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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0540
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486

System der Hieroglyphik

Auffallendsten aber gegen die Schreibart der Inschriften ist die gehäufte Anwendung des N, ?, | für
A, E, 0 in der Mitte der Wörter !)• Die älteren Schriften halten zwar hierin noch ziemlich
Maass, indem sich Wörter wie oso^soajl Avd-vnuToq, oöqäs Tlacpoq, i-j-sj-a Barbari, Tetrarcha
noch viel häufiger als ^o]i^u4 Timotheos und dergleichen linden, allein die jüngeren und namentlich
die Arabischen werden in ihrer Anwendung immer freigebiger s). Verwandelt sich nun das Aleph dieser
Periode wirklich in die von ihm dargestellten Vocale ? — Hierüber kann nur das Schicksal dieses
Buchstabens in den rein Semitischen Texten selbst befriedigenden Aufschluss geben. In diesen
Texten offenbart sich ein Verfall der altern, eigenthümlichen Aussprache, ein Verfall, der jedoch
durch das ewige Gesetz aller Sprachbildung, d. i. durch die Lautglättung, herbei geführt wurde.
Diejenigen Laute nämlich, welche bei ihrer Aussprache mehre Sprachwerkzeuge zugleich in stär-
kere Bewegung setzten und dadurch vermittelst eines hiatusartigen Aufeinanderstossens notbwendig
Sprachhärten verursachten, suchte man dadurch, dass man die Thätigkeit des einen Sprachorganes ganz
oder zum grossen Theile hemmte und dadurch den Sprachprocess vereinfachte, abzuschleifen und
rundlicher an einander anzuschliessen. Dieser Operation waren die hervorstehendsten Laute im
Semitischen, die Gutturalbuchstaben, zuerst ausgesetzt und natürlich mussten es die schwächsten
Gutturale X, i"l sein, die hierbei den wenigsten Widerstand leisteten und scheinbar am Meisteil von
ihrem eigenthümlichen Wesen verloren. Daher die Wahrnehmung, dass in der spätem Zeit diese
Laute da, wo sie dem ästhetischen Sprachsinn am Wenigsten zusagten, in der Mitte der
Wörter häufig mit Aufhebung ihres gutturalischen Elementes entweder zu einer blossen Dehnung
des vorangehenden Lautes verwendet, oder auch gar nicht ausgesprochen wurden, wenn man sie
auch in der Schrift aus Achtung gegen ihre Wurzelhaftigkeit eine stumme Bolle fortspielen Hess 3).'
Doch traf es sich auch, dass auf ähnliche Weise, wie die Griechen mit dem Spiritus asper in der

gleich als ob o und v-* erst durch , , * zu wirklichen Vocalbuchstaben würden. Denn abgesehen davon, dass /,. Ii.
der Syrer vor der im 7ten Iahrh. eingeführten Vocalbezeichnung uai Vin >3 gewiss nicht anders als Nik(o)dimos und
dadurch o und * als Vocalbuchstaben las, so dienten ja auch jene Zeichen bei weitem mehr dazu, das Lauten und
Oliiren dieser Vocalbuchstaben und den besöndern Vocalinhalt derselben z- li.°—0, V, ^* I, E bemerkbar zu machen.

1) Hoffmann Gram. Syr. p. 94. Cum Üngna Syriaca in scribendo etymologiam relinere studeat, ex arbitrio Hbra-
riorum pleiia scriptio cum defectiva rarius conimutata est, quam in Hebraicis scriptis praecipue serioris temporis. Major autem
libertas in iis vocibus adhibita est, quae ex Graeco sermone in Syriacum inimigrarunt, cum alii nimis superslitiosi Graeco-
rmn vocalibus matres lectionis substituerent, Ut 1 pro a et ai 1^4^ rayftn, interdum vel pro cei fSu.\s> Kawag (vgl.

oben fX-o, eben so ja-^li-o^0! Autokrator für ja^pDs^c) Autokr(a)(or, DICH für ö'ijfioq). Alii vero minus anxii nunc
eundem sequebantur modum, nunc nudas scribebaut vocales. In antiquioribus igitttr scriptis parsimönia quaedam in usü
matrum lectionis, nlsi etymologia eas postulabat; sequior vero Syriasmus externis, praecipue Graecae linguae proprietatibus
nimium adhaereus, plenam scripüonem, ubi uecessaria nou est, facile admitlit. Merkwürdig ist hierbei für die allgemeine
Sprachbilduug, dass wie die Griechen einst ihr E aus dem Semitischen T] gebildet hatten, so die Semiten jetzt wieder ihr

!"1 zur besouderu Bezeichnung des Griechischen E gebrauchten. Vgl. Hoffmann Gram. Si/r. p. 94. Sequior Syriasmus in
Graeoarum vocum trauslatione tauquam matre lectionis vocalium t et ctt saepe oi adhibet, v. c. versio N. T. Philoxenia-
na reddit IJerQoq aao^oi^, cvayyehvv ^c^ai^Jc]. feyyrjaaqcT -ötej^Joi^ Mar&aioq ^o]a\Zte£> 5 fc^OmS na^aia,
J'TimB nuQtÖQov, pnrijD avvtÖQiov, Fueist Lehryeb. d. Aram. Id. p. 43. 63.

2) lieber die dem Phönik. analoge Schreibart des altern Arab. s. Adler Daser, codd. Cufw. Hafnien. Alton. 1780. p.
25. sqq. Desselben Museum Cuficum Borgten. Veütris. P. I. Rom. 1783. p. 44. (nach Münzen).

3) Vgl. hierüber besonders Ewald Krit. Gram. d. Hebr. Spr. p. 116. fgg. in Verbindung mit Hupfkld über Ewald
 
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