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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 54
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0221

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Sonntag, d. Mai 1809.

Dritter Jahrgang.

Erscheint s o n nt ag ,
Mittwoch und
Freitag.
Alle Postanstalten und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.

eh- Tagcsühcrsicht.
Schwetzingen, 7. Mai.
Die Versammlung deutscher Protest a n-
t e n in Worms wird Ende Mai zusammen treten
und soll großartige Dimensionen annehmcn.
Zum geschältsührenden Ausschuß zählen: vr.
Bluuischli, Or. Scheilkel, vr. Zittel u^ a. m. aus
Heidelberg, aus Mannheim Psarrer Lchellenbcrg.
Die Verhandlungen siuden in der Hauptkirche zu
Worats stalt.
Die D i a t e n l o s i g k e i t der Reichstagsmit-
glieder ist jetzt beseitigt, der Antrag Waldecks
auf Diateug e w ü h r li u g angenommen.
Der lauenburgische Landtag hat eine Kommis-
sion niedergesetzt, welche mit Preußen wegen Ein-
verleibung des Herzogtbnms Lanenburg
in Unterhandlung treten soll. Recht nett. Da fliegt
so ein Lüudchen wie eine gebratene Taube dem
deutschen Großstaat in den Mnnd hinein.
Pastor Knack der große Orthodoxe, hat jetzt
die Offensive ergriffen und verlangt, daß die frei-
sinnigen Geistlichen von der Stimmberechtigung
auf oeu Krcissynodeu allsgeschlossen werden. In
Preußen scheint die Kuackcrei gut zu gedeihen!
Die Gräfin Hatzfeld, die intime Freundin
Lassalle's scheint in seinem Geiste eifrig weiter zu
wirkeil. Wegen der Gladbacher Vorgänge wurde
sie vor den Justruktiousrichter zu Düsseldorf citirt.
ReihstagSabgeordneter Mende ist der Haft be-
reits entlassen.
Aus Oesterreich sind wieder einmal erbauliche
Dinge zu berichten. Zwanzig Mi Ilion eil
Gulden, welche von Offizieren als Heirathskautio-
nen hinterlegt wurden, sind schon seit dem Jahr
1859 verschwunden-zu Staatszwe cke n
verausgabt! Die Gesuche pensionirter Offiziere
um Rückzahlung der Kautionen sind daher abschläg-
lich beschieden worden. Die Zinsen wurden seit-

her stets richtig bezahlt, woher sie kamen weiß
inan nicht! Eine nette Illustration zur vormaligen
osterr. Finanzwirthsrhaft.
Der „Pesther Lloyd" das einflußreichste Blatt
der herrschenden Partei in Ungarn spricht sich da-
hin aus, daß Ungarn diedentschen Einheit s-
bcstrebungen gewähren lassen werde, in welcher
Form sie sich auch äußern mögen. Mit andern
Worten heißt das: wir werden zn verhindern
wissen, daß Oesterreich sich in Allianzen einläßt,
welche gegen Dentschland gerichtet sind. Seit Un-
garn der Schwerpunkt des Kaiserstaates ist, kann
es eine solche Sprache recht wohl führen und sie
steht ihm anch gar nicht übel an.
Eil gl and sieht möglicherweise einem Konflikt
mit Spanien entgegen, wenn es sich bestätigt, daß ein
amer k. Schiff durch Spanien in brittischen Gewässern
weggenommen wurde. — Den „rebellischeil" Bür-
germeister von Cork will mau absetzen, was kaum
ohne weitere ernstliche Ereesse abgehen wird.

