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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 99
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0402

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noch dcr Volksz. die Ruhe in Moabit nicht wieder
gestört worden. Etwa 200 junge Bursche hatten
sich Abends in der Nähe des Klosters aufgestelü,
dessen Zaun jetzt wieder vollständig erneuert ist und
dessen Eingang von einem Piket Schutzmänner be-
setzt war. Als letztere gegen 10 Uhr sich nach
Hause verfugten, gingen auch die jungen Leutchen
ruhig und still auseinander. Die Bolksz. glaubt,
daß die Skandale damit ein Ende haben.
Anstatt d.
Bern, 17. Aug. Die Tagespost schreibt
über die Frankfurter AnSweisungs-Angelegenbeit
Folgendes: „Wir haben gemeldet, daß die
preußischen Behörden diejenigen Frankfurter, welche
in letzter Zeit ein schweizerisches Bürgerrecht er-
worben haben, und von denen ermittelt ist, daß
sie es nur thateu, um der preußischen Militär-
Pflicht zu entschlüpfen, aus dem preußischen Ge-
biete ausweisen. Was sollen wir Altschweizer
dazu sagen? V»m rechtlichen Standpunkte läßt
stch nichts einwenden. Zwischen Preußen und
der Schweiz besteht nämlich kein Vertrag, der den
crsteren Staat verpflichtet, unfern Mitbürgern die
Mederlassung in seinem Gebiete zu gewähren; er
hat in dieser Beziehung freie, souveräne Hand, zu
machen, was er null, und den schweizerischen Be-
hörden steht zum Schutze ihrer Mitbürger dies-
falls keine andere Waffe zu Gebote, als die der
Reziprozität, der Repressalie, falls sie eine solche
als in ihrem Interesse liegend oder als durch die
Ehre geboten erachtet. Ist das Letztere der Fall?
Wir glauben: nein. Es liegt auf der Hand, die
preußischen Behörden bezwecken mit dieser Maß-
regel nicht im Geringsten eine Beleidigung der
Schweiz oder ihrer Bürger, wie z. B. eine solche
im Jahre 1852 von Seiten der österreichischen
Behörden in der Lombardei durch die berüchtigte
Ausweisung der Tessiner nns zngefügt wurde.
Hunderte, vielleicht Tausende von Schweizern fahren
fort, in den Preußischen Staaien unbelüstigt zu
leben, weil sie sich nicht blos als Fremde geriren,
sondern auch wirtlich Fremde sind, die größten-
theils beabsichtigen, früher oder später in ihre
Heimath zurückzukehren. Die Individuen, auf
welche jene Maßregel berechnet ist. handelten hin-
gegen inala ücks, mit dem erkauften schweizerischen
Aürgertitel in der Hand, geben sie sich für
Schweizer aus, ohne es im Herzen zu sein, ohne
je Freude und Leid mit uns theilen zu wollen.
Sie bezwecken da zu bleiben, wo sie ausgewachsen
sind und suchten die Wohlthaten des Staatsschlitzes
zu geniesten, ohne zugleich die allen übrigen Landes-
Angehörigen auferlegte Last der staatsbürgerlichen
Pflichten zu tragen. Mit Hülfe einer Geldleistung
wollten sie sich ein Vorrecht erkaufen, das der ge-
wöhnlichsten Gerechtigkeit gegen Alle ins Gesicht
schlägt nnd daher in civilisirten Ländern nicht ge-
duldet wird. Traurig genug, daß sich einige
schweizerische Gemeinden gefunden haben, welche

gar schon ergrauten Jüngern Aesculap'S, mit einem Worte
— junge Männer sind einmal ihr — leider in den ge-
gebenen Umständen — unerreichbares Ideal. Man hatte
sich anfangs der Hoffnung hingcgeben, die Ubryk werde
ihren Verstand wieder gewinnen nnd ließ sich in dieser An-
sicht vorwiegend durch den Umstand bestimmen, daß sic in
den ersten Tagen viel geordneter sprach und daS verwilderte
Wesen verlor, und man glaubte, es werde stuf.nweise immer
bester gehen; indes; waren es nur die Folgen der verän-
derten Behandlungsweise, welche sehr wohlthütig auf sic
cinwirkten.
Paris. U.ckcr den zahllosen Festgedichten, welche
die Journale zur Feier des NapolconStageS veröffentlichten,
hat namentlich ein im „Rappel" abgcdrurktes Gedicht von
Victor Hugo bedeutendes Aufsehen gemacht. Diese
neueste Leistung des Sängers von Jersey trägt den Titel
„Expiation" (Sühnung). Zuerst wird Napoleon I. auf den
Schnecfeldern Rußlands vorgeführt; er blickt zum Himmel
auf und fragt, ob die „Vergeltung" im Zuge sei. Die
Stimme einer unsichtbaren Macht autwortct: Nein! Dasselbe
Nein bei Waterloo, als die Garde, fest wie Stahl, im Feuer
d:r Engländer zu schmelzen beginnt. Etliche Strophen
schildern den Umschwung der öffentlichen Meinung, welchen
die Einkerkerung und das Leiden Napoleons I. bewirkten.

