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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 99
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0401
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Mittwoch, 25. August 1869.

Xo. 99.

Dritter Jahrgang.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe L o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstalten und Baten nehmen Bestellungen an. —Preis vierteljährlich I fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltene Petitzeile oder deren Namn 3 kr.

Baden.
i * Schwetzingen, 23. Aug. Ein Meteor,
das vor Kurzem erst glänzend am Arbeiterhimmel
Mannheims ansgestiegen und die Welt weithin mit
seinen Strahlen erleuchtet hat, ist in sein Nichts
zurückgesunken, wir meinen Hrn. Studiosus Rüdt,
den Arbciterapostel, der nicht als ein Held im
Principienkanlps unterliegt, sondern einfach schmutziger
Handlungen beschuldigt und von seiner Parthei
zum Tempel hinausgeschmissen wird.
Nebrigens ist es kein schlechtes Zeichen und ver-
dient immerhin constatirt zu werden, daß Rüdt
von dem erbärmlichrn unfläthigen Treiben der
Schweitzerianer auf dem Eisenacher Arbeiterkongreß
angeekelt, letzteren den Rücken wandte.
Schreiber dieser Zeilen erinnert sich eines Momen-
tes ans dem Heidelberger Bahnhof recht wohl, wo
Rüdt von seinen Bewunderern und Anhängern auf
Schritt und Tritt umkreist und begafft, wo jedes Wort,
welches er 'an seine „Umgebung" richtete, mit
namenloser Spannung vom Munde abgelesen wurde,
und gedachte damals schon des Augenblicks, wo
Liese Größe gestürzt, verläugnet und geächtet von
der eigenen Partei, abschieben werde!
Herr Rüdt mag nun wissen, was es heißt,
„Volksgunst — Aprillenwetter", seine seitherige^
Anhänger und Gesinnungsgenossen, die Männer der
Arbeiterpartei aber mögen dabei erkennen, daß sie
eben wieder einmal das Werkzeug in der Hand
eines falschen Propheten waren und sich lange ge-
nug durch Phrasen und Schellengeklingel imponiren
und bethören ließen!
Uebrigens — 's wird noch mehr als eine
solche Größe nachrumpeln müssen, ehe den guten
Leutchen die Augen aufgehen.
* Schwetzingen, 24. Aug. Vergangenen
Samstag fand die unlängst angekündigte Fohlen-

mnsterung und Prämiirung vor dem „Pfälzer
Hofe" hier statt.
Die Commission bestand aus den HHrn. Land-
stallmeister von Roeder, Major S ch m i e ch nnd
Bezirksthierarzt Dickcmann.
Vorgeführt wurden 15 Stuten und 2 Hengst-
fohlen , sümmtliche Thiere von durchweg kräftigem
Bau und dem Schlag der Wagenpferde ange-
hörend. Prümiirt wurden folgende Thiere:
1) 1 Fohlen von Hrn. Gg. M. Seist hier.
2) 1 „ „ „ Heinrich Seitz „
3) 1 „ „ ,. Albr.Koppert, Oftersheim.
4) 1 „ „ „ Aug. Erlenbrecht, Plauk-
stadt. ^ i
5) 1 „ „ „ Bürgermeister Tre/üer,
Plankstadt. W
0) 1 „ „ „ Adam Schuhmacher,
Neckarau.
Vorgenannte Pferde sind würdig befunden worden
znr Ausstellung des landwirthsch. Centralfestes nach
Karlsruhe verbracht zu werden und erhalten ein-
schließlich der Reisekosten eine Prämie von fl. 85.
Ferner wurde folgenden Thieren eine Prämie
von fl. 25 zuerkannt:
7) dem Fohlen des Hrn. Stabhaller Schuh von
Grenzhof.
8) „ „ „ „ Gg. Martin Seitz von
Schwetzingen.
9) „ „ „ „ Bürgermstr. Zeilfelder
von Neckarau.
10) „ „ „ „ Phil. Jac. Treiber II
von Plankstadt.
Sümmtliche Fahlen mit Ausnahme des letzt-
genannten stammen von Hengsten des Landesgestüts.
Die vorgeführten Eremplare ließen durch ihren
gutgegliederteu, gedrungenen Bau, welcher Kraft
und Ausdauer verräth, erkennen, daß die Pferde-
> zucht bei uns gute und lobenswerthe Fortschritte

