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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 52
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0213

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Mittwoch, 5. Mai 1869.

>0. 52

Dritter Jahrgang.

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für die Bcmkc Schwetzingen und Philippsburg.
Verkündigungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Grgan der badischen Sopfenproducenten
(unter Koutrole der landwirtschaftlichen Bczirksdirektio n Schwetzingen stehend).

Erscheint Sonntag,
Mittwoch und
Freitag.
Alle PostanstaUen und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.

Wochenblatt

Tagesübersicht.
Schwetzingen, 3. Mai.
Der bayerische Landtag ist vorige
Woche durch einen Prinzen des königl. Hauses, in
h-rkominlicher feierlicher Weise geschlossen worden.
Hinsichtlich des zur Vorlage gekommenen Schulge-
setzes spricht sich der Landtagsabschied folgender-
maßen aus: „Nur Unser Bestreben, das Schul-
wesen aus freisinniger Grundlage gesetzlich zu regeln
und damit die Entwicklung Unseres Volkes durch
Erhöhung und Sicherung seiner Bildung zu be-
fördern, ist zu Unserem Bedauern von einem glück-
lichen Erfolg nicht begleitet gewesen."
Gras Bismarck ist ein Teufelsbraten und wo
etwas los ist, da wittert man seine Hand im
Spiele; wir erinnern nur an den Conflikt zwischen
Griechenland und der Türkei, an die spanische Er-
hebung und die belgisch-französische Eisenbahnaffaire,
wo überall dieser ominöse Bismarck mit unter der
Decke stecken mußte. Neuerdings sucht auch die
franz. Presse ganz besondere Dinge hinter der Ent-
scheidung Preußens für die St. Gotthardbahn,
welche wieder nur das Werk Bismarcks sein, die
Sicherheit Frankreichs und Oesterreichs, sowie die
Unabhängigkeit der Schweiz gefährden soll.
Die östreichische Regierung welche Preußen
durch die Veröffentlichung und Entstellung einer
Chiffredepesche Verlegenheiten bereiten wollte, hat
sich damit — wie man im gewöhnlichen Leben
sagt — ungeheuer blamirt und muß sich um ihrer
Taktlosigkeit willen von österreichischen und andern
Blättern die schönsten Dinge ins Gesicht sagen
lassen.
Im österreichischen Abgeordnetenhause wurde
das neue Schulgesetz, wie schon gemeldet, angenom-
men. Die Debatten waren sehr erregt. Die
Ultramontanen sträubten sich, wie allerwärts, so
auch hier mit Händen und Füßen gegen die An-

nahme der durchgreifenden und freisinnigen Reform
des Schulwesens. Ein ultram. Heißsporn (Profess.
Greuter) fand, daß der österr. dem bad. Gcsetzes-
entwurfe nachacbildet sei. Wie es seither um das
Schulwesen in Kärnten, Krain und Dalmatien aus-
sah, ist kaum glaublich.
Eardiual Rauscher soll den Versuch gemacht
haben die päpstliche Curie mit der neuen Gesetz-
gebung in Oesterreich zu versöhnen, doch hat sich
dieser Schritt als eitel Mühe erwiesen.
Das ö k u m e n i s ch c Konzil, welches die
gestimmte Christenheit wieder in den Schoos; der
katholischen Kirche znrückführen soll, rückt näher.
Um sich mit den Kirchenfürsten über die aufzu-
stellenden Dogmen zu einigen, hat der Papst Car-
dinäle aus allen Nationen berufen.
Am 20. und 24. Mai beginnen in Frankreich
die Wahlen für den gesetzgebenden Körper, welche
wahrscheinlich in nächster Zeit die Aufmerksamkeit
des franz. Volkes ausschließlich in Anspruch nehmen
„Ein König der schon dem Staate gedient und
gute Zeugnisse aufzuweisen hat, findet sogleich ein
passendes Unterkommen. Nur solche die mit guten
Zeugnissen versehen sind, wollen sich melden." So
wird bald eine Anzeige der spanischen Monarchi-
sten lauten und es wird schwer halten, bis der
Posten, der seinen Mann sonst doch nähren soll,
besetzt ist. Immer noch sucht man einen passenden
Thronkandidaten, durchblüttert den gothaischen Hof-
kalender und — kann trotzdem keinen passenden
finden.
In Dublin haben Straßentumulte stattge-
funden. „Das Militär stellte gegen Mitternacht
die Ruhe wieder her." So lautet der lakonische Be-
richt.
Die leidige Alabama-Angelegenheit zwischen
England und der amerikan. Union nimmt allmäh-
lig bestimmtere Umrisse an. England soll zu Kreuze
kriechen, wenn nicht freiwillig so wird die ameri-

kanische Republik mit ihren Forderungen
Herausrücken und Grant ist nicht der Mann/der
mit sich spassen läßt. Die Vergeltung hinkt lang-
sam aber sicher nach.
Die Freisprechung des Hrn. Erzbisthumsver-
weser Dr. Lothar Kübel von der Verweisung vor
die Anklagekammer zu Freiburg findet in den
Tagesblättern je nach deren Standpunkt die ver-
schiedenartigste Bcnrtheilung.
Jedenfalls muß die ultramontane Partei zu-
geben, daß es um die Verfassung des „bestregier-
ten Staates diesseits des Oceans" — wie sie
Baden in ihrem unübertrefflichen Galgenhumor
nennt — nicht so schlecht steht, wie sie den Leuten
immer weiß machen will!
Eine Bemäckelung des Urtheils ist in jeder
Hinsicht unwürdig. Freuen wir uns, daß unsere
Gerichtshöfe in Wahrheit das sind, was die ultram.
Partei „den Fels in Mannheim" nannte!
Baden.
Mannheim, 1. Mai. Man versichert uns,
das Oberhofgericht habe bei Gr. Justizministerinin
den Antrag auf Einleitung einer disziplinarischen
Untersuchung gestellt, um zu ermitteln, wie es ge-
schehen konnte, daß mehrere Tage vor der Ver-
kündigung des Erkenntnisses in Sachen Kübel-
Stromeyer der „Freiburger Bote" bestimmte
Nachricht von dessen Inhalt haben konnte.
(Mannh. Abendztg.)
Deutschland.
Stuttgart, 30. April. Von Seiten der
demokratischen Partei wird die Regierung beschul-
digt, die Wiederberufung der Stände absichtlich zn
verzögern, um die unliebsame Revision der Ver-
fassung so lange als möglich hinauszuschieben. Die
Negierung hat hierauf einfach geantwortet, indem
sie nachwies, datz die Ausschüsse die Vorlage noch