zu diesen! Bürgcrrechishaudel die Hand geboten,
haben (die schweizerische Presse hat es laut und
wiederholt getadelt), allein die Ehre der Schweiz
kann sich dabei nicht verpflichtet fühlen, und wer
bei einer schmutzigen Speculation eine Fehlrech-
nung macht, möge den Schaden an sich selber
tragen. Wie würden z. B. wir Schweizer einen
unter uns wohnenden Landsmann behandeln, der,
nm sich der heimischen Militärpflicht zu entziehen,
sein Bürgerrecht aufaübe, aber gleichwohl unter
uns sortleble nnd unter dem Schutze irgend einer
fremden Flagge, behaglich zuschaute, wie der
ärmste Handwerker und Taglöhner kostbare Arbeits-
tage und Wochen opfern muß, um auf dem Exer-
cierplatze sich herumzulummeln, indeß jener unge-
stört seinem Erwerbe nachginge, nur weil er Geld
und Gewissenlosigkeit genug besessen hatte, sich über
allen Patriotismus hinwegzusetzen? Verachten
würde die öffentliche Meinung einen solchen Mann
und wir glauben fast, es würde ihm unter nns
nicht mehr lange wohl sein. Wir meinen daher,
es bleibe nns Schweizern in der Schweiz gegenüber
den erwähnten Maßregeln nichts übrig, als passiv
znznschauen, hingegen die Ansgewiesenen, falls sie
zu uns kommen und in der That und Wahrheit
Schweizer werden wollen, mit offenen Armen em-
pfangen. Nur müssen sie dann auch an unsere
allgemeine Wehrpflicht glauben."
Florenz, 20. Aug. (Schw. M.) Jüngst
gingen Gerüchte von einer unglücklichen, verrückten
Nonne in dem Kloster der Karmeliterinncn zu
Bologna, deren Schicksal viele Ähnlichkeit mit dem
der Barbara Ubryk zu Krakau hat. Der Lärm,
den die Zeitungen erhoben, hatte zur Folge, daß
eine gerichtliche Untersuchung im Kloster statt-
fand , welche ergab, daß in diesem Kloster nicht
eine, sondern zwei solcher Unglücklichen sind. Die
erstgenannte ist eine Marchesa Guasta-Billani, deren
Verrücktheit im Jahr 1867 durch eine ärztliche
Kommission im Auftrag der Familie nachgcwiesen
wurde, die das Opfer aus ihrer Familienliste ge-
strichen, aber unter fortwährender Einsperrung im
Kloster verwahrt wissen wollte. Aus Antrag des
Staatsanwalts soll nun die Arme in eine Irren-
anstalt gebracht werden, ebenso die zweite, über
deren Namen nichts Näheres verlautet. — Zu
ImoIa wurde wieder einmal ein Mord aus poli-
tischer Rache an einem gewissen Lucio Pasini ver-
übt, welcher in dem in diesem Frühjahr vor den
dortigen Geschwornen verhandelten Prozeß gegen
politische Verschwörer erschwerende Angaben gegen
dieselben gemacht hatte. Ter Mörder schoß dem
Opfer in nächster Nähe in die Brust und zog sich
bequem mit drei Andern, die zu seiner Hilfe bereit
stunden, in eine Seitenstraße zurück, ohne daß man
ihn bisher aufgefunden hätte.
Paris, 20. Aug. Der Kaiserliche Prinz
ist gestern Abend wieder in St. Cloud eingetroffen.
Seine Ankunft hatte sich um etwa eine halbe

Als seine Todesstunde herannaht, nimmt er fein Schwert
zu sich ins Beit; der Mantel, welchen er bei Marmgo trug,
wird über ihn gebreitet; das Andenken feiner Siege leuchtet
in ihm auf; er glaubt an der Spitze feiner Legionen zu
stehen: da fällt der giftige, spürende Blick Hudson Lowes
auf dcu Sterbenden, der zum Hiimvel aufschreit: „Dies ist
die Sühnung!" „Noch nicht!" erwidert die geisterhafte
Stimme. Ten Schluß des Gedichtes bildet folgende mög-
lichst getreue Uebersetzung:
In einer Nacht — nnd Nacht ist stets in einer Gruft —
Wird er erweckt. Gespenster schwirren in der Luft,
Ihr häßlich Bild grub sich iu seines Aug's Pupille,
Gelächter vom Plafond durchbrach des Grabes Stille.
Entsetzt fährt er empor, es schwillt das Schrechzesicht,
Und eine Stimme, ihm nur zu bekannt, jetzt spricht:
„Erwache! Moskau, Waterloo und Helena,
„Dein Bann, dein Kerker, von den Fürsten fern und nah
„Gemauert, England, deinen letzten Hauch belauernd,
„War nichts. Die Züchtigung beginnt. — Dorthin blick
schauernd."

