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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 57
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0233

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Sonntag, 16. Mai 1869.

Xo, 57,

Dritter Jahrgang.

Erscheint Sonntag ,
Mittwoch und
Freitag.
Alle Postanstalien und
Goten nehmen Bestel-
lungen an.


für die Denr!>c Schwein?.gen und Philippsbürg.

Preis: ^jährlich 45kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Tie Boten erhalten
2 kr. mon.atlicy,.

Berkündigungsblatt des Amts- und Aktttsgerichts-Bezirts Schwetzingen.
Organ der öadilchen Aspfenprsducenten
(unter Kontrule der luudlvirthschuftlichen Be zi r k sdi rekt i v u Schtvetzingeu stehend).

Bade n.
Q. Schwehittgen, 13. Mai. Gestern wurde
hier die zweite diesjährige freie Lehrerkonferenz
des Bezirks Schwetzingen unter ziemlich zahlreicher
Betheiligung abgehalten. Nach geschehener Eröff-
nung einer Mittheilung des Obmanns des Landes-
lehrerausschusses und vollzogener Wahl des Vor-
sitzenden, Schriftführers und Gesangdirektors, wurde
von drei Kousereuzmitgliederu über die Behandlung
des Leseunterrichtes referirt. Dem Vortrage dieser
mit Fleiß gefertigten und beifällig ausgenommenen
Arbeiten reihte sich die Diskussion an, die einen
ruhigen, sachgemäßen Verlaus nahm.
Nachdem mau sich noch auf dem Montag'schen
Bierkeller einem Stündchen gemächlicher Unterhal-
tung überlassen hatte, trennten sich die Theilueh-
mer sichtlich befriedigt, neuen Muth für die Ar-
beiten des oft schweren Berufes mit nach Hause
nehmend.
Für Abhaltung der nächsten Konferenz ist der
28. Juli d. I. in Aussicht genommen; es wird
jedoch in diesem Blatte s. Z. noch besondere Ein-
ladung ergehen.
Möge die Betheiligring der Lehrer unseres Be-
zirkes an den freien Couferenzen eine recht allge-
meine werden, damit diese in Wahrheit segenbrin-
gend für 'chule und Lehrer sich gestalten! Au
Kräften fehlt es in unserem Bezirke nicht und ge-
wiß auch nicht an gutem Willen.
Mannheim, 12. Mai. Gestern fand im
grünen Hause die vom demokratischen Vereine be-
rufene Volksversammlung, welche sehr zahlreich
besucht war, statt. Zweck war die Bildung der
Wahlresormiiga, sowie eine au den Großherzog zu
richtende Adresse über Einführung des allgemeinen
und direkten Wahlrechts.
Karlsruhe, 13. Mai. Gestern Nachmittag
strömte, einer Extra-Ankündigung an den Straßen-
ecken vertrauend, eine große Menschenmenge von

hier nach Maxau, um die dort vorüberpassirenden
türkischen Kanonenboote zu bewundern. Du diesel-
ben aber erst um Ilffü Uhr Kehl verließen, so
sah das neugierige Publikum sich in seinen Er-
wartungen getäuscht und kehrte der großen Mehr-
heit nach unverrichteter Sache wieder um; diejenigen
aber, welche Zeit und Geduld genug hatten, um
sich das Warten nicht verdrießen zu lassen, sahen
sich erst recht getäuscht. Es waren zwei ganz
nette Schiffchen, aber einen sehr martialischen Ein-
druck machten sie gerade nicht. Befriedigt war
eigentlich Niemand ats die Gastwirthe zu Maxau.
Bruchsal, 10. Mai. Gegenwärtig ist in
dem Zellengefängniß dahier ein Modell dieser
Strafanstalt zur Besichtigung aufgestellt, das den
ganzen Bau in allen seinen einzelnen Theilen uns
vor die Augen führt. Dasselbe ist von einem
Gefangenen der Anstalt in stioo Naturgröße und
zwar aus Pappe gefertigt, und erregt durch die
getreue, sehr pünktliche Arbeit allgemeine Bewun-
derung. Besucher Bruchsals möchten wir auf die-
sen Kunstgegenstaud aufmerksam machen.
Deutschland.
München, 11. Mai. Die Spannung auf
den Ausgang der Wahlen ist groß und allgemein,
denn Niemand verhehlt sich, wie viel für Baiern,
ja auch für Deutschland bei ihnen auf dem Spieü
steht. Unterliegen die liberalen Parteien, so ist
die seit 20 Jahren (trotz der Hemmnisse der Reak-
tionsperiode) in stetem Fortgang begriffene innere
Entwicklung nicht blos unterbrochen, sondern auch
das bereits Erreichte in Frage gestellt, so ist die
nationale Politik des Fürsten Hohenlohe untergra-
ben. Die Berichte, welche die Blätter über die
Bewegung iin Lande geben, beschränken sich nur
aus einzelne Bezirke, namentlich auf die städtischen
und auch sie widersprechen sich je nach der Farbe
des Berichtenden. Das aber ist klar, daß die Ju-
telligenz im ganzen Lande, also namentlich auch

