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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 19
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0075

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Ho. 19.

Dritter Jahrgang.

Damstag, 13. Februar 1869.

knckMnt Dienstag
D s n 11 c r st a g und
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(unter Kontrole der laudwi rth schuf tl iche n Bezirksdircktio n Schwetzingen stehend).


Wenn die ultramoutanen Blätter unseres Lundes Gimpel
saugen wollen, so legen sie als Lockspeise die Schlagworte:
„wahre Freiheit und Selbststündigkcit" auf die Leimruthe,
aber schade nur, „es" beißt nicht au; derartige überzuckerte
Verheißungen verfangen nicht mehr, denn die Schale birgt
einen gar bittern Ilern und die Worte „Freiheit und Selbst-
ständigkeit" ulis einem solchen Wunde lauten doch gar zu iro-
nisch und lächerlich. Wie weit es her ist mit dieser „Freiheit
und Selbstständigkeit" und was die Ultramontanen darunter
verstehen, geht am schlagendsten aus den jüngsten Ereignissen
hervor. Gerade deßhalb, weil Bürger m e i st e r
Stro m e y e r in Ko n st anz am Princip der S e l b st-
stündigkcit und Selbstverwaltung so nnve ri-
tz r ü chlich festhielt und der städtischen Gemeinde die Ver-
waltung einer Stiftung zurück eroberte, deren Leitung recht-
mäßiger Weise nur der Stadt Konstanz zustaud, weil Bürger-
meister Stromeyer für die Kommunalschule wirkte und so die
Freiheit seiner T e n k u n g s w e i s c bethätigte,
w urde die Erk o m m unikation über ihn a us g c-
sp rochen. Wo bleibt nun da die „Selbstständigkeit und Frei-
heit?" Antwort! Den Tausenden von Zustimmungsadressen
gegenüber, die Bürgermeister Stromeyer in Eoustanz aus allen
Gauen und von allen Enden unseres deutschen Vaterlandes
empfängt, gehen jetzt auch Ergebenheitsadresseu der Geist-
lichen verschiedener Capitel an Hrn. Bisthumsverweser Tr. Lo-
thar Kübel ab, die der „Pfälzer Bote" gewissenhaft registrirt,
um über die „eigentliche öffentliche" Meinung Aufklärung zu
verbreiten.
Was würde z. B. der Pfälzer Bote dazu sagen,
wenn jetzt urplötzlich sämmtliche Amt- und Oberamtmünner des
badischen Landes Adressen an Herrn Minister Jolly richten und
ihn wegen seiner Haltung gegenüber der Eurie bckomplimentiren
würden?!
Zugestandenc Thatsache ist es, daß die Mehrheit des Frei-
burger Domkapitels den Frieden mit der Regierung will, sich
in einem Sondergutachten nach Nom gewendet und um Er-
weiterung der Candidatenliste für den erzbischöflichen Stuhl
gebeten hat. Daß diese Thatsache den ultramontauen Hetz-
blättern höchst ungelegen kommt, geht aus dem kleinlauten Ton,
den sie seither in dieser Angelegenheit beobachten, genügend
hervor.
In Karlsruhe brach vor einigen Tagen in der Nähe des
Theaters während der Aufführung der Meistersinger Feuer
aus, welches zum Glück ohne Feuerlärm gedämpft werden konnte.
Welcher Schrecken und welche grenzenlose Verwirrung den Zu-
hörern im Theater dadurch erspart wurde, läßt sich nach den
Erfahrungen, die die Karlsruher hinsichtlich eines Theater-
brandes hinter sich haben, bemessen.
Unheimliche Gerüchte bezüglich einer Allianz zwischen Frank-
reich, Italien und Oesterreich, deren Spitze gegen Preußen
gerichtet sein soll, füllen seit einigen Tagen die Spalien der
großen Tagesblätter. Die Verhandlungen sollen zwischen Na-

poleon und Viktor ganz insgeheim „über die Köpfe der Mi-
nister weg" geführt worden sein, so daß Niemand eine Ahnung
davon hatte, als einige wcitschaueude Journalisten, die das
Reptil des Bündnisses bis in seine geheimsten Schlupfwinkel
verfolgten und es nun an's Tageslicht ziehen. Daß Viktor
Emauucl zu Frankreich stebt, ist sehr begreiflich, denn Napoleon
führt seinen edlen Freund gleich einem Bären an der Kette
und diese Kette heißt: Rom. Diesmal soll's aber ein Stück
Wälschtyrvl sein, welches Napoleon seinem schnurr- und knebel-
bärtigen Freunde in den Mund zu stopfen gedenkt und deßhalb
möchte Oesterreich auch dabei sein, damit es sich dann ander-
weitig erholen kann. Das Bärenfell wäre somit getheilt;
es handelt sich jetzt nur noch darum, den Büren Preußen zu
erlegen. Wenn die ganze Geschichte nicht noch vor den Ascher-
mittwoch füllt, so ist's eine verzweifelt ernste Affaire und man
möchte lieber gar nicht geboren sein, als das mitmachen, was
daun kommen wird!
In Preußen streben die Meunouiten darnach, ihrer Mi-
litärpflichten entbunden zu werden. Falls sic cs durchsetzen
beabsichtigt das ganze preußische Volk zum Meunonitenthum
überzutreten, welchem Beispiele alle civilisirten Völker sofort
nacheifern werden.
In Spanien mehren sich die Anzeichen für einen absolu-
tistisch-reaktionären Aufstand. Carlistischc und isabellinische
Agenten durchschwürmen das Land, reizen gegen die proviso-
rische Regierung auf und verbreiten Flugschriften. Waffen
werden über die Grenze geschmuggelt und unter das Landvolk
vertheilt und so kann es lammen, daß sich eines schönen Mor-
gens das Blatt wendet, wenn nicht energische Maßregeln gegen
diese Hetzereien getroffen werden.
Griechenland hat in den letzten Stunden klein beigegeben
und Walewski ist mit der Zustimmung des neuen griechischen
Ministeriums zu den Confereuzbeschlüssen bereits auf dem Heim-
wege. Das war viel Geschrei um Nichts.
Die sociale Frage, die immer mehr in den Vordergrund
tritt und sich weder durch politische noch kirchliche Streitfragen
verdrängen läßt, kommt der Reihe nach in den bedeutenderen
Städten unseres Landes auf die Tagesordnung.
Lassalleanische Agitatoren bereisen unser Land und suchen
Propaganda für ihre Lehren zu machen. In Heidelberg,
Pforzheim und Karlsruhe fanden sie keinen Auklaug unter der
'Arbeiterbevölkerung, dagegen erreichten sie in Freiburg einen
entschiedenen Erfolg.

Up- Neher Vrrmeffrmgerr.

ch l u ß.)
Auch hat mau in manchen Gemeinden bisher, wenn der
amtliche Befehl zum Aussteiuen kam, irgend einen Feldmesser,
oft nur einige Steinsetzer, beauftragt, beim Steinsatze gelegent-
lich den ärgsten llebelstäuden in der Feldeintheilung Abhülfe
zu schaffen. Was jedoch ist geschehen? In der Regel sind ver-
hültuißmäßig grüße Kosten aufgewendet, einige Gewaltthäligkeiten

Statt des Sonntagsblattes wird eine Beilage, Fenerlöfch-Ordnnng für den Amtsbezirk Schwetzingen, beigegebcn.
 
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