B ade n.
^Schwetzingen, 7. Mai. Der „Schw.M."
läßt sich von Karlsruhe auS schreiben:
„Der landständische Ausschuß hat sich nach acht-
tägiger Pause, während welcher durch zwei seiner
Mitglieder die Berichte bearbeitet wurden, heute
wieder versammelt. Die Geschäfte werden heute
oder morgen beendet sein. -— Die Pfingstversamm-
lungen für allgemeines Stimmrecht sind in Aus-
sicht gestellt. Am rührigsten zeigen sich, wie zn
erwarten war, die Ultramontanen als sog. katholi-
sche Volkpartei ; sie halten s hon nächsten Sonntag
in Bruchsal eine Versammlung; Freiheit der
Kirche, Umgestaltung der nationalen Politik, Aen-
dernug des Heerwesens, nochmalige Revision des
Preß- und Schulgesetzes, Steuerverminderung,
auderweite Organisation der Justiz /u. s. w. stehen
auf der Fahne. ES ist uunöthig, das Programm

vorerst zu prüfen, so merkwürdig es auch an sich
erscheint, daß die Herren vom Syllabns und der
Encyklika auf Freiheit lossteuern wollen. Siegt
die Partei, so begnügt sie sich sicher nicht mit
halben Werken, wie ihre Gegner, sonder sie stülpt
den ganzen Staat nach ihrem Sinne um, so weil
sic kann."
Darin hat der -- Korrespondent des Schw.
VA unzweifelhaft Recht, daß, wenn die ultramou-
tane Partei den Sieg davon trägt, die Dinge
bei nnS auf den Kopf gestellt werden. Trotzdem
sich dieselbe in der Minderheit befindet, ist die
Disciplin ihrer Anhänger, die Einigkeit und Ener-
gie ihrer Führer eine äußerst gefährliche Waffe
für ihre Gegner, die ja nicht zu leicht angeschlagen
werden darf. Die Liberalen werden sich endlich
anfzuraffen haben, um ihren Gegnern die Stirne
zu bieten, sonst erleben wir im Lande Baden eine
Wandlung, die später Zn den merkwürdigsten Vor-
kommnissen gezählt werden könnte, welche je im
Ltaatslebeu dagcwcsen sind. Ein Sieg der Ul-
tramontanen ist nur dann möglich, wenn die libe-
rale Partei stumpfsinnig und mattherzig genug
wäre, ohne einen ernsten Kampf das Feld zu
räumen ! Darum ergeht jetzt auch im liberalen Lager
der Mahnruf: Schließt die Glieder!
Dentschland.
Meiningen, 3. Mai. Ein treffliches Bild
der staatlichen Zerfahrenheit Deutschlands unter
dem Bundestag selig, einer Zerfahrenheit, welche
noch zum Theil in die neueste Epoche herein ragt,
gibt nachstehende Mittheiluug der Bad. Ldztg:
„Das dem Hrn. v. Stein-Kochberg gehörige
Rittergut Großkochberg, in der Sachsen-Meiningen-
schen Enklave Kranichfeld liebst Umgegend liegend,
ragt in drei verschiedene Reiche hinein. Die ein-
zelnen Theile dieses Gutes stehen unter verschiede-
nen Hypothekeuänitern verschiedener Staaten, zwei
Münzgebiete, das des Thalers und des Guldens,

Erlebnisse eines Deutschen in Indien.
(Fortsetzung.)
In dem Kiosk dachte ich ungestört eine Stunde ruhen
und verträumen zu können; ich trat ein und war nicht wenig
überrascht auf einer Chaise longne, halb liegend, Madame
de L. . . . in elegantester Morgentoilette, wie sie von den,
indischen Tamen getragen wird, im Sarong und Kabaya
bestehend, anzutreffen. Ohne unartig zu erscheinen, konnte
ich mich ohne Weiteres nicht zurückziehen.
Schon früher habe ich bemerkt, daß, wenn auch Frau
de L. . . . nicht mehr ganz auf die erste Jugendblüthe An-
spruch machen konnte, sic dennoch den Namen einer schönen
Frau verdiente. Die kleidende Toilette, die Theilnahmc an
ihrem häuslichen Ung mach, daS Unrecht, welches ich ihr
über daS Benehmen der Salavin gegenüber im Herzen zn-
gefügt, ihre Blässe, die Thräncnspureu in den schönen dun-
keln Augen, der leidende und kummervolle Ausdruck ihrer
Züge steigerten nicht nur mein Interesse für sie bei dieser
unerwarteten Zusammenkunft, sondern ließen sie mir auch
so reizend erscheinen, daß ich unwillkürlich der Worte Carlos
gedachte: „Beim wunderbaren Gott, das Weib ist schön!"
Aber meine Verlegenheit, die uns Seemänner schönen