der Bürgerstand, entschieden ans der Seite
des gegenwärtigen Ministeriums steht. Gänz-
lich unberechenbar ist freilich, welchen Ausschlag die
Masse des Landvolkes geben wird, die in zahlrei-
chen Bezirken — bei uns, wie allerwürts — auch
m weltlichen Dingen der Führung seiner geistlichen
Hirten folgt. Ta ist es denn doch ein tröstliches
Zeichen, daß ein ganz altvaterischer Bezirk, der an
das glaubenseinheitliche Tyrol angrenzende von
Werdenfels (Partenkirchen rund Mittelwald), ganz
aus sich selbst heraus, ohne jede Anregung den
Minister des Innern, v. Hörmann, der ihm seit-
her ganz fremd gewesen, und der erst durch sein
anerkannt liberales Auftreten in der letzten Session
Dort bekannt worden ist, als Kandidaten dem eben-
falls vorgeschlagenen Frhrn. v. d. Pfordten gegen-
überstellt. Ist das eines der tröstlichen Zeichen;
ein anderes ist, daß die ultramontane, die soge-
nannte „patriotische" Partei in ihrem Hauptorgan,
dem „Volksboten", gestern, am Vorabend der Ur-
wahlen, zu dem unlautern Mittel greift, die Ent-
lassung des Kultusminister v. Grosser, der das ihr
so verhaßte Schulgesetz eingebracht und veNheidigt
hat, als vollzogen auzukündigen.
bt.k.o. Hannover, 12. Mai. Die Städte,
welche von der Reise des Königs berührt wer-
den, wetteifern sämmtlich mit einander bei Bewill-
kommnung desselben Alles anfzubieten um den
Empfang so glänzend als möglich zu machen. Das
sonst so ruhige, kalt berechnende Bremen, scheint
den übrigen Städten, selbst dein durch die
bevorstehende Reichstagswahl bewegten Hannover
zuvorznkommen, nin den gekrönten Präsidenten des
nordd. Bundes zu bewillkommnen. Seit der Zeit
Kaiser Heinrich III. also seit 800 Jahren hat
Bremen kein Oberhaupt der Deutschen in seinen
Maliern gesehen und ist dasselbe um so mehr er-
freut den König begrüßen zu können, als unter
den sogenannten „freien Städten" Deutschlands,
Bremen der Monarchie am wenigsten abhold ge-

ErlcbnM eines Deutschen in Indien.
(Fortsetzung und Schluß.)
„Auch nur der Zufall", fuhr ich weiter fort, — „oder
war cs eine höhere Fügung? — führte mich hierher, wo
ich Deine Gattin bereits anlraf; ich wurde der Zeuge eines
Auftritts zwischen derselben und der Sclavin Mutiava, bei
welchem Deine Frau durch ihre Aufgeregtheit und Heftigkeit
dem wehrlosen Mädchen gegenüber in meinen Augen ver-
lor. was sie wohl fühlen mochte und wodurch ein Ausspre-
chen ihrerseits herbeigcführt wurde, von dessen Endresultat
Tu Zeuge wurdest. Nun sehe ich allerdings klar und ver-
zeihe der von Dir so schwer beleidigten Gattin die unwcib-
lich scheinenden Ausbrüche ihres Schmerzes; jetzt apellirc
ick an Dein wohl nur durch augenblickliche Leidenschaft ver-
führtes edles Herz; stoße nicht die Hand des Freundes von
Dir, der sie bietet, um Glück und Frieden zwischen Dir und
Deiner Gattin zu vermitteln!" — Wohl bemerkte ich, daß
meine Worte nicht ohne Eindruck auf de L. . . . geblieben,
seine Augen wurden feucht und er rang nach Fassung,
doch ermannte er sich bald wieder und machte Miene, uns
zu verlassen Dies fühlend, wollte ich meinen gewonnenen
Vorthcil nicht so leicht aufgebcn und seine Hand ergreifend,

