapliysic. I, 7. AiaXtyuvrai fievroi xai noaynaTsvovTai, 7ttni qvaeiaq Tzarra. revmai re yetq tov ovqu-
voV xai ncQi Ttt tovtov /t£Q1 xai ra nad-t] xai ra enya, diaTijaovoi to avfi;laivov' xai in; uQ/aq xai ra airta ciq tuvtu xa~
rava).iaxovn'tv , $9 Vft(i).oyovrT£q roiq u).).otq vvatoJ.oyotq, uti roye ov tovt turiv, onov cun O 1/tov soti xcu u 7itQiti\7j(f>ev 6 xa).ov~
/tevoq ovqaroq. AVas hier Aristoteles vou den Pylhagoracrn sagt, pMSt auf die ältesten Philosophen aller Nationen. Der
menschliche Geist musste trotz lokaler Verschiedenheit Kine grosse Sehu'e durchgehen.

S) Salmas, de annis CUmacteric. Luyd. Bat. 1648. Praefat.' p. 43. Physiei illi Philosuphi apud Graecos antinuiores
Astrologis exstitere, ut illa <pvoix?j Oeoloyia, quae astra pro düs reeepit etcoluit, ante Astrologiam cognita est.

3) Beispiele der aotQol.oyia — anTQOvofuct s. bei Gkkii. Vossius de Scientt. Malhemutt. p. 107. Kabiucils zu Skxt.
Kmi>ir. advers. Astrol. p. 338. C. Salmas. Plinian. Exercilatt. in Soux. Polviiist. Traject. ad Wien. 1689. p. 461. l'gg.
Thaies primus ariT^o).oyrtaai dicitur apud Graecos, qui uullam partem yive/M.taxqq attigit. Pherecydes aaxooXoyuq dictus est,
yui lantmii aoTQorofwg fuit. etc.
 
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