Frauen g geuübcr so leicht anwandclt, weil wir ja nur
selten dieses GlückeS thcilhastig werden, war nicht gering.
Stammelnd und wahrscheinlich nett wenig salonfähiger Hal-
tung brachte ich die Worte hervor: „Verzeihung, Madame,
wenn ich Sie, ohne Absicht, gestört." Mit einem aufmun-
tcrndeu Lächeln und einer Freundlichkeit, wie ich dieselbe
bei ihr bisher noch nicht wahrgenommen, erwiderte sie:
.Ihr zufälliges Erscheinen ist mir sebr erfreulich, bitte,
nehmen Sic Platz." Auf einem der eleganten japanischen
Matteustühle setzte ich mich ihr zur Seite. Durch das ge-
öffnete Fenster schweifte der Blick über den klaren Fluß auf
die entzückend schone Landschaft jenseits desselben; die durch
das Laub der sie umgebenden Baumgruppen hervorleuchtcn-
den indischen KampongS, überragt von schlanken CoeoSpal-
men, die wogenden Reis- und Maisfeldcr; im Hintergrund
die allmählig aufsieigende Bergkette, in der Belench »ng und
im Tust der Morgcnsonne, der Fluß selbst mit seiner le-
benden, bunten Staffage, zur Seite einer schönen und geist-
reichen Frau; wo blieb da die Prosa des Alltagslebens? —
Auch Madame schien die für sic so aufregenden Sccnen detz
vorhergehenden TageS und der Nacht vergessen zu haben;
sic führte die Unterhaltung, die sich zunächst nur über die
schöne Lage und die Annehnckichkeiten ihres Landsitzes aus-
dehnte, mit Leichtigkeit und einer Weise, die in ihr die

durchaus fcingcbildetc Dame der höheren Gesellschaft erken-
nen ließ. Ans einem Marmortischchen war der Kaffee ser-
virt und, gern ncceptirtc ich auch den materiellen Genuß
einer Tasse duftenden feinsten Java'S- Nasch verlief in
lebhaftem, ja heiterem Gespräch Wohl eine halbe Stunde,
als plötzlich eine dunkele Nöthe im Gesicht der Frau de
L . . . . aufstieg, cs gewann einen ganz anderen Ausdruck,
der sanfte Blick einer Gazelle verwandelte sich in den Blick
einer Tigerin, die Augen traten fast aus ihren Höhlen, die
Adern der Stirn schwollen aus, die ganze Physiognomie
nahm einen fast satanischen Ausdruck au, jede schöne Weib-
lichkeit war im Augenblick verschwunden. Den Rücken der
offenen Thür zugckehrt, wandte ich mich erschrocken um und
der vollständigste Gegensatz bot sich meinem Blicke dar. Die
schöne Selavin Mutiava war cing irrten. Schlank wie eine
Hebe, doch mit vollen, runden Formen, die einen Maler
oder Bildhauer begeistert hätten; ein silberner Gürtel (Pcn-
ding) umschloß die seine Taille und hielt den faltenreichen
Sarong mit dem feinen, Weißen Halbhemdchen zusammen;
mit gekreuzten Armen, sich tief verneigend, richtete sie die
wunderbar schönen, dunkeln Augen mit sanft flehendem und
fragendem Blick ans ihre, durch die Aufregung entstellte
Gebieterin, dann trat sie, sichtlich ängstlich, zum kleinen
Tisch, um daS Kaffeeservice fortzunehmcn. (Forts, folgt.)

Des Christi Himrnelfahrtsfestes wegen fällt das SonntagsblaLt ans
 
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