— Paris, 20. Aug. Dir Blätter bringen Einzel-
heiten über einen sehr bedenklichen Unfall, der im Hippo-
drome dem Löwenbändiger Lucas widerfahren ist. Vorgestern
war Hr. Lucas zu feinen Löwen gegangen, ohne sich
auster feiner Reitgerte noch, wie sonst seine Gewohnheit, mit
einem dicken Knotcnstock zn bewaffnen. Nachdem die große
seit 3 Monaten trächtige Löwin einige Sprünge, anscheinend
ganz gehorsam, gemacht hatte, packte sic plötzlich, von hinten
kommend, den Arm des Bändigers, warf ihn um und
schleppte ihn nach dem Gitter des Käfigs. Das Blut spritzte
aus den Wunden, die sie dem Unglücklichen bcigebracht hatte;
da eilte auch noch ein anderer Löwe seiner Gefährtin zu
Hülse, zerslnschte LucaS den Arm, biß ihn in den Hals und
riß ihm ein Stück Fleisch von der Lende ab. Das Alles
war natürlich das Werk einer Sekunde und wenn es nur
noch einen Augenblick gedmicr: Hütte, so wäre LucaS ver-
loren gewesen. Mit einem Mal stürzt sich ein Mensch in
den Käfig, welcher, nur auf sein Herz hörend, mit einer
ungeladenen Flinte auf die beiden Löwen springt, nnd ihnen
gewaltige Schläge mit den, Kolben aus ihre Köpfe versetzt
und sie dadurch veranlasst, ihre Beute loc-zulasscn. Es war
ein Augenblick der entsetzlichsten Angst. Tic vier vom Anblick
des Blutes gereizten Löwen stießen ein entsetzliches Gebrüll
aus und wunderten grollend um den muthigen Retter herum,

während der Thierbändiger blutig und bewußtlos aus dem
Käfig gebracht wird. Ter Mann, welcher sich so nnithig in
den Käfig stürzte, und dem Angegriffenen zu Hülse eilte, ist
einer seiner Gehüsten, ein snnger Spanier, Namens Mendez.
Lein Murh und seine Kaltblütigkeit sind über alles Lob
erhaben nnd cs ist nicht daran zu zweifeln, daß die Neltungs-
gesellschast ihm eine Medaille für seine Hcldcnthat zucrkennen
wird. Sonderbar ist es, daß die von dem kühnen Spanier
zur Ruhe gebrachten Bestien augenblicklich, nachdem er sich
entfernt hatte, mit geringer Wulh gegen ihr Gitter sprangen.
* Wien, 10. August. Der Krakauer Berichterstatter
der „Presse" entwirft ein Porträt der B arbara Ubry k,
dein wir folgende Züge entnehmen: „Die ltbnst zählt erst
52 Jahre und man möchte schwören, wäre man vom Gegen-
theile nicht überzeugt, man habe cS mit einer Achtzigerin
zu thun. Nicht gewöhnt an ein ordentliches Bctt, liegt sic
ganz zusammcngekaucri in demselben, in das Obcrbcttzeug
ganz cingehüllt, so daß man über ihre Körpergröße nie im
Klaren sein kann. In ihrem zusammengeschrumpften kleine»,
Spuren von großer Schönheit und feinem weißem Teint ver-
rathenden Gesichtchen vermöchte man mit der Lampe des
Diogenes keinen Blutstropfen zu entdecken; fahl und leichen
blaß c>innert ihr Antlitz an das Gesicht eines Albino-, Eine
fast durchsichtige Hautschichte bedeckt das Stirnb in, die

