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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0680
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System der Hieroglyphik

bestimmten Charakter des männlichen Geschlechtes aasmachte. Allein weder die eine noch die andere
Annahme scheint mir vor einer schärfern Prüfung bestehen zu können. Denn allerdings ist in dem
unverkürzten Pronomen eis—iis das e'=i der den Begriff des unentwickelten, bestimmungslosen
Seins enthaltende Wortstamm, zu welchem is, is, i, im etc. den Declinationsstamm d. i. die Ent-
wicklung jenes gleichgültigen (indifferenten) Seins zu einem bestimmten persönlichen Sein bildet.
Aber das is tritt zu dem e=i nicht als etwas Fremdes, Acusserliches, schon vor dem e-i Vorhan-
denes hinzu, sondern das letztere entwickelt sich in dem eis^iis zu einer organischen Gliederung,
indem es der allgemeinen Begriffserzeugung folgend, sein an sich Sein als ein anderes Sein und
dadurch auch für anderes Sein sich gegenüber stellt und dadurch zu etwas Persönlichen wird,
welches sein Selbst in einem andern reflectirt. Alle uranfängliche Sprachformen sind ihrer Ent-
stehung nach durch die Grundgesetze des Denkens bedingt. Einmal entstanden aber lallen sie den
Gesetzen der Euphonie anheim. Daher sehen wir auch das so entwickelte Pronomen eis=iis seine
Wesenheit behalten, wenn es selbst in den nach voraus gegangener Cöntraction und Verlängerung
des übrig gebliebenen Vocales verkürzten Formen is, im, ibus wirklich und in dem noch in der
Cöntraction und Vocaldehnung erhaltenen is scheinbar seinen eigentlichen Grund und Boden einge-
büsst hat. Eben so tritt in dem eais nicht etwa ein fremdes is zu einem Stamme ea, ea, von
welchem das e, e schon das bestimmte persönliche Sein und a das vermeintlich weibliche Geschlecht
dieses Seins in sich schlösse, sondern der Stamm e=i, welcher sich in eis=iis aus einem indiffe-
renten Sein zu einem bestimmten persönlichen Sein und zwar zuvörderst mit gleichgültiger oder nicht
berücksichtigter Geschlechtsbestimmung erweitert hatte, wird später durch die Einschiebung eines
a zwischen den Stamm und seine bisherige Entwickelung, also durch e-ais oder e'-a-is zu einem
persönlichen Sein mit der Nebenbestimmung des weiblichen Geschlechtes motivirt. Auch diese Sprach-
bildung richtet sich streng nach den logischen Gesetzen. Denn in dem persönlichen Sein ist vor
allen das Persönliche an sich mit Hinwegsehung von seiner Geschlechtigkeit das Höhere, Substan-
tielle, die letztere Bestimmung nur eine niedere, accidentelle. Daher sehen wir auch in dem per-
sönlichen Pronomen des weiblichen Geschlechtes die Bezeichnung des ältern, allgemeinen oder noch
indifferenten Persönlichen is unaufgehoben, und seinen Grundton i nur durch den Beisatz eines a
schattirt. Durch das Bezeichnen eines weiblichen Geschlechtes ais aber ward das vorher allgemeine
generelle oder überhaupt zu einem der beiden Geschlechter gehörende und daher, wie man muthmassen
sollte, als real Persönliches dem formal (oder nur grammatisch) Persönlichen entgegen gesetzte is zu
einem specifisch-Männlichen. Allein die Sprachbildung sah Anfangs von der Unterscheidung eines real
und formal Seienden gänzlich ab, wie sie denn die Namen der abstracten Handlungen und Zustände,
also ein bloss formal Persönliches dem weiblichen Geschlechte überwies, während sie häufigst
Gegenstände des realen Seins >) und unter diesen selbst des menschlichen Seins wie vidgus, bei wel-
chem doch wie bei popidus die Regel a poliori fd denominalio leicht hätte in Anwendung gebracht
werden können, als ein zu keinem Geschlechte Gehörendes oder als ein Neutrales betrachtete.
Hieraus ergiebt sich, dass die Unterscheidung eines Neutralen erst in beträchtlich späterer Zeit
geschah. Daher entbehren auch solche Sprachen, welche sich dem Urzustände näher gehalten ha-
ben, wie die Semitischen, einer bestimmten neutralen Sprachform. Zuerst gab es also in der
Sprache bloss ein allgemein oder formal Persönliches eis=Us-.is, welches sich auch in dem Genitiv

1) Vgl. l. b. die vielen zugleich auf us und um lautenden Namen von Gewächsen in Schn. Formenl. p. 49. 477-
 
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