sagte ich: „Nein, mein Freund, nicht also." — „Herr!"
entgegnete er mit zornigein Blick, „Sie — Sie —" --
„Beendige, — beleidige mich wie Du willst, aber bleibe!"
— „WaS willst Du denn?" fragte er sanfter. — „Dein
Glück! und ich hoffe deßhalb auf Erfüllung der inständigsten
-Bitte: verkaufe Deine Sclavin Mutiava!" — „Das ist un-
möglich, ganz unmöglich!" war seine heftig ausgcstoßenc
Entgegnung. — „Ach, dann habe ich keine Hoffnung mehr!"
seufzte Frau de L. . . . händeringend und in Thrüncn aus-
brechend. — „Eduard!" rief ich, „wie kannst Du das Herz
Deiner Frau so zerreißen?" — „Bedenke doch", sprach die
unglückliche Frau mit von Thräncn fast erstickter Stimme,
„daß Tu mein Gatte bist, daß Tn mir Treue geschworen!"
— „Ten Eid, den ich geschworen, habe ich noch nie gebro-
chen!" erklärte de L. . . . bewegt und feierlich. — „Tas
vermagst Tu zu behaupten und verweigerst doch meine und
Deines Freundes Bitte?" Bei diesen Worten warf sie sich
ihrem Manne an die Brust nnd weinte bitterlich. — „Ja",
war seine Antwort, sie sanft von sich weisend, „ich muß sie
verweigern, weil es unmöglich ist, sie zu erfüllen und wenn
cs mein Leben kosten sollt: und die Erde mich verschlingen
würde!" — O, mein Gott!" rief die einen Augenblick sich
in Hoffnung wiegende und nun so grausam enttäuschte Frau,
„so laß mich sterben!" — Länger vermochte ich nicht der

Zeuge dieses mich so empörenden und aufregenden Auftritts
zu sein: „Leb' wohl, Dein Freund kann ich nicht länger
heiße», noch in dieser Stunde verlasse ich Dein Haus!"
Ohne ein Wort zu erwidern, richtete er nur einen
schmerzliche» Blick auf mich, warf sich dann auf einen
Stuhl, bedeckte das Gesicht mit beiden Händen und weinte
hörbar. Noch stand ich wie gebannt, Frau de L. . . . war
ohnmächtig auf die Olluisk touxpu« gesunken; — eS waren
furchtbare Augenblick?. Plötzlich erhob sich de L. . . . und
sprach ruhig und resignirt: „Ein Fehltriti sei genug; —
meine th ure Gattin, mein treuer Freund, — wollt Jhr
dcnn den Vater zwingen, seine Tochter zu verkaufen!"
Mit einem Schrei erhob sich Frau de L. . .., warf sich schluch-
zend ihrem Manne in die Arme und rief: „Vergebung! Ver-
gebung!" Dann entwand sie sich der Umarmung und stürzte,
ohne wettere Erörterungen abzuwarten, aus dein Kiosk.
Nun kam die Reihe an mich; auch ich war tief bewegt und
in einer Aufregung, wie ich sie noch nie empfunden; eine
herzliche Umarmung und ein Händedruck mochte meinem
Freunde zur Genüge sagen, was ich empfand. Ehe wir
nur einigermaßen Ruhe erlangt hatten, kehrte Frau de L. . . .,
die schöne Mutiava an der Hand führend, zurück.
Das arme Kind, blaß und ergeben, folgte wie zur
Schlachtbank geführt, sie ahnte noch nicht, daß dies die letzten

MM" Der hohen Feiertage wegen erscheint das nächste Blatt erst wieder künftigen Donnerstag.
 
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