Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0530
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
476

S y s t e m der H i c r o g1y p h ik

den Palmyrenischen Inschriften vor uns liegt, für eine Sylbenschrift zu halten. Die Frage könnte
nur für die vocallose Phönikische Schrift in Anregung kommen Allein abgesehen davon, dass
die Phönikischen Inschriften nicht durchaus vocallos sind, so bedarf es ja nur eines Blickes auf die
im Ganzen als richtig anerkannte spätere Vocalsetzung und Vocalpunctation, so wie der Verglei-
chung mit der Aethiopischen Schrift, um uns zu überzeugen, dass bei dem ITiN^lin^, lyj'TOj
bei dem J2 3liteÜ3 Utö und dem tätis=&W der Maltesischen Inschrift 2) wohl die von der spätem
Schreibart hinzu gesetzten Arocalbuchstaben 1 und 1 zu ergänzen sind, keinesweges aber, dass Jdie
Sylben No und Ne} N die Sylben 'i und 'a und dass das vor J und hinter N folgende irgend
ein Sylbenzeichen ausmache, eine Annahme, die bei leicht fortzusetzender Vergleichung nichts Ge-
ringeres besagen würde, als dass die Phönikischen Schriftzeichen in nicht gar langer Zeit vor Chr.
zugleich Sylbenzeichen und zwar Sylbenzeichen nicht einer bestimmten, sondern der gesammten
Vocalfärbung (z. B. j=iV«, Ne, Ni, No, Nu), aber auch zugleich Vocalbuchstaben und reine Con-
sonanten waren, während doch die Griechen eben nicht sehr kurz vor Chr. von denselben Phöni-
kern ein Alphabet von ganz scharf gesonderten alphabetischen Schriftzeichen empfingen. Ist nun aber
die Semitische Schrift, mit Ausnahme der Aethiopischen, keine Sylbenschrift, mit welchem Grade
von Wahrscheinlichkeit will man die Hieroglyphenschrift unsrer Periode für eine solche ansehen,
in welcher doch die bestimmt von den Consonanten geschiedenen Vocalbuchstaben viel häufiger
vorkommen als in den gleichzeitig abgefassten Semitischen Schriftdenkmählern, und in welcher fer-
ner Vocale und Consonanten zur Bildung von Diphthongen und Sylben so augenscheinlich verbunden
werden? Und warum will man nicht lieber zugestehen, dass Champollion durch die Berufung auf
die Natur der genannten Semitischen Schrift den passendsten Maasstab für die Beurtheilung der uns
bis jetzt vorliegenden Hieroglyphenschrift an die Hand gegeben habe? Diese so beschaffene Gleich-
artigkeit der den beiden benachbarten Völkerstämmen angehörenden Schriftweise könnte nur derje-
nige für etwas Unnatürliches ansehen, welcher mit seiner Betrachtung nicht über den Zustand der
heutigen Europäischen Schriften hinaus gekommen ist, während im Gegentheile der mit der Schrift-
entwickelung der alten Welt vertraute Forscher gerade hierin den wahrhaft naturgemässen Zustand
eines kindlichen Zeitalters erblicken wird. Alle Kunst und Wissenschaft ward ja nicht im Sprun-
ge, sondern durch eine Reihe von Fortschritten auf die jetzige Stufe ihrer Ausbildung gehoben.
Gleichwie der ungeübte Denker der Vorzeit seine Vorstellungen in die weiteren, allgemeineren Be-
griffe legte und für die feineren Unterscheidungen einer spätem Dialektik keinen Sinn hatte, gleich

1) Kopp Bild. tt. Sehr. d. Vorz: 1. p, 214 .„Da auch weiter, was die Orthographie anbelangt, Titusen (hei Erklä-
rung der hiscr. Melit. IL in Act. nov. Ups. 1S15, VII.) für ausgemacht annimmt, die Phönikische Schrift sei eine blosse Syl-
benschrift; so bin ich nicht kühn genug, um schon jetzt dieses als eine gewisse Regel, nach welcher die Inschriften zu
erklären seien, fest anzunehmen; ohngeaclKet ich, was die erste Entstehung der Buchstabenschrift aus. der Sylbenschrift
betrifft, im Allgemeinen schon längst eine ähnliche Meinung hege." Später erklärte Kopp l. I. II. p. III.) den Gedanken von
einer Phönikischen Sylbenschrift für „Käserei". Wall Inquiry p. 332. That Moses was the first who made use of alpha-
betic writing, and that the pereeption of its nature was a gift miraculotisly couferred on him, may, I appreheiid, be positi-
vely collected from bis own narrative. vgl. p. 343.

2) Kopp Bild. u. Sehr. d. Vorz. L p. 250., Pehez Bayer in Geseniüs Palaeor/r. Stud. p. 10. fgg. Tab. II. Dass das
spätere Aufkommen des Namens Saqanmv, welchen die ihr beigegebene Griech. Inschr. enthält, dieser ersten Maltesisch-
Inschr. eben kein hohes Alter zuerkennen lässt, (wogegen auch entschieden die Griech. Paläograplüe zeugt), hat Korr U
I. p. 257. wohl bemerkt. Immer aber ist sie eine alte Inschr. zu nennen, im Vergleiche mit der von Swinton aus Ukland
genommenen Palmyrenischen (s. oben p. 4(>9. no. 7.), welche auch nach der richtigem Zeichnung Laxm's pNl?^/^
pPlWN? g'ebt i wo doch wahrlich Niemand das auffallend ungeschriebene "1 syllabisch au PI ketten wird.
 
Annotationen