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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 7
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Xo. 7.

Sonntag, 17. Januar 1869.


Dritter Jahrgang.

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für die Bezirke Schwetzingen nnd Philipps bürg.
Verkündigungsblatt d°s Aintsu. Amtsgerichtsbezirks Schwetzingen.
Zrgan der badischen Aopfenpreducenten
Finter Kontrole der landivi rthschaf tl ichen Be zi r k sdi rekt i o n Schwetzingen stehend).


--- Partheiwesen in Baden.

ii.
Während der U l t r a m o n t a n i s m u s das religiöse
Dekenntniß, die D e in o kra t i e die Verschmelzung der Natio-
nalitäten und den Sieg der Völkerfreiheit voranstellt, legt die
dritte, die n a t i o n a l l i b e r a l e Part hei ihren Schwer-
punkt in das Nationalitätenprincip.
Sie unterscheidet nach Raccn, Sprachen und Lündcrge-
bieten. Nach Auszeit will sie den übrigen Staaten gegenüber
ein abgeschlossenes Ganzes sein. Nach Innen verlangt sie
eine freiheitliche Entwicklung der socialen und Politischen Zu-
stände. In Preußen sieht die nationale Parthei den Staat,
der vermöge seiner wachsenden Macht und jugendlicher Kraftsülle
berufen ist, an die Spitze unseres getheilten und zerstückelten
Gesannntvaterlandes zu treten und Deutschland auf die Stufe
zu heben, die ihm im Rathe der Völker gebührt.
Daß sie mit ihrem Streben auf den erbitterten Widerstand sowohl
der ultramontanen als demokratischen Partheien stößt, ist beinahe
selbstverständlich. Letztere sträuben sich und zwar aus ganz
entgegengesetzten Gründen das Uebergewicht Preußens in Deutsch-
land anzuerkennen. Die ultramontane Parthei haßt Preußen,
weil cs in Glaubenssachen duldsam ist, keinen Unterschied der
Religion kennt und der Grundsatz des „alten Fritz", daß Jeder
nach seiner Facon selig werden möge, heute noch zu Recht be-
steht! Die Demokratie kann sich mit Preußen nicht befreunden,
weil sie in Preußen nur das Urbild eines despotischen Mili-
tärstaates mit dem ganzen Apparat des Sübclregimentes sieht.
Tie nationalliberale Parthei hat für den Standpunkt des
Ultramontanismus kein Verständnis; und ans den der Demo-
kratie vermag sie sich nicht zu stellen. Daß in der Entwicklung
der inneren Zustände in Preußen nicht alles ist, wie es sein
könnte, läßt sich nicht laugnen; aber wo ist denn der Muster-
staat, der nichts mehr zu wünschen übrig läßt? Ist Preußen
deßhalb vielleicht weniger berufen, die Leitung der deutschen
Angelegenheiten in seine kraftvolle Hand zu nehmend

Baden.
Heidelberg, 10. Jan. Ein Eisenbahnzug zwischen hier
und Neckargemünd entging soeben einer Gefahr eigenthümlicher
Art. Oben ans dem Berge wurde ein großer Granitblock be-
hauen, machte sich los; und stürzte in gewaltigen Sätzen in die
Tiefe. Ans dem Wege zerschlug er 13 Bäume, sprang unten
auf eine Schiene der Eisenbahn, die er gleichfalls zerschlug und
in den Boden drückte, und von da in den Neckar. Der Eisen-

bahnzug kam wenige Minuten später herangebranst, konnte aber
gewarnt werden und hielt an, bis die beschädigte Stelle zur
Nvth ausgebessert war.
Deutschland.
Berlin, 11. Jan. Die steigende Gereiztheit der Pole-
mik zwischen den ministeriellen Blättern in Berlin und Wien
beginnt die Aufmerksamkeit der diplomatischen Kreise mehr und
mehr zu fesseln. Man ergeht sich in den seltsamsten Vermu-
thungen über den wirklichen Grund des Streites. Offiziell
wird derselbe, wie es scheint, dadurch erklärt, das; Herr v.
Beust die europäischen Höfe mit Mißtrauen gegen Preußen er-
füllt habe. Dieses wolle daher die Regierungen über seine
wirkliche Politik anfklüren. Andere glauben, die Spitze der
gegen Oesterreich gerichteten Anklage sei ans Frankreich gemünzt,
oder es solle doch Frankreich vor dem österreichischen Bündniß
gewarnt werden. Diese etwas zu feine Auslegung findet in-
dessen in der gegenwärtigen Lage schwache Anhaltspunkte.
Auslan d.
Paris, 11. Jan. Gestern Abend hatte sich das Gerücht
verbreitet, der Gesandte Griechenlands habe nach seiner Ein-
führung in die Konferenz erklärt, daß er nicht mehr erscheinen
dürfe, wenn die Mächte nicht von dem Beschlüsse zurückkümen,
ihm eine nur berathende Stimme zu bewilligen. Da die Kon-
ferenz dieser Protestation kein Gehör schenkte, zog sich der Ge-
sandte mit der Bemerkung zurück, das; er neue Weisung seiner
Negierung verlangen werde. Diese Angabe klang unglaublich
insofern, als die griechische Negierung jenen, unserer Meinung
nach allerdings unbilligen Beschluß der großen Mächte schon
vor acht Tagen gekannt hat. Aber man glaubt sich das Auf-
treten des Gesandten ans einer Taktik des griechischen Kabinets
erklären zu dürfen, welches der griechischen Bevölkerung, die
sehr aufgeregt, den Beweis liefern wolle, daß sie Alles auf-
geboten habe, um ihre Würde zu wahren, und nur der Gewalt
der Umstünde weiche. Die heutigen offiziösen Abendblätter
dementiren jenes Gerücht in einer Weise, welche es rechtfertigt.
Madrid, 9. Jan. Die Fortschrittspartei steht vor einer
neuen politischen Schwenkung, welche die gerechte Besorgnis; der
Regierung Herausforderl. Sie hat sich nämlich entschieden der
republikanischen Partei genähert. Das kann die ernstesten Folgen
haben, und wenn in ganz Spanien dieselbe Bewegung sich
vollzieht, können leicht alle Berechnungen, die bis jetzt angestellt
sind, nmgestürzt werden. Die lieberale Union hat dann allein
gegen die andern Parteien zu kämpfen und ist dann ohne Aus-
sicht ans Erfolg. Die Hauptfrage ist aber, welches die Haltung
Prims inmitten dieser Manöver der liberalen Parteien sein
wird. Das Wahrscheinlichste ist, daß er vor Allein Er selbst
bleiben, seine scheinbare Neutralität nnd sein unerschütterliches
Schweigen bewahren wird. Man sagt, das; er seit einigen
TagcN einige Unruhe verrathe. Die Wichtigkeit, die der in
Andalusien befehligende General Caballero de Rodas gewonnen,
flößt ihm Besorgnisse ein. Caballero ist ein Unionist von
altem Datum und bekanntermaßen ein Anhänger des Herzogs
v. Montpensier. Prim scheint in ihm einen Rivalen zu fürchten.
 
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