macht, nur wäre zu wünschen, daß künftig die Zahl
der v'rznführenden Thiere bei derartigen Muste-
rungen die diesmalige übersteige nnd sich ein all-
gemeineres Interesse für eine Sache knndgebe, welche
für Pserdezüchter mancherlei Vorzüge hat.
Deut s ch l a rr D.
Berlin, 22. August. Ter Exzeß vor dem
Moabiter Kloster am Tiensiag Abend hat bedauer-
liche Dimensionen angenommen. Tie Post berichtet
darüber ans einer, wie es scheint, den polizeilichen
Kreisen nahestehenden Onelle: „Der Tumult vor
dem Kloster zn Moabit hat am Dienstag Abend
seinen Fortgang genommen, doch sind dießmal die
Exzedenten in einer so nachdrücklichen Weise em-
pfangen nnd überrascht worden, daß die Ausschrei-
tungen vor der Hand wohl als unterdrückt zu
betrachten sein dürften. Im Innern des Klosters
waren nämlich an 100 Schutzleute Postirt, während
in der Umgegend desselben ebenfalls eine große An-
zahl der Mannschaften vertheilt war. Ohne Ahnung
von einer solchen Vorbereitung drangen die Tumul-
tuanten eingreifend gegen die Gebäude vor, nnd
als der Skandal in voller Entwicklung begriffen war,
stürzte die Wackstmannschaft ans dem Innern des
Klosters, während die Anßenmannschaften den An-
greifenden in den Rücken fielen nnd diese hierdurch
ins Gedränge brachten. Der Widerstand der Menge
wurde mit blanker Waffe bewältigt, woraus zahl-
reiche Berhaflllngen erfolgten; 24 Personen wurden
nach dem Molkenmarkt gebracht, während 7 Ver-
wundete, einer von diesen mit einer schweren Hals-
wunde , nach der Charite befördert sind." Nach
einer in andern Blättern erhaltenen Darstellung,
deren Glaubwürdigkeit sedoch von der Nat.-Z. in
Zweifel gezogen wird, hätte die Polizei ihren Aus-
fall ans eine im Zustand harmloser Neugierde ver-
harrende Menge gemacht. Am Mittwoch Abd. ist
! Augenbrauen und Augenwimpern fehlen ganz. Trotz alle-
dem Hai das Auge an seinem Glanz wenig eingebüßt, wie-
wohl es tief in den Augenhöhlen ruht. Beim Anblicke ihres
dürren Halses- muß man erstaunen, wie denn dieses Geschöpf
eigentlich noch leben kann. Tie fast fleijehlo'en, dünnen
Hände, die einem Kinde anzugchören scheinen, zeigen Ab-
lagerungen erstarrten und verdorbenen Blutes in den hoch
augeschwollcncn ganz blauen Adern.
Gewöhnt man sich j-doch an diese Abnormitäten, so wird
man nicht müde, die llbrpk zu betrachten, mau findet sie an-
genehm, denn sie hat an sich ein sehr gewinnendes Lächeln,
natürlich in den Momenten, wo sie keinen Unsinn spricht.
Barbara llbryk muß allein Anscheine nach, wie etz übrigens
die Nonnen bestätigen, eine sehr guimüthige, sogar edle Per-
son gewesen sein, bevor sie in ihre Krankheit verfiel. Und
zum Beweise, daß sie bis jetzt noch au jener fürchterlichen,
unheilbaren Krankheit, der Nymphomanie zu leiden scheint,
! führe ich die Thatsache an, daß sie beim Anblicke von jungen
! Männern förmlich heiter gestimmt wird und in wiederholte
! Lobes-Erhebungen über die Jugend nnd Stattlichkeit der-
selben ausbrichl, wobei in der Regel viele unzüchtige Aus-
drücke ihrem Munde entschlüpfen.
Mit Vorliebe und Sympathie begegnet sie den jungen
Aerzten, mit Wid.rwillcii und Antipathie den älteren »der
 
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