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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 124
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0501

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Freitag, 22. Oktober 158S. Iso. 124, Dritter Jahrgang


Amts-Merkündigungsbtatt für dm Bezirk Schwetzingen.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe s-o n n t a g s b la t t. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die drcigespaltene Petitzeile oder deren Raum 3 kr.


Neueste Hopfemrachrichten.
* Schwetzingen, 21. Oet. Der hiesige
Geschäftssinn!) läßt sich mit wenigen Worten chm
rnkterisiren: Preise bei langsamem Kauf unver-
ändert. Vorräthe nur mehr unbedeutend.
Während an den baierischen Produktionsorten
flott zu langsam steigenden Preisen gekauft wird,
macht sich im Elsaß ein Stillstand bemerkbar.
Ein weiterer Beweis, wie gering in quanti-
tativer Hinsicht die diesjährige Erndte ausgefallen
ist, mag auch darin zu suchen sein, daß bis jetzt
eigentlich kein namhaftes Exportgeschäft sich ent-
wickelte und trotzdem die Preise fortwährend eine
steigende Tendenz verfolgen oder mindestens eine
feste Haltung zeigen.
** Nürnberg, 20. Oktob. Die Zufuhren
zum hiesigen Markt waren seit vergangenem Don-
nerstag nicht sehr bedeutend. Dagegen kommen
täglich bedeutende Sendungen aus Frankreich hier-
an, welche unsere Markthopsen vollständig ersetzen.
Nur an prima Hopsen ist großer Mangel und
der Preisunterschied zwischen prima und geringen
Qualitäten ist manchmal ganz enorm.
Der Umsatz in den letzten 4 Tagen betrug
wenigstens 2000 Ballen, meisten.s Franzosen und
Hollidauer.
UH. Nürnberg, 19. Okt. Seit einigen Ta-
gen haben wir lebhaftes Geschäft in Hopfen am
hiesigen Markte, jedoch ohne merkliche Preisände-
rung. Unsere Landhopfen sind namentlich sehr ge-
sucht und werden heute zu fl. 95 — 108 bezahlt.
In anderen Sorten notire ich Ihnen folgende
Preise:
Hollidauer Prima fl. 125 Secd. fl. 90 — 105
Schwetzinger „ „ 110 „ „ 80—85
Würtemberger „ „ 105 „ „ 80—85
Oesterreicher „ „ 80 „ „ 65-

Franzosen „ „ 105 „ „ 70—75
Spalter Siegelwaare nichts am Markt.
Die Stimmung ist ruhig und fest.


* Schwetzütgett, 20. Oktober. In der
fünften, öffentlichen Sitzung der Ersten Kammer
erstattete Frhr. v. Niedl den Kommisfionsbericht
über den zwischen Baden und dem Nordh. Bunde
abgeschlossenen Ntilitärfreizügigkeits-Vevirckg.
S. G. Hoh. Prinz W i l h c l m erklärt sein
vollkommenes Einverstündniß niit diesem Vertrage
und sieht darin ein neues, folgenreiches Werk,
welches die nationale Einigung und Kräftigung
nach Außen konstatire. Gleichzeitig spricht er den
Wunsch aus, daß dem Badener auch der Eintritt
in die norddeutsche Marine ermöglicht wird und
hofft, daß damit in den Süddeutschen auch die
Liebe zum Seedienst erwachen werde.
Graf v. Berlichi n g e n stimmt dem Ver-
trage ebenfalls bei, da er als Freund jeglicher
Freiheit die Erwonerung unserer politischen Ver-
hältnisse mit Freuden begrüße.
Bei der namentlichen Abstimmung wird der
Kommisfiousantrag einstimmig angenommen und
ist somit der Vertrag, nachdem er schon zuvor in
der Zweiten Kammer genehmigt wurde, von den
Landstünden gebilligt und gutgeheißen.
Hierauf stellt Geh. Rath Bluntschli
hinsichtlich des Verfahrens bei Interpellationen den
Antrag, das Haus wolle bis zur Erlassung einer-
neuen Geschäftsordnung an der bisherigen Uebung
festhalten, wonach sich jeder Interpellation eine
Debatte anreihen kann.
Für den Antrag sprechen noch mehrere Kam-
mermitglieder, worauf sich auch der Staatsminister

I des Innern Dr. Jolly vollständig mit demsel-
§ ben einverstanden erklärt.
Die Zweite Kammer beschließt in Folge viel-
fach eingegangener Petitionen die Besteuerung der,-
sogenannten Wanderlager zu erhöhen, um
den ansässigen Geschäftsleuten einigermaßen
Schutz gegen diese Art des Gewerbebetriebes zu
gewähren.

