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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 79
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0321

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Amts-Aerkttttdigungsökatt für den Bezirk Schwetzingen.
Badische H o p s e n) ei 1 n n g.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. — Alle Pastanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 1L kr.
Anzeigen, die drcigespaltene Petitzeile oder deren Raum 3 kr.

Baden.
* Schwetzingen, 8. Juli. Die Ergän-
zungswahlen für unsere Lundstüude werden voraus-
sichtlich wieder frische Bewegung in das Parteileben
unseres Landes bringen.
Die unermüdlichen Häupter unserer Ultramon-
tanen, welche ihre Leute am Schnürchen haben,
werden bereits wissen über welche Mittel sie ver-
fügen können. Weniger gerüstet, aber vollauf in
der Organisation begriffen, zeigt sich die national-
liberale Partei, welche den Kamps mit zwei Geg-
nern zu bestehen hat. — Auch die Demokratie
gibt endlich wieder einmal ein Lebenszeichen von
sich, indem der provisorische Ausschuß der Wahl-
resormliga seine Gesinnungsgenossen anffordert ihre
Thätigteit zu entfalten und alles aufznbieteu, um
Vertreter demokratischer Prinzipieen in die Kammer
zu bringen.
Im klebrigen geht alles so ziemlich seinen ge-
wohnten Gang; die ultramontane Presse fahrt fort
die Adressen zu verzeichnen, welche um Auflösung
der Kammer bitten und ebenso bringt sie Schilde-
rungen unserer „Constitutionellen Zustände" die
dann regelmäßig in der nächsten Nummer wider-
rufen oder als Entstellung bezeichnet werden müssen.
Die demokratischen Blätter dagegen schimpfen
fortwährend höchst volksthümlich über die „Bis-
märcker" und es ist nur sonderbar, wie eine Par-
tei, die j e d e r — auch der entgegengesetzten —
Meinung Berechtigung zuzugestehen vorgibt, vor
der Verdächtigung ihres politischen Gegners nicht
zurückscheut.
Möglicher Weise findet, — um bei den kommen-
den Landtagswahlen mit allem Nachdruck auftreten
zu können — eine Verschmelzung der Demokratie
mit den Ultramontanen unter der Firma „Volks-
partei" statt, da man in beiden Lagern so lebhaft
den Mißgriff bedauert, der durch die Organisation
einer sog. „katholische n" Volkspartei begangen
rind wodurch eine Scheidewand zwischen der De-
mokratie und dem Ultramontanismus errichtet
wurde, die man jetzt gerne beseitigen möchte.
Deutschland.
Stuttgart, 1. Juli. Da cs sonst im Lande
Würtemberg Sitte ist, daß so oft wieder ein paar
Meilen Eisenbahnstrecke eröffnet werden und die
Lokomotive ein weiteres Landstüdtcheu erreicht, die
willkommene Gelegenheit zur Feier eines Festes mit
Böllern. Jungfrauen, Transparenten, Festeste»,
Tischreden der Minister n. s. w. nicht versäumt
wird, so ist es doppelt ausgefallen, daß die Eröff-
nung der Bahn in's Hohenzollernsche ohne Sang
und Klang vor sich gegangen ist. Bei der offiziellen
Eröffnungsfahrt, zn der auf preußischer Seite die
Spitzen der Verwaltung, der Präsident mit seinen
Rathen u. s. w. geladen waren, nahmen von würtem-
bergischer Seite nur einige Subalternbeamte Theil.
Die „Schwäb. Volksztg." vermntbet, daß diese
Taktlosigkeit darin ihren Grnnd hat. weil die
würtembergische Regierung einen freundnachbarlichen
Verkehr der beiderseitigen Beamten fürchtet. Man
wollte vielleicht auch Erinnerungen an 1866, wo

