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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0590
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536 System der Hieroglyphik

den. Eine Hauptabweichung dieser gemeinen Sprache bestand in einer grossen Vernachlässigung
des Yocalismus, namentlich in einer gänzlichen Nichtunterscheidung der verschiedenen I-Laute.
Seiner Natur nach musste das ET breiter sein als das I. Nun setzte das gemeine Aegyptische Griechisch
fast beständig EI statt I und I. Diess thaten die Aegypter entweder gedankenlos, wie in den
späteren nachchristlichen Iahrhunderten auch viele andere, oder sie schriehen es geflissentlich, weil
sie das Griech. I breiter und voller als die Griechen, etwa wie deren EI aussprachen. Für diese
Beahsichtigung, wofern ich nicht mit diesem AVorte dem Schreiber unsers Papyrus viel zu viel E hreer-
zeuge, würde es sprechen, wenn dieser Papyrus nicht schon die umgekehrte Schreibart I für EI
(wie Documente der Kaiserzeit tQi]vij—6iQi]vii, Tc/.7itvof.iaTi=Ta7ietva/MXTi) enthielte. Zu derselben
Bemerkung hat uns indess schon oben die Orthographie der Hieroglyphenschrift geleitet. Die beiden \\
sind nämlich eine Verdoppelung des einfachen \. Das | schien in einigen Fällen zu Folge der
Parallelstellen ein I zu sein, ob schon dieser Laut und zwar in völliger Gleichgültigkeit gegen 1,
/und EI regelmässig durch \\ ausgedrückt wurde. Doch lassen wir auch die Aussprache des EI-
I und \\=\ dahin gestellt, so muss doch jetzt im Bezug auf den Text der Septuag. zugestanden
werden, dass die Schreibung El für I ganz überein stimmt mit der Schreibart des Leidener Pa-
pyrus, so wie mit der Orthographie der Hieroglyphenschrift selbst. Da aber die, Behufes des Volks-
unterrichtes abgefasste l) Griech. Uebersetzung des A. T., wäre sie so gar anfangs in ein reines
Griechisch niedergelegt worden, hinsichtlich des EI=I durch das häufige Abschreiben schon in der
Mitte des 2. Iahrhunderts vor Chr. leicht in ihre jetzige Gestalt hätte kommen können, so wäre es
völlig unstatthaft zu behaupten, dass sie diesen Charakter nur erst einige lahrhunderte nach Chr.
durch den allgemeinen Verfall der Griech. Sprache erhalten haben müsse. Allein die Septuag.
schrieb auch eben so häufig I für EI. Ob der Leidener Papyrus auch hierin ein Seitenstück zu
ihr bildet, kann ich nicht sagen. Die wenigen von Beuvens mitgetheilten Zeilen enthalten kein
Beispiel, so dass die ersten authentischen Fälle der Art, welche ich für Aegypten kenne, das oben
erwähnte iqtjvv und tuhivohuti, aus der Rom. Kaiserzeit bilden. Wer sollte aber, bei der gräu-
lichen Orthographie des aus unserm Papyrus eingesehenen Bruchstückes, wo auch der Gleich-
klang des EI und I und I und des Y aus evmvia und evviivsia und aus SiSvficci und dydtpai erhellt,
noch im Geringsten daran zweifeln «)? Bedenkt man überhaupt, dass mit Bestimmtheit in der
Mitte des zweiten Iahrhunderts vor Chr. in Aegypten eine äusserst verdorbene Volkssprache vor-
handen, aber wohl schwerlich erst in jener Zeit entstanden war, so wird man die gesammten or-
thographischen Auswüchse der Septuag. füglichst auf den gemeinen Dialekt der älteren Gräco-Ae-
gypter zurück führen können. So viel dürfte aber jetzt ausgemacht sein, dass man in jener Zeit
nicht aepsi für %zqi, uQuOfiovaei für anid\uovai (mochten diess auch überall und zu jeder Zeit die
ärgsten Barbarismen sein 3), nicht Beoavay.i] neben dem geläufigen Beoeviztj geschrieben haben würde,

1) Sturz de Dial. Maced. et Alexandr. p. 4.

8} Für diese Abwechselung des EI uud / vergleiche man den Ausdruck des I, EI von BeQevixii, BeQtmiMj; Avxon'f
ro;, Avron-iiroq in der Hieroglyphenschrift, welche dafür gewöhnlich ^, seltner setzt, oh schon M bekanntlich auch

das / von AI (^||) ia Kaiaaqps war.

3) Boeckh Introductio in Inscr. Sarmatic. I. I. iL p. 108.: no. 2101. jroWrf^io? autepaemiltima longa reprehen-
dendum est, item ÖQunavxi pro oQiaavTis. oqiiam no. 2097:, uam ei pro brevi e omnino barharum est, so nEIOC=piaB
Münze des Caracalla nach Occo bei Wetsten l. I. P- 172, Liscov. I. i. p. «3, KOAJll\rElAC=co\omue Inscr. Palmyr.
 
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