Baden.
* Schwetzingen, 21. Okt. Als die ersten
Gerüchte über den Abschluß eines Militärfreizügig-
keits-Vertrags zwischen Baden und dem Norddeut-
schen Bunde die Runde durch die Tagesblätter
machten, da wollte die ultramontane und demo-
kratische Presse beinahe in Wuthkräinpfe ver-
fallen !
Die schwärzesten Befürchtungen wurden lallt,
Mord und Todtschlag im Großen prophezeit, die
Einmischung des Auslandes in Aussicht gestellt —
wo möglich sogar angerufen lind jetzt — wozu
war der Spektakel? !
Unsere Regierung geht, ohne sich durch das
Partheigetriebe ihrer Gegner irre führen zu lassen,
mit Ruhe und Festigkeit dem Ziele, welches uns
zur nationalen Einigung führt, entgegen, und
trotzdem, wo bleibt jetzt der Einspruch des Aus-
landes, den man von gewisser Seite als unaus-
bleiblich in die Welt hinausschrie?
Nur Angstmenschen oder prinzipielle Gegner
unseres Regierungssystemes konnten und wollten
Gefahren hinter einem Schritte wittern, der eine
rein deutsche, innere Angelegenheit betrifft, ohne
dabei zu bedenken, daß sie damit das Deutschland
nach 1866 eines AbhängigkeitZverhältnisses zeihen,
das uns zur Schmach gereichen würde, bestünde
es in Wirklichkeit.

Ein Hcxenprocek.
Nach gerichtlichen Actenstücken rnitgetheilt von
Wilhelm Scheifstg.
In einem Torfe am Rhein lebte um die Mitte des
siebzehnten Jahrhunderts ein wohlhabender Bauer, Namens
Veit Pratzer, welcher wegen seiner witzigen, drolligen Ein-
fälle und seiner immerwährend frohen Laune bekannt war.
Wo ein Hochzeitschmaus oder sonstige Festlichkeit abgehalten
wurde, da wurde auch Pratzer eingeladen, denn man wußte
im Voraus, daß er die versammelten Gäste durch seinen
Humor in die heiterste Stimmung versetzen werde.
Pratzer war aber nicht bloß ein lustiger, sondern auch
ein großer, mit ziemlicher Körperkrast begabter Mann, und
da er aus den Naufhändeln, in die er dann und wann ver-
wickelt wurde, meist als,Sieger hervorging, so entstand bei
den abergläubischen Dorfbewohnern das Gerücht, er sei ein
Mann, der sich „fest machen" könnte. Er ließ die Leute
bei diesem Glauben, denn er hatte keinen Nachtheil davon,
im Gegentheil fürchtete man ihn, und wenn es Streit und
Unfrieden gab, so bedurfte es nur eines Wortes von ihm
und die Ruhe war wieder hergestellt.

Wie es zu gehen pflegt, daß ein Gerücht das andere
erzeugt, Furcht und Neid die Sachen vergrößern, so ging
es auch dem Veit Pratzer. Während man früher bloß von
ihm sagte, daß er sich fest machen könne, behaupteten dieje-
nigen, welche ihm entweder an Stärke nachstnnden oder seinen
wohlgeordneten Hausstand mißgönnten, er sei ein vollstän-
diger Hexenmeister. Pratzer nahm dieses ihm zu Ohren
gekommene Gerücht von der lustigen Seite und stand nicht
an, seine Scherze darüber zu machen. Ja, als man ihn
einst fragte, ob es denn wahr sei, daß er Mäuse machen
könne, bejahte er es nicht nur, sondern versprach auch zur
nächsten Kirchweih in der Schenke eine öffentliche Vorstellung
seiner Zauberkunst zu geben.
Das Kirchweihfest war gekommen. Es galt nun Wort
zu halten. Jung und Alt im Dorfe versammelte sich Abends
zur bestimmten Stunde in einem Zimmer der Dorsschcnke,
um sich durch den Augenschein von Pratzer's Zauberkünsten
zu überzeugen. Pratzer erschien und zwar mit einem großen
Sacke, der in der Mitte durchnähi war und folglich zwei
Oefsnungen hatte. Die eine Seite des Sackes war leer,
in der andern hatte er einige zwanzig lebendige Mäuse ver-
borgen. Bringt mir nun — rief er, auf dem Tische stehend
— 24 kleine Kieselsteine und werft sie mir hier in den
leeren Sack hinein. Dies geschah, und als er sich hieraus

schnell auf dem Tische umgedreht und einige für die Ver-
sammelten unverständliche Worte gemurmelt hatte, öffnete
er die andere Seite des Sackes und ließ seine eingesperrten
Mäuse heraus, welche nun schnell von dem Tische herab
und im Zimmer umher liefen. Der Erfolg dieser Scene
war aber ein ganz anderer, als er erwartet hatte. Das
im Aberglauben befangene Volk sah dies für wirkliche Teu-
felskunst an und verließ den Ort so eiligst, daß Pratzern
keine Zeit blieb, es über das so eben Geschehene aufzuklüren.
Alles Böse was geschehen war, Hagelschaden, Blitz und Don-
ner — Alles mußte der unglückliche Pratzer verschuldet
haben.
Man hatte nicht verabsäumt, dem Gerichte von dem
Vorgänge in der Dorsschcnke Anzeige zu machen. Noch in
derselben Nacht kam der Amtmann mit den Gerichtsdienern
um den „Hexenveitl" zu verhaften. Sie unterließen nicht
den Verhafteten „kreuzweis zu schließen und auf dem Wagen
dergestalt zu befestigen, daß gedachter Hexenveitl mit keinem
Fuße die Erde betreten konnte." Der Amtmann zeigte der
Vorgesetzten Behörde hierauf an: „Sogleich nach erhaltenem
Befehl habe ich mich mit Anhandnehmung vierer Gerichts-
diener Freitag Nachts 11 Uhr auf den Einödhof, wo der
sogenannte Hexenveitl wohnt, begeben. Alldort hat man
denselben hinter dem Ofen auf der sogenannten Lader liegend
 
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