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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0561
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von Champollion.

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darstellte. Ia das 0 könnte sogar mit demselben Hechte diesen Verdacht auf das Y, V zurück
werfen, da bei vielen Italischen Völkerschaften, wie wir von Priscian belehrt werden i)
nicht das V, sondern nur das 0 im Gebrauche gewesen war. So weit wir jedoch den ältesten
Schriftdenkmählern der Börner nachgehen können, so treffen wir auf ihnen beide Buchstaben, V und
0, zusammen. Fragt man aber, welcher von ihnen beiden am Häufigsten vorkomme, so wird die
Antwort unstreitig zu Gunsten des 0 ausfallen. Denn das 0 vertritt nicht nur auf den älteren
Römischen Inschriften seine eigene Stelle, sondern häufig auch die des U, oder palaographisch rich-
tiger, die des V=U 2). Nichts desto weniger hören wir, dass bei den älteren Römern das V

1) Priscian. I. p. 554. V quoque multis Italiae populis in «su non erat, sed e contrario dtebaritur 0; uiule Roma-
uorum quoque vetustissimi iu imillis diclionibus loco ejus O posuisse inveniiintiir, poblicum pro publicum:; qufld teslalur
Papiriauus de orlhographia, polchrum pro puichrum, colpam pro culpam diceutes et Hercolem pro Herculem, et niaxiuie
digamma autecedente boc faciebant, ut servos pro servus, volffur pro vulgur, Daicos pro Davus. Mar. Victordj, Art. Gram,
t, p. 2458. Nostri Latini cum literis uterentur, quas a Graecis acceperaut, et Graeci vocales haberent totidem, quot et
iios, a e i o u (nam ?/ et ia postea suut ab bis repertae) e et o teruas babebant apud eos potestates, ut e esset breve et
productum. I autem longum quodammodo sonat, cum et e et i junctum est. Et o similiter quoque cum esset uuum, brevem
et idem faceret longam syllabam, praeterea exprimeret vocem, quae apud eos per o et v scribitur ov, sie apud nos quoque
c et o totidem potestates habebunt et easdem, quas apud G'raecos. Graeci in dativo, tarn 77 literae quam u adjicicbani /
juXtä: ita nostri, ut upparet ex Ubris antiquis fuederum et ex Jegum . qui etiamsi ex freqiienti transeräptione aliquid matat
nmt, tarnen retinent antiquitatem: nam o non solum pro brevi et longa; sed etiam pro u poni, ut pro populus, ibi pppolos;
et ubi piaculum, ibi piacolum, sie et pro buic hoic, pro fiinus (onus, item alia multa.

