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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 109
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0441

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Dritter Jahrgang.

Freitag, 17. September 1869. ^'o. 1-9.


Amts-Merkündigungsbüitt für den "Bezirk Schwetzingen.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe D o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstaltcn und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e is vierteljährlich Ist. 1b kr.
Anzeigen, die drcigcspaltene Petitzcile oder deren Raum 3 kr.

Au den S t a a t S m i n i st e r des Innern,
dd e rrn D r. I o l l y.
Ich habe während meiner Abwesenheit bei
meinen zu größeren Feldabungen versammelten
Truppen mit Freude wahrgeuommeu, wie den-
selben überall die beste Ausnahme bereitet war,
wie durch das dienstbereite Entgegenkommen der
bürgerlichen Behörden und aller Einzelnen, jede
Schwierigkeit leicht und zu gegenseitiger Zufrieden-
heit überwunden wurde. — Die gleiche erfreuliche
Thatsache ist mir von den betreffenden Komman-
danten aus allen Landbezirkeu gemeldet, welche
meine Truppen bei den vorangegaugenen Märschen
und Uebungen berührten.
Es gereicht mir zur Genugthuung, den hohen
Werth einer möglichst ausgebildcteu Wehrhaftig-
keit des Volkes in immer weiteren Kreisen that-
sächlich anerkannt zu sehen und ich beauftrage Sie,
meine Anerkennung und meinen Dank den Ge-
meindebehörden und allen Bewohnern der betreffen-
den Orte zur Kenntnis; zn bringen.
Schloß Mainau, 12. Sept. 1869.
Friedrich.
Vorstehendes Allerhöchstes Schreiben Seiner
Königlichen Hoheit des Großherzogs bringe ich
hiermit zur öffentlichen Kenntuiß.
Karlsruhe, den 14. September 1869.
Der Staatsminister des Innern:
I o l l y.
Die Grenze der Selbstverwaltung.
Zn den stehenden Redensarten jener Presse, wel-
cher der heutige Bestand der Staaten zuwider ist,
gehört auch jene von dem Vorwalten der Bureau-
kratie und dem Mangel der Selbstverwaltung. Wir
wollen nicht länguen, daß dieser Satz einst seine
Berechtigung hatte und Wahrheit war; aber tu
unseren Tagen und in unserem Lande ist dies

nicht mehr der Fall und möchte Manchem fast die
Theilnahme an dieser Selbstverwaltung zu lästig
erscheinen. Da nämlich nicht alle Bürger gleich-
mäßig diese Selbstverwaltung besorgen können,
sondern nur die besten und tüchtigsten dazu aus-
erwühlt werden, welche die gehörige Zeit und
Mittel dazu besitzen, so gibt cs deren natürlich
nur wenige und diese werden daher sehr oft in
Aii'pruch genommen. Wenn auch nicht immer
gleichzeitig und in jedem Jahre, so kommt es doch
solchen Leuten vor, daß sie Antheil zu nehmen
haben an den Gemeinderathssitzungen, neben wel-
chen sie am Ende auch noch Vormundschaften zu
führen haben, an den Berathungen der Bezirks-
rüthe, Kreisausschüsse, Schöffengerichte, Schwurge-
richte und vielleicht sogar noch der Deputirtenkam-
mer. Diese patriotischen Pflichten zu erfüllen, ist
gerade nichts Leichtes und kann den Betreffenden
sehr lästig fallen, denn sie hemmen und hindern
ihn in seiner Privatthätigkeit und seinem Geschäfte
und erfordern sogar Geldopfer. Es ist uns ein
Fall aus einer Stadt am Neckar bekannt, wo ein
Bürger derselben, welcher sich im Auslande Ver-
mögen erworben hatte und nun zu Hause den
Nest seiner Tage ausruhen wollte, hintereinander
auch mit einem Theile der obigen Ehrenämter
betraut wurde und, um dieser Last zu entgehen,
lieber wieder in's Ausland zog. Man sagt zwar,
es gebe solcher Ehrgeizigen genug, die gern diese
Aemter übernähmen, aber gewöhnlich sind es solche,
welche dazu nicht die befähigtsten sind, und anßer-
I dem bedarf es darin der Abwechslung. Wir se-
hen also daraus, daß man die Selbstverwaltung
nicht allzusehr ausdehnen kann nnd sie bei uns
schon jener Grenze nahe gekommen ist., Sodann
aber erfordern die meisten Zweige der Verwaltung
solche Vorstudien, Kenntnisse und Erfahrungen, daß
man sie unmöglich dem Dilettanismus der Selbst-

verwaltung überlassen kann. Wie würde cs z. B.
mit unseren Waldungen aussehen, wenn wir die-
selben dem freien Schalten der Gemeinden über-
ließen ? Ja wie würde es in Bälde mit dem Ge-
meindcvcrmögen stehen, wenn die Bürger frei da-
mit verfahren könnten und nicht unter Kontrole
stünden! Es versteht sich von selbst, daß deßhalb
die Staatsleitung nicht eine solche sein soll, die
man sonst die Schreiberwirthschaft zu nennen
pflegt, sondern daß das Beamtenthum mehr und
mehr dem Geiste der Zeit entspreche und das Be-
wußtsein habe, es feie lediglich wegen der Bürger
vorhanden und wegen der Erzielung des wahren
Staatszweckes, denn auch dies wäre falsch, wollte
man strikte sagen, der Beamte wäre nur wegen
der gerade lebenden Bürger da. Er ist vorhan-
den zur Forderung des Wohles und Nutzens der-
selben, aber auch nicht minder zur Erhaltung der
bestehenden Institute und Zustände, zur Sicherung
dafür, daß die gegenwärtige Generation nicht den
Nachkommen die Zukunft vorweg nehme, mit ei-
nem Wort: zur Erhaltung und Förderung des
Staatsorganismus und der Grundbedingungen,
die vorausgesetzt werden müssen, soll der Staat
und seine Glieder gedeihen. Man darf daher mit
der Forderung der Selbstverwaltung nicht ,zn weit
gehen und kann nicht Alles der gänzlich freien
Bewegung überlassen, sonst schädigen wir unS selbst
und müssen es machen, wie jetzt England, das
sich nach so vielen schlimmen Erfahrungen genöthigt
sieht, z. B. die Versicherungsanstalten einer strengen
staatlichen Kontrolle zu unterwerfen und die Tele-
graphen anzukaufen.
Bade rr
Karlsruhe, 13. Sept. Der heute er-
schienene Staatsanzeiger Nr. 23 enthält:
Unmittelbare allerhöchste Entschließungen Seiner