Es sollten nunmehr achtzehn Verse folgen, welche jedoch
der „Rappel" wegzulaffen für gut fand, und dre wohl erst /

.Stunde Verspäte!, weil unterwegs-ein Piston der
Lokomotive beschädigt wurde. Als sich noch der
Reparatur der Zug auf Befehl des Prinzen wieder
in Bewegung gesetzt und bereits eine Strecke Weges
gemacht hatte, bemerkte mau, daß der Gouverneur
des Prinzen, General Froissard, vergessen worden
war. Man hielt noch einmal an, nm ihn anfzn-
nehmen, und dann ging die Reise ungestört Weiler
bis nach St. Cloud.
— St. Petersburg, 17. Aug. Folgendes
Verbrechen theilt der offizielle russische „Regierungs-
Anzeiger" ans Volhynien mit: „Am 1. Mai
fand man in dem Walde des Kirchdorfes Wuiko-
witsch (im Kreis Wladimir-Wolinski) den Leichnam
des Banernknaben Afanassij Bntalei mit abgeschnit-
tener nnd abgezogener Haut. Die für diesen Fall
eingesetzte Untersnchnngskommission ermittelte: Die
Frau des Bauern Kirill Dshnss Halle diesen über-
redet, Jemanden von den Hausgenossen zu tödten,
auf diese Weise Menschenfett zu gewinnen nnd dar-
aus ein Licht zu bereiten, welches gut zum Stehlen
wäre. Dshnss lockte in Folge dessen den Knaben
Afanassij unter dem Vorwand, daß er mit ihm
Vogeleier suchen wolle, in den Wald, versetzte dem
Unglücklichen einen Schlag vor die Brust nnd zog
ihm, als er todt war, mit Hilfe seines Taschen-
messers die Haut ab. Als er mit derselben nach
Hanse gehen wollte, ergriff ihn ein jäher Schrecken,
der besonders beim Rauschen der Blätter so stark
wurde, daß er die Haut von sich schleuderte, und
nach Hanse eilte. Ans Zureden seiner Frau war
er noch zweimal in den Wald gegangen, nm da?
Fett von der Haut zu nehmen, aber immer hatte
ihn das Granen wieder nach Hause getrieben. Die
Frau des Schuldigen gestand jedoch nicht, irgend
welchen Antheil an dem Morde gehabt, ja nicht
einmal darum gewußt zu haben.
Neueste Hopfemrachrichten.
* Schwetzingen, 24. Aug. Tie Witterung
zeigt sich ziemlich veränderlich, bald warm und
sonnig, bald etwas kühl nnd windig; wir sind
übrigens in der Saison so weit vorgerückt, daß
deren Einfluß von keinem so großen Belang mehr
auf die Pflanze ist. — Aus der obern Gegend
vernehmen wir, daß die Hopfenernte bereits vielfach
begonnen hat nnd mit Eifer betrieben wird. Die
eingehcimste nnd kaum sackbare Waare wird von
den Produzenten des Brnrheins so rasch als mög-
lich loSgeschlagen nnd da immer Nachfrage für
Frühhopfen herrscht, so werden diese kleinen Pöst-
chen gerne zu den gemeldeten Preisen erlauft.
Hier wird bis nächste Woche die Pflücke beginnen.
Im Elsaß sind die Aussichten nicht viel
günstiger als früher, die Witterung ist un-
günstig, bald sehr warm, dann wieder zu kühl,
weshalb es mit dem Wachsthnm langsam vorwärts
geht.
Ans Belgien laufen Klagen über die kühle
nnd feuchte Witterung ein.

in London und Brüssel daS Licht der Welt erblicken werden.
Man murmelt und munkelt hier, das eigentliche „Chatiment"
de? alten Kaisers bestehe darin , sehen zu muffen, wie das
zweite Kaiserreich, als Parodist deS ersten im Guten, als
Nachtreter im Schlechten, die bonapartistische Tradition jam*
merlich zu Grunde richtet.
Die Schlußzeilen lauten wie folgt:
Die Vision erlosch. Des Kaisers Angstruf hallt
Weithin durch das Gewölb; er schließt das Aug und ballt
Krampfhaft die Faust; da regt sichs plötzlich an den Wänden,
Die Marmor-Siegesbilder winken mit den Händen,
Wie lauschend neigen sie sich, lüstern cs zu hören,
Wie der Titan im Grabe weinet blut'ge Zähren.
„Wer bist du, Dämon, der mich stets verfolgt, und den
„Mein Ohr gehört, jedoch mein Auge nie gesehen.
„Nenn dich!" — „So wist' es denn: ich heiße: dein
Verbrechen!"
Mit einem Licht, wie Gott sich kleidet, um zu rächen,
Erfüllte sich die Gruft, und zitternd, wie ein Knabe,
Der feiner Mutter Hand verlor, schaut ob den: Grabe
Der Cäsar Flammen zucken, die zu einem Paar
Von Worten sich vereinen, und gleich Belsazar
Liest er mit fahlem Antlitz — oh wie inhaltschwer
Der achtzehnte Brumaire!
 
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