2) Beispiele: CONCTOS (carm. Fratr. Arval. vgl. Mahini yü Atti e Momimenti de' Frutelli Arvali etc. Ihm.
1795. 2 Vol. Lanzi Sar/. d. Linij. EU: I. p. 144. Grotefend Lat. Gram. 1. p. 166.); MACKSTRATOS, MACKSTRATOD.
NAVEBOS, COSSÖL, CAPTO»! (colum. liostr. cf. Ciaccon. in Col. Itostr. Inscr. s. Grakv. Thes. Ant. Lat. Vol. IV. p.
1916. Gruter Corp. Inscr. Vol. I. p. 404. Lanzi l. I. p. 148.); HONC, COSENTIOXT, LUCIOM (Inner. Scip. cf. Vis-
conti Antholoij. Rom. T. VII. VIII. Lanjsi 1. i. p. 150, sqq. Orfxli Inscr. Lat. Nov. Coli. I. p. 149. sqq.): CONSOLK-
ItETVR, 0V01VI, AIQVOM, IN POPLICOI), IN TABOLAM (SC. de Bacchan. cf. Drakenborch ad Liv. Tom. VII. p. 97.
Tac. Gronov. Pfaefat. in Cic. Liii/dun. Hat. 1692.). Vgl. Gruter Ind. Gram p. XCD. Alle diese Inscbriflen geben je-
doeb viel zahlreichere Beispiele für den U-Laut des V. — Bemerkenswert!! ist, dass auf denselben Inscbriflen mit Aus-
nahme des Liedes der Arval. Br. für V und 0=U die dem Griecli. OY viillig entsprechende Zusammenstellung von OV vor-
kommt und zwar in NAVEBOVS=navibus (Col. Ilostr.), ABDOVCIT {Inscr. Scip. Barb.y, vgl. TEMPESTATEBVS (Insc?:
lmc. Scip. ftt. Harb.). Zahlreichere Fälle bietet das SC. de Bacchan. dar: CONIOVRASE, PLOVS (dreimal, und /.war
nur so), IOVSISENT (zweimal), fOVBEATIS, NOVNDINVM. Andere Beisp. s. bei Gruter I. l.j vgl. p. CCCCXX1I..
no. 1., wo Y au Slatt des V für (), O und V gebraucht wird und hierzu Schneider Lat. Gram. I. p. :!4. Mar. Victohin.
Art. Gram. p. 8430. will uns in den Worten: V vero eodem ordine scriptum babemus, quo j 1 Ii, recisa tantpm virgula
juxla: sie v quod apud illos junclum o literae v facit syllabam, nostri etiam quoties ejusdem soni longa syllaba scribenda
esset et ipsa adjungebant o literae. lüde scriptum legitis Loucetios, nountios et loumen etc. glauben machen, dass das
OV bei den Lateinern nur für Ü gesetzt worden sei. Allein er irrt vollkommen und Schneider l. I. I>- 85. hätte sich
ganz von dieser Erklärung los machen sollen, da ja navebous, jouheatis, und das von ihm aus Gruter l. I V- GCCVII. no.
8, angeführte totufomihi* zu sehr dage'geu sprechen. Allein erwägt man die verhällnissmässig so geringe Anzahl der
Fälle, in denen OY vorkommt, stellt man das navebos und navebovs der Col. Itostr. mit dem tempeslatibvs, parentibvs
der Inscr. Scip. und den Seualoribvs, Bacanalibvs; mvlieribvs, diebvs des SC. de Bacch. zusammen, so sieht man deutlich,
dass die Römer jeuer Zeil willkiilirlich für das gewöhnliche V das seltnere 0 und das noch seltnere OV schrieben und
dass sie hierin, wie iu so vielen anderen, ohne viel Sinnen und Grübeln den Griechen nachfolgten. Wie die Griechen dazu
kamen, für den Laut U die Verbindung ov zu schreiben, ist sehr klar. Das 0 ward von einer orthographischem Zeit dem
Ö vorbehalten und dem /2=ö gegenübergestellt, das ursprüngliche Y=U ward zu Ü erweicht, demnach hatte man dem in
der Sprache vorhandenen Ü-Laut ein neues Schriitzeichen anzuweisen. Man thal diess, indem man ganz wie die heutigen Franzosen
O und Ü zu dem Laute 0U=U verschmolz. Da aber die Kömer an 0 für Ö und ö und an V für Ö und D keinen An-
stoss nahmen, so war für sie die Bezeichnung OV=V ein reiner Ceherlluss, den sie auch späterhin ganz aus ihrer Schrift
verbannten. Der Tadel des Nicinn s (in Gem.. Noct. Att. XIX, 14.) Graecos non tantae insciliae arcesso, qui ov ex o et
ti scripserunt, quanlae, qni h « e et i; illud enim Inopia fecerunt; hoc nulla re subacti — trifft daher bei weitem mehr
die Lateiner als die Griechen. — Nicht zu übersehen ist endlich die in dem 0=V=U liegende Schwäche des U-Lau(es,
aus welcher zu erklären sind das 0IN0=unum, PLOlRVME=plurimi (Inscr. Luc. Scip.) vgl. plisima=p\urim:\ in Fest.

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