Eine Fahrt aus dem Gölakanal.
(Schluß.)
Jetzt fährt unser Schiff in die erste Schleuß:, deren
Wasser im Niveau des oberen banales steht, ein. Das
obere Thor wird mittelst Drehvorrichtung geschlossen und
im unteren Thore eine kleine Lucke geöffnet; nun strömt
das Wasser aus der ersten in die zweite Schleuße ab, das
Schiff senkt sich langsam, es verschwindet nach und nach in
den steinernen Wänden, dicht an dem Steine hinabgleitend,
bis das tiefere Niveau der zweiten Schleuße erreicht ist.
Dann werden die unteren Thore geöffnet, wir fahren in
die zweite Schleuße ein. So geht cs hier 15mal fort bis
zur Wohle des Roxensces. Umgekehrt wird jedes Schleußen-
bassin und mit ihm die schwersten Lasten durch das Ein-
strömen aus dem nächstobcren Bassin, beziehungsweise dem
Kanäle gehoben. Vom Noxensee aus erscheint diese ganze
Anlage als eine kolossale Treppe, und der Anblick der hoch
oben auf dem Berg fahrenden Schiffe erscheint hier wie bei
Troxhätta. Ehe wir nun den Noxen in seiner Länge durch-
fahren, biegt unser Dampfer in einen Scitenkanal ein, um
der alten und bedeutenden Stadt Linlöping (Lintschöping)

einen Besuch zu machen. Der gothische Dom dieser Stadt
ist ein stattlicher Bau, 3-9' lang, beinahe so groß, als die
größte Kirche Schwedens, die Tomkirche zu Upsala; sie
birgt u. A. eine reiche Stiftsbiblivthek mit bedeutender
Bibelsammlung (die Ulfilas'sche Bibel ist in der Bibliothek
zu Upsala.) Nach diesem Umweg wird der Noxensee durch-
schisst; an dessen Ende verläßt uns der Fluß Motala, und
der Kanal geht an der alten Stadt Söderköping vorbei ost-
wärts, um bei Mein einen tiefen Busen der Ostsee zu er-
reichen. — Lange hat uns die herrliche Sommernacht auf
dem Verdeck erhalte», beim Glanze des Vollmonds sind auch
Nachts um 11 Uhr die Ufer so reizend und duftig, daß man
sich kaum von ihnen trennen kann. Der dritte Morgen
trifft uns in der Ostsee. Doch steuern wir nicht hinaus in
ihr offenes Fahrwasser, wir bleiben nahe der Küste in den
Schceren; denn zum Schlüsse haben wir auch noch die höchst
iutercssannte Schserenfahrt. Schecken (Skärgorden) nennt
mau das Gnoirr der kleinen Fclseneilande, welche fast
überall und ganz besonders dicht bei Stockholm die Küsten
Schwedens und Norwegens umsäumen. Das Schiff windet
sich durch das Labyrinth hindurch, bald ist die Straße
zwischen den Tausenden von Klippen so schmal als die
Straße einer Stadt, bald erweitert sie sich zum Sec. Auch
die Klippen wechseln von der nackten blos der Möve zum

Brutncst dienenden Granitklippe in der mannigfaltigsten
Form bis zum reizenden grünen und waldbewachsenen Eiland.
Manche dieser Inseln sind bewohnt: da steht die roth an-
gestrichene Hütte eines Schiffers oder auch Schmugglers,
dort neben einem kleinen Lenchtthurme die deS Feuerwäch-
ters oder Lootscn; naher Stockholm finden sich auch zahl-
reich die reizenden Werder, welche im Sommer als Seebad
und Sommerfrische dienen, wie Talerö u. a.; Winters frei-
lich mögen Monate vergehen, ehe menschliche Wesen den
einsamen Fels betreten, wo an schönen Sommertagen die
Stockholmer Familien unter Fichten lustwandeln. Unser
Schiff wendet sich vom „Scheerengarten" noch einmal land-
einwärts, ein kurzer Kanal an der alten Stadt Södcrtclje
vorüber, unter der Eisenbahn hindurch, führt uns in die
den Schceren verwandte, nur noch reizendere Partie deS
Mälarscc's, dieses merkwürdigen Sec's, einer wahren Samm-
lung von Kanülen, Landzungen, Secbusen, Felsen und In-
seln. Alles harrt jetzt deS herrlichsten Schlusses der Reise.
Da tritt im Hintergründe das prachtstrahlcnde kolossale
Schloß hervor, umgeben von der thurmreicheu Siebeninsel'
stadt, bald tritt rechts die amphithcatralisch am Felsen hin-
ausgebaute Söder(süd)vorstadt vor. Auf dem Flusse oder
See wirdS lebhafter; wie Pfeile schießen die kleinen Ong?-
lupars (Dampfschaluppen) vorüber, Stockhol,n's Omnibusst
 
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