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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 65
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0265

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Sonntag, 6. Juni 1869. >'o. 65. Dritter Jahrgang.

Erschein! Sonntag,
Mittwoch und
sfreitag.
Alte Bouanstalten und
Boten neynren Bestet-
liingcn an.
für die Bezirke Schwetzingen und Philipps bürg.
Verkmidigimgsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Arg an der kindischen Aopfenprodncenten
InDer Kontrole der landwirtschaftlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend)


Prois: hüjahrüchRökr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.

f Tagesilbersicht.
Schwetzingen, 5. Jnni
Im n o r d d. R eichstage wurde die Gleich-
berechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und
staatsbürgerlicher Hinsicht angenommen. Durch
die Aufhebung der Portosreibeit im nordd. Post-
bezirk fallen dem Bunde nicht weniger als
1,800,000 Thlr. in die Tasche.
Graf Bismarck ist etwas unpäßlich, vielleicht
liegen ihm die verschiedenen Steucrvorlagen schwer
im Magen.
Der Vertrag mit Baden über die militärische
Freizügigkeit wurde ohne Debsitte angenom-
men.
Das ch o l t p a r l a m e n t ist in Berlin er-
öffnet worden.
Die W ahle n in F r ankrei ch haben unter
der orleanistischen Partei die höchste Bestürzung
hervorgernsen und ihr bewiesen, daß sie keinen
Boden mehr hat. Diese Thatsache und die weitere,
wonach der Regienmgsvartei im gesetzgebenden
Körper blos eine radikale, keine gemüßigte Oppo-
sition gegermbersteht, welche gleichbedeutend mit dem
Umsturz ist, kann der napoleonischen Dynastie
nur erwünscht kommen, da sie alle Gemäßigten
und der Revolution Abholden unter ihre Fittige
treibt.

Interessant ist die Wahrnehmung wie im Ver-
laufe der Wahlkampfe die einstigen Tagesgötzen
vom Volke selbst gestürzt und andere an deren
Stelle gehoben wurden, welche wahrscheinlich spä-
ter das Loos ihrer Vorgänger zu theilen haben,
nntererstern nennen wir Inles Favre,Olliuieru. a. m.
Der schweizeris ch e G esandt e am Hofe
von Frankreich hat endlich die erste, beste Gelegen-
heit, welche sich ihm bot, benützt, dem Kaiser den
Standpunkt über die St. Gotthardbahnfrage klar
zu machen; zugleich wieS derselbe die Verdächtigung
der sranz. Presse, als wäre die Schweiz damit in
ein Abhängigkeitsverhallniß zu Preußen getreten,
energisch zurück. Ob damit den Machinationen
und Umtrieben Frankreichs, welches um sedeu Preis
den Bau der Gotthardliuie vereiteln möchte, ein
Ziel gesetzt, ist immer noch zweifelhaft.
Franz II., der Exkönig von Neapel wird von
Nom nach Bayern übersiedeln. Sein Portemonnaie
erlaubt ihm, wie das Gerücht geht, nicht mehr
ans so hohem Fuße wie seither zu leben. Er
scheint sich jetzt aus die Biergroncheu eiuschräuteu
zu wollen.
In Spanien beabsichtigt mau den Abschluß der
Verfassung durch großartige Feste zu begehen.

Bade n.
* Schwehlllgerl, 4. Mai. Das bad. Mini-
uisterium des Innern hat au Se. K. H. den
Großherzog den Antrag gestellt, den Adressen
der ultra in o n t a n e n P artet, welche die
Auflösung der Ständeversammlung und Einberu-
fung eines außerordentlichen Landtags verlangt,
keine Folge zu lei st e n. In seiner Begrün-
dung spricht sich das Ministerium folgendermaßen
aus:
„Zunächst fehlt es an jedem konstitutionellen
Grunde zu einer Auflösung der Kammern; weder
im äußern noch im innern Staatsleben ist irgend
ein außergewöhnliches Ereignis; eingetreten, welches
jenen außerordentlichen Staatsakt zu rechtfertigen
vermöchte; ihn ohne dringende Gründe eintreten
zu lasten, ist aber durch das natürliche Interesse
der Stätigkeit im Staatsleben ausgeschlossen. Es
müßte zur Auflösung alter Staatsordnung führen,
wenn mit Außerachtlassung der verfassungsmäßigen
Formen, in welchen all:in in Len Beschlüssen der
Kammern, beziehungsweise in den Wahlen zu den
Kammern der politische Wille der Mehrheit zum
Ausdruck gelangt, die Willensmeinung einer größe-
ren oder geringeren Zahl Einzelner als maßgebend
betrachtet würde, die ohne Mandat, außer Zusam-
menhang mit der Negierung, ohne im Besitz des

Nachruf
an
Di . K a r l Schi nr per
bei d cr>E i nw e i h u n g seines Grabdenkmals
am 2. Juni 1869 zu Schwetzingen,
gesprochen von
Vi°. T- r. I u n k e r, Drstan.