die Würtemberger kurze Zeit Hohenzollern „erobert"
hatten, vermeiden.
Littduu, 3. Juli. In der letzten Zeit sind
hier über Chur kommend sehr viele Deusche dnrch-
passirt, die, in den Fremdenkorps der päpstlichen
Armee bisher dienend, jecht nach beendeter Kapitu-
lation in ihre Heimath zurückkehren. Wir haben
uns mit manchen dieser Leute umständlich unter-
halten, nnd einstimmig bestätigten ihre Mittheilun-
gen die alte Erfahrung, wie Unrecht der Deutsche
thut lind welchen bitteren Enttäuschungen er stets
ausgesetzt sein wird, wenn er als ein Landsknecht
und Söldner in fremde Militärdienste tritt. Ohne
Ausnahme klagten diese aus Rom jetzt Znrückkeh-
reuden auf das bitterste über die Zustände, welche
im römiscken Militär herrschen und wie nament-
lich der Deutsche von vielen Franzosen im päpst-
lichen Heere hochmüthig behandelt und über die
Achsel angesehen, von den Italienern aber aus
das heftigste gehaßt werde. Wie lins hier ver-
sichert ward, hat der Zuzug von Deutschen für
die römischen Fremdenkorps tn letzter Zeit fast
gänzlich aufgehört und es will so leicht Niemand
sich mehr anwerben lassen. Auch sollen sonst Der-
sertionen und Krankheiten die Reihen der Frem-
denkorps so lichten, daß ihr Bestand immer mehr
abnimmt; Franzosen, Belgier und Irländer bilden
jetzt die Mehrheit dieser Corps.
Berlin, 5. Juli. Heute Vormittag began-
nen die Verhandlungen im Zastrow'schen Prozesse.
Es fungiren als Vorsitzender des Gerichtshofes der
Stadtgerichtsdirektor Delius, als Ankläger der
Staatsanwalt Henke und als vom Angeklagten ge-
wühlter Vertheidiger der Rechtsanwalt Holthoff.
(Der Ofsieial-Vertheidiger Rechtsanwalt Hirsemen-
zel ist unter Znstimmnng des Angeklagten beur-
laubt.) Der Antrag des Vertheidigers Holthoff
ans Zuziehung der Professoren Limann, Skerzeczka
lind Mayer, letzterer von der Göttinger Irrenan-
stalt), lim die Zurechnungsfähigkeit des Angeklag-
ten zur Zeit des Verbrechens zu constatiren, wird
vom Gerichtshof abgelehnt. Hierauf erfolgt Ver-
lesung der Anklage nnd das Jnqnisitorium. Der
Angeklagte erklärt sich des Verbrechens widernatür-
licher Unzucht und Mordes für nicht schuldig Der
Proceß wurde schließlich auf unbestimmte Zeit ver-
tagt und soll vor der Wiederaufnahme der Ver-
handlung das Gutachten der Sachverständigen über
die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Zeil
der Ausführung seines Prozesses eingeholt werden.
Oestreichische M o n a rch i e.
Wien, 3. Juli. Aus Linz wird ein hüb-
sches Stückchen ultramontaner Censur gemeldet.
Professor Dr. Eckhardt, welcher dort unter> allge-
meinem Beifall seine Wandervortrüge hält, hatte
die Bosheit, das Programm seilles zweiten Vor-
trages, „Luther lind Loyola" , dem klerikalen
„Voiksboten" zur Jnserirung zu übersenden. Der
betreffende Expeditor nahm die Annonce an, ließ
sich dafür zahlen, und sendete sie in die Druckerei,
ivo sie gesetzt wurde. Ein Bürstenabzug davon
siel dem Redakteur des Blattes, dun geistlichen Rath
Herrn Michael Dö.r in die Hände, welcher außer

sich gerieth, als er den Mißgriff des Beamten be-
merkte. Das Inserat wurde gleich unterdrückt und
der Text desselben dem Dr. Eckhard mit dem Be-
merken „bei der Tendenz des Volksboten nicht an-
nehmbar" zurückgesendet. Ob der fromme Herr
den Setzkasten, an welchem das Inserat gesetzt
worden, exorcisirte, weiß man nicht.
Prag, 2. Juli. Eine czechische Massenpeti-
tion wird an das ökumenische Konzil vorbereitet.
Dieselbe verlangt die Revision von Huß' Prozeß
„aus juristischen nnd politischen Gründen." —
Der „Prokrok" befürwortet die Revision des Pro-
zesses voll Jshannes Huß am ökumenischen Konzile.
Nach der päpstlichen Bulle »in eosrm äoruini«
Hütten Ketzer Huf; vernrtheilt.
2l it s l a n d.
Bern, 5 Juli Die Bundesversammlung ist
heute Vormittag um 10 Uhr eröffnet worden. Der
Nationalrath wurde ohne, der Slünderath mit einer
Rede des Präsidenten eröffnet. Derselbe berührte
darin die Alpenbahnfrage und warnte den Bund
vor jeder Begünstigung des einen oder anderen
Alpenbahnprojcctes.
Paris, 3. Juli. In der gestrigen Sitzung
des gesetzgebenden Körpers kam es zum crstenmaie
in der neuen Session zu einem heftigen Zusam-
menstöße zwischen der Opposition und der Majo-
rität. Es handelte sich um die Wahl eines Hrn.
Durand in dem Pyrenäen-Departement, die von
der Kommission gutgeheißen worden, weil man kei-
nen Protest gegen dieselbe eingereicht hatte. Da
erhob sich Jules Simon, um die Rechtmässigkeit
dieser Wahl zu bestreiten und, auf eine Reihe ihm
zngegangener Aktenstücke Bezug nehmend, die Be-
anstandung zn beantragen. Die Majorität wider-
setzte sich aber heftig und forderte den Antragstel-
ler auf, sofort Kenntniß von den Umstünden zu
geben, die ihm die Wahl des Hrn. Durand als
illegal erscheinen ließen. Das hieß aber erst recht
Oel ins Fener gießen; denn nun ging Simon
mit einer Heftigkeit vor und brachte Dinge über
Wahlkorruption zum Vorschein, die man im In-
teresse des allgemeinen Stimmrechts besser bei ver-
schlossenen Thüren und unter Ausschluß der Oef-
fcntlichkeit in der betreffenden Kommission verhan-
delt Hütte. Die Behörden, vom Maire bis zum
Gendarmen nnd Feldhüter herab, hatten nicht al-
lein alle mögliche Propaganda für den offiz. Kandi-
daten gemacht, sondern zu den merkwürdigsten Dre-
hungen ihre Zuflucht genommen und versucht, die
Bevölkerungen dadurch einzuschüchtern, daß sie die-
selbe an 1851 erinnerten (wo ungefähr 800
Personen des Wahlbezirks ohne Urtheilsspruch de-
portirt wurden), und ihnen angedentei, daß, wenn
Emanuel Arago gewühlt werde, wieder Deporta-
tionen Statt finden würden. Nachdem Justin Du-
rand sich gegen Jules Simon's Angriff ziemlich
schlecht vertheidigt hatte, beguemte sich die Majo-
rität schließlich doch, die Wahlakten an die Kom-
mission zurückzuweisen. Voraussichtlich wird düse
nun die Ungültigkeit des Mandats beantragen.
London, 3. Juli. Das Oberhaus flickt so
emsig an der irischen Kirchenvorlage herum, daß
 
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