Erlebnisse eines Deutschen in Indien.
(Fortsetzung.)
Ich dachte es wohl," seufzte Herr de L . . . ., „o,
mein Gott, schon wieder!" Bei diesen Worten faßte er
krampfhaft meinen Arm und zog mich mit sich fort durch
den Garten und nach dem eisernen Gitter vor seiner Woh-
nung. Vollständig willenlos ließ ich mich leiten, ein
Conglomcrat der widersprechendsten Gefühle und Gedanken
hatte mich erfaßt, vergebens suchte ich nach Licht in diesem
Chaos, de L . . . . öffnete die Gitterthür und wir wandten,
schweigend neben einander hergehend, unsere Schritte nach
Weltcvreden und dem Königsplatz zu. Der Mond warf
fein bleiches Licht über den großen, schönen und stillen Platz,
scharf zeichneten sich in der Ferne die dunkelen Conturcn
von Buitenzorg's Bergen gegen den sternbesäeten saphir-
blauen, klaren indischen Himmel ab; — eS war eine herr-
liche Nacht, Alles athmetc Frieden und Ruhe, nur bei den
beiden Wanderern waren dieselben, irotz des Schweigens,
nicht eingczogcn. Die Brust meines Freundes hob und
senkte sich sichtbar, cs tobte darin ein gewaltiger Sturm,
davon war ich überzeugt; aber auch in meinem Inneren
war es nicht ruhig, das räthselhafte Benehmen des Freun-

des, die Brutalität und Grausamkeit seiner Gattin der
jungen, reizenden Sclavin gegenüber, der Letzteren Leiden
und resignirtes Dulden bildeten in mir ein solches Gemisch
aufregender Gefühle, daß ich, von unserer schweigsamen
Promenade heimgckehrt, nicht die Ruhe fand, um mit Er-
folg auf erquickenden Schlaf rechnen zu können, obgleich ich
körperlich ermüdet und abgespannt war.
Das lockende Bett mit feinem Gazcvorhang znm
Schutze gegen die Moskitos blieb unberührt. Ich warf mich
auf einen Schaukelstuhl, nahm ein Buch und wollte durch
Lesen meinen Gedanken eine andere Richtung geben. Ver-
gebliches Bemühen, — kaum hatte ich angefangen, in einer
der neu erschienenen flämischen Erzählungen von ConScicnce
zu blättern, als aus dem, nur durch eine leichte Wand von
meinem Zimmer getrennten Boudoir der Frau de L . . . -
ein schmerzliches Wciucu vernehmbar wurde; — dasselbe
rührte unverkennbar nur von ihr her und dadurch bestätigte
sich meine Vcrmuthung noch mehr, daß das Ehepaar nicht
glücklich mit einander lebte. Ruhe und Schlaf konnte ich
nun doch hier nicht finden; ich zündete eine Manilla Ci-
garre an nnd begab mich nach der einsamen Veranda, um
hier in der balsamischen, reinen Nachtluft ungestört meinen
Gedanken nachhängcn zu können.
Noch hatte ich die Veranda nicht betreten, als ich,

begünstigt durch das Lichi des Mondes, während ich selbst
mich im Schatten befand, in der äußersten Ecke meinen
Freund erkannte, die sylphenartige Gestalt der weißgekleide-
ten, schönen sechszehnjährigen Sclavin, Mutiava, von seinen
Armen umschlungen, an seiner Brust lehnend. Auf diese,
bei dem mir bekannten Charakter des Herrn de L . . . .
nie geahnte Weise löste sich also das Näthscl; die sündhafte
Liebe zur reizenden Sklavin war das Motiv zum Unglück
der Ehe und zur sonst nicht zu rechtfertigenden Handlungs-
weise der gekränkten Gattin! Wie viel hatte ich ihr im
Herzen cibznbitten, wie tief sank der Freund in meinen
Augen nnd welch widerstreitende Gefühle bemächtigten sich
meiner? Wie sestgcbannt blieb ich auf meinem dunkele»
Fleck stehen, ich kämpfte mit mir, ob ich gehen oder das
flüsternde Gespräch der Liebenden belauschen — behorchen —
sollte. Behorchen? mir sonst so widernatürlich, ich hasse
cs, und doch glaubte ich hier entschuldigt zu sein,, ja mir
schien cs, als erfüllte ich eine Pflicht der Freundschaft, der
empfangenen gastlichen Aufnaknne, wenn ich klar, vollständig
klar das Verhältnis; durchschaute, um möglicherweise den
Freund znr Erkenntniß zu führen, zur Umkehr zu vermögen
und so als Stifter deS häuslichen Friedens nnd der Zu-
friedenheit mitznwirlcn, — ich blieb. Fast kein Wort des
Dialogs der Liebenden ging mir verloren. „Ach, Herr,"
 
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