Hochgeehrte Versammlung!
Ein Denkmal. das Schimper'S Grab zieren, seinen Namen
der Vergessenheit entreißen soll, steht — Dank de» Bemühungen
edler Freunde des Mannes — vor unsern Blicken, anspre-
chend durch eine Kunstform voll einfacher Würde, wie sie
dem persönlichen Wesen des einst Lebenden entspricht; die
Stifter haben cs der hiesigen Stadt in feierlicher Weise zu
Eigcnthum übergeben und diese hat cs mit der Versicherung,
es stets in gebührenden Ehren halten zu wollen, dankbar
angenommen.
Wohl bedürfte der Mann, den wir ehren wollen. k.ineL
sein Gsdächtniß sichernden Denksteins; ihm selbst würde
gewiß nur ein solcher genehm gewesen sein, der nichts als
die einfache Inschrift trüge: „Hier ruht eines Menschen
sterbliche Hülle!" Aber uns gebührte es, die Pflicht der
Pietät gegen den berühmten Forscher, der hier lebte, wirkte
und starb, nicht unerfüllt zu lassen und seinem Grabhügel
in diesem lorbeerumkränzten und mit seiner Büste, die die
Züge des Lebendigen getreulich wiedergibt, geschmückten Mo-
numente, das dem kunstgeübtm Verfertiger selbst zur.Ehre
gereicht, ein bleibendes Zeichen der Achtung und Liebe hin-
zuzufügen. Wissen wir auch, daß er selbst sein eigenes

Denkmal ist und sein Name auf lange Zeit hinaus so dauernd
als Marmor und Erz, so wollen wir doch unser Werk, so
bescheiden eS auch in der äußern Erscheinung auftriit, nicht
als ans unzureichenden Motiven entsprungen betrachten
lass n und, frei von Schmeichelst»» wie von Ruhmsucht, e-S
billig in Schutz nehmen. Schon im Altcrthume galt eS für
einen verdienten Mann als eine hohe Auszeichnung, wenn
in öffentlichem Zuerkciintnisse der Lorbeer seine Schläfe be-
kränzte,- wenn eine Bildsäule seinen Namen verherrlichte,
wenn feierliche Hymnen fein unsterbliches Lob der Mit- und
Nachwelt verkündeten. Dürfen wir nicht, der Sitte einer
entschwundenen großen Zeit folgend, unsern verdienten Män-
nern auch durch äußere Zeichen, die mit den Anschauungen
und Gewohnheiten des jetzigen Geschlechts zujammenstünmcii,
Ehre erweisen?
Des-Vollendeten Lebensbild, im Ganzen aufgefaßt, war
in einen Schattenriß gehüllt, den nur spärliches Licht umfloß.
Wenn wir ihn bei einem Rückblicke auf seinen LebeuSgang
durch ein Meer von Hindernissen zu seinem Ziele schiften
und sie, s.viet er vermochte und die Gunst der Verhältnisse
dabei Mitwirken konnte, glücklich überwinden schm, so wollen
wir doch an ihm die muthige Ausdauer, die dazu erforder-
lich ist, und die geniale Kraft zugleich bewuudern, die ihm
zur Bewältigung aller seiner Lebensaufgaben und seiner
Lebensgeschicke eigen war. Nicht minder wollen wir, sollten
wir etwa übereilte oder lässige Tritte an ihm wahrgcnommcn
haben, sie gerne mit freundlicher Nachsicht bedecken, dessen
eingedenk, daß auch große Geister bisweilen schlummern und
Niemand auf Erden vollkommen oder ein Solcher ist, der
in keinem Worte und in keine!» Stücke fehlt. Schienen
auch Manche gegen ihn in seiner gelehrten Eigenart erkaltet,
so waren sie ihm doch im Innern um seiner geistigen Vor-
züge, um vieler trefflichen Eigenschaften willen, die an ihm
hcrvortratcn, völlig zngethan. Mit fester Seele, jg mit dem

Gleichmuthe des Stoikers wußte er den Kaltsiiin der Men-
schen und alle Unbilden des Geschicks, das ihn mit ihren:
Ergüße reichlich bedachte, zu ertragen. Wie viele Widrig-
keiten waren doch in den Gang feines Lebens verflochten!
Aber sie, die den Weichling vernichten, beugten ihn nicht,
sie stählten nur seinen Sinn und Charakter, fein innerstes
geistig-sittliches Gepräge. Wie viele Nächte durchwachte er-
arbeitend: sie waren ihm Erholung und Genuß, sic gewähr-
ten ihm Erbauung und Trost Wie viel saurer Schweiß,
ohne den die Gottheit keine ihrer Gaben von den Sterblichen
sich »bringen lasset, rann von seiner Stirne, wenn er in
sinnender Aufmerksamkeit den Geheimnissen der Natur nach-
lauschtc! Nie war es ihm bcschiedcn, aus den beengenden
Fesseln, d e seinen des Zügels ungewohnten strebsamen Geist
von Jugend auf umgaben, sich ganz herauszurctten, und
wahrhaft glücklich fühlte er sich nur, wenn er auf den Ber-
gen oder im Dickicht der Wälder oder an den steinigen
Ufern der Flüsse, an den Alpengletschcni, wo sich ihm die
Lehre von der Eie-zeit neu und fest gestaltete, vorab aber
auf den bunten Blüthenflnren, die er als sein eigentliches
Paradies betrachtete, den Eingebungen seines sinnenden Gci-
stiS und dessen aufschlicßcnden Gedanken nachhing. Das
äußere Glück hatte sich ihm nicht, wie so manchem Andern,
der vielleicht weniger daraus ein inneres Anrecht haben
mochte, zu Füßen gelegt. Seine erquickendsten Lebensmo--
mcnte waren Sonnenstrahlen, die zeitweise durch das dunkle
Gewölle seines irdischen Daseins hindurchbrachen und. feinen
Gang erleuchteten, sein Herz erquickten. Doch prieß er stets
dankbar die Güte theiliichmcnder Freunde, die er in reich-
lichem Maaßc erfahren, und die Huld, die ein edler Fürst,
dessen Namen wir nicht hervorzuheben brauchen, da er in
Aller Herzen lebt, ihm vielfältig zugewandt und bis an
seinen Lebensabend bewahrt hast Unscrm Schimper erging
c'S, wie dem Dichter in Schillers Theilung der Erde;
 
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