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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0676
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622

System der H i e r o g 1 y p h i k

aus der Goth. Declin. ermessen, da die bisher dem Verstandnisse zugänglich gemachten Schriftdenk-
mäler des Sanskrit (von dem Gothischen kann natürlich in dieser Hinsicht keine Rede sein) einen
viele Jahrhunderte umfassenden altern, uns leider unbekannten Sprachentwickelungs-Gang voraus
setzen. — So barbarisch ferner dem nur mit der classischen Latinität vertrauten Ohre die Geni-
tivformen aeum, oeum, ueum, eeum klingen müssen, so wird doch ihr früheres Gelten eben so durch
das ium der 3t. Declin., welche den übrigen Declinationen offenbar um einen Vocal nachsteht, als
auch durch das eum der ot. Declin., welche die Zusammenziehung zweier Yrocale zu deutlich ver-
räth 4), nothwendig bedingt. Auf dieselbe Weise würden die Genitive der ist. und 2t. Declin. auf
um eine Contraction aus aum und oum beurkunden, wenn selbst den letzteren Formen die Genitive
auf ium, uum und amv nicht zur Seite ständen. Wiederum mahnen uns die Genitive auf uum,
dass wir in den seltneren Formen auf uns das uu nicht etwa für eine bloss graphische Dehnung
des u anselien, wie diess wahrscheinlich in dem PEOVLATVV der lex de aug. viat. neben dem
von ihr gebrauchten IVVS der Fall ist, indem auf den unser aus enthaltenden Inschriften (s. oben
p. 586. no. 12.) bei der regelmässigen Fortdauer des Genit. pl. uum und bei der noch von Varro
vorgezogenen Schreibart des Genit. s. uis gewiss nicht der Gebrauch zweier Vocale, wohl aber die
alterthümliche Schreibart einer einzigen Tocallänge durch zwei Vocale unnatürlich erscheint 2).

1) Ouixtiliax. IX, 4. 38. spricht über die Gewohnheit der älteren Römer, Schluss-Cousouanten vor einem
Aufaugs-Consonauteu abzuwerfen und fährt dann §. 39. folgenderniaassen fort: lüde belligerare po' meridiem et illa Cen-
sorii Calouis, diee haue, aeque M litera in E mollita. Hierzu bemerkt Schneider Formenl. p. 261. „Wenn die Lesart
diee sicher steht, so besitzt man in derselben vielleicht eine Spur der ursprünglichen Form dieem, deren m Cato weg-
fallen Hess, wie sonst in der älteren Latinität das * am Ende zuweilen ausfällt; während Quintilian, der die gewöhn-
liche Form diem zum Grunde legte, das zweite e als einen Ersatz des ni betrachtete". Man denke hierbei an das empiri-
sche Verfahren der Latein. Grammatiker, wie wenn NoKr. Marcell. IX, 1. sagt: Accnsativus numeri singularis pösitus
pro geuitivo plurali und nun aus Sisenna, Titinnius, Piautas, Aerius, Pacuyius u. a. eine grosse Anzahl alter Genitive der
2t. Deel, auf um folgen Iässt. Von Cato aber ist bekannt, dass er auch anderweit das Schluss-M fallen Hess: Fest. Recipie
apud Catonem pro reeipiam, ut alia eiusmodi complura. Da die Uöm. Literaten gewöhnlich nicht mit sprachphysiologi-
schen Iilicke weit über ihre Zeit hinaussahen, so wurden natürlich die älteren missverstandenen Sprachformen beim
Umschreiben der Handschriften getilgt, wesshalb denn auch QmNTruAX bei Erwähnung des ohne Zweifel von ihm selbst
nicht recht begriffenen diee' harte den Tadel hinzufügte: Quae in veteribus libris reperta mütare imperiti soleut et dum
librariörnm insectari volunt iuscientiam, suam confitentur.

2) Ich habe Sehneider Unrecht gethan, als ich oben sagte, dass ihm die Formen auf uus aus der 4t. Declin.
unbekannt gewesen seien. Er handelte nur nicht von ihnen unter der 4t. Declin., sondern hatte sie auch ohne namentliche
Anführung, ohne Zweifel mit im Sinne, als er Elementar!, p. 96. lehrte, „dass man in der ältern Zeit die langen Vocale
doppelt geschrieben habe." Natürlich galt ihm nun DO.MVVS nur für eine graphische Zerdehuung des gewöhnlichen domus.
Dass die von Schn. angegebene Orthographie einst wirklich ihre Anhänger halte, erfahren wir mit Zuverlässigkeit aus
den Nachrichten der alten Grammatiker und ersehen es zugleich aus den älteren Inschriften, wie denn z. B. das Decr, Genuat. drei-
mal MVVCIO, einmal ABBI'i'RATVV und sogar nach Gmjter PECVVASCERE, nach Zachab. bei Okel, aber PECVS. ASCEBE
schreibt. Nur ist ZU erwähnen, dass die Schreibung eines Doppelvocales (mit Ausnahme des im strengen Sinne nicht hier-
her gehörenden EI und OV) im Allgemeinen und die eines VV im Besonderu auf den Inschriften äusserst seilen ist, so
dass dieselben Iuschr., welche sich des VV bedienten, doch das durch Position lange V stets und das an und für sich lange
meistens durch V, O und OV gebeu, wie das üecret. Genuat. neben dem eben Angeführten in VTANTVR, 1VDICATI,
IVUICAMVS, EIDVS, FBVJJENTl, IVSEBVNT, PEQVMAM, PEQVNIA, SVMANT, IOVSERVNT, 1MOVHIAS, doch auch OV
in CONFLOVOXT, das Plebisc. de Therm, neben VVTEI in VTEI (bis), VSEI (bis), VTVXTO, MAGISTBATV (ter),
1VBISU1CTIO, IVDICAT, DVCERE (ter), 1VL10 (bis), OVOIA, IOVRIS, IOVS (quiuq.), die lex de aug. viat. neben dem
Abi. PEQVLATVV, IVVS (bis) und AA in T1UBV, ViWM, (quiuq.), PEQVMAM (bis), 1VS, IVBIS, IVBE (quat.), SVM1TO
(ter), INSTITVTiil, QVOIVS. Allein mit welcher Vorsicht mau gewisse Erscheinungen der Orthographie zur Allgemein-
heit zu erheben habe, zeigt Schneider selbst dadurch, dass er an derselben Stelle bemerkt, es sei von den Hörnern und
zwar schon auf der col. rostr. in MABiD (bis), PBImOS (bis), CABTACIMEXSlS (bis) neben NVMI, EIS) das lange I
öfters durch das grössere ausgedrückt und diese Bezeichnung besonders von Tkrent. Staub, p. 2264. empfohlen worden.
Es dürfen aber die oben aus den Ius.chritten von mir gegebeneu Bulege sattsam dargethan haben, dass die Mehrheit der
 
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