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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 132
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0533

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Erschein wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe -sonniagsblatl. — Alle Postanstalten und Boten --ichmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespultme Pctitznle oder deren Raum 3 kr.

Neueste Hopfennachrichten.
E8ek. Nürnberg, 6. Novemb. Ich bestätige
Ibu-'ii mein Ergebenes vom 30. Okl. — Ueber
den Verlauf des Geschäftes in dieser Woche kann
ich Ihnen nur Vas, in meinem letzten Bericht Ge-
sagte wiederholen.
Es schleppt sich dasselbe so zu sagen fort, ohne
jegliches eigentliche Leben. In Mittel und kouran-
ten Sorten mit denen alle Lager vollgepfropft
sind, ist nichts zu machen, denn England, unsere
Hoffnung als Absatzquelle für diese Sorten bleibt
comcquent ruhig, während dagegen all ächt Prima
Waare, welche fortwährend gesucht, Mangel ist.
Bezahlt werden, Hochprima fl. 115—125.
Marktwaare ächt Prima „ 100—112.
„ sekunda „ 88 —100.
„ geringere Sorten,, 85 — 75.

Ausland.
Nordamerika.
Eine wichtige Noliz von Interesse entnehmen
wir dem New-Horler Journal : Eine amerikanische
Gesellschaft beabsichtigte ein Kabel nach der französ.
Küste zu legen. Die Landung desselben wurde
jedoch von französischer Seite nicht gestattet, da die
Zerren Reuter und Erlanger ein Monopol hätten.
In Folge dessen fordert nun ein Theil der ameri-
kanischen Presse den Kongreß aus, die von ihm
noch nicht ertheilte nachträgliche Genehmigung der
Landung des französischen Kabels in Maffachuffets
zu verweigern. Dies wird nun schwerlich geschehen,
da gegenwärtig die beiden englisch-amerikanischen
Kabel schadhaft sind und das französische allein
den Verkehr beider Kontinente miteinander ver-
mittelt. Allein die Neciprozität wird verlangt
werden, und das N.-I. Journal spricht den kräftigen

Wunsch ans. „der Kongreß möge dem Herrn
Bonaparte zeigen, daß er nicht Privilegien ertheilen
darf, bei denen Amerika eben so sehr interessirt
ist, wie Frankreich." -j
Alexandrien, 30./ Okl. Unsere Stadt be-
ginnt sich mit Fremden/zn füllen und hohe Gäste
werden in großer Zahl erwartet; bereits sind von
Paris und aus italienischen Städten zahlreiche Da-
men hier augekommeu, deren ungewohnter Aufzug
in den Straßen allgemeine Aufmerksamkeit erregt.
Der Vicekönig scheut keine Kosten, um sich beiden
bevorstehenden Festlichkeiten im ganzen Prunk seiner
Herrlichkeit zu zeigen; der Besuch der hohen Gäste
wird ihn Millionen kosten. Hier wie in Kairo
hat er alle Wohnungen, die nur irgendwie dispo-,
nibel gemacht werden konnten, zu fabelhaften Prei-
sen gemiethet und auch für die Verpflegung nach
großartigstem Maßstabe sind bereits Kontrakte ab-
geschlossen worden. Delikatessen werden von allen
Seiten hierhergeschafft und die französischen Viktu-
alienhändler machen glänzende Geschäfte. Man
muß die hiesigen Zustände kennen, um sich einen
Begriff davon machen zu können, was bei solchen
Gelegenheiten unterschlagen und veruntreut wird,
um darnach zu bemessen, welche Zerüttung die
fürstlichen Besuche in die Finanzen bringen müssen.
Zur Ausfüllung der müßigen Zeit und zum Be-
wahren vor Langweile haben sich auch mehrere
Spielpächter eingefunden, die jetzt schon, nach der
brillanten Illumination der Spiellokale zur Abend-
zeit zu schließen, ihre Fürsorge reichlich belohnt se-
hen. Orgien, wie sie im Abendlande gar nicht Vor-
kommen können, bereiten sich vor, und die Eröff-
nungsfeier des Suezkanals wird einen bedeutenden
Schritt vorwärts in der hier zu Lande immer
mehr einreißenden Demoralisation bezeichnen.
Lokalnachrichten
* Schwetzingen, 9. Nov. Der heutige Tag

sowie der darauf folgende Mittwoch gelten als die
Schwetzinger Kirchweihtnoe, die stets eine Masse
Fremder, sowie unsere Landbewohner anlocken und
Jedem Genüsse nach seiner Weise bieten.
Wurde in den letzten Tagen schon gebraten,
gesotten, gebacken, daß ganze Straßen vom appe-
titlichen Dufte der Zimmt- und Käsekuchen erfüllt
waren, so ist jetzt die Stunde gekommen, in wel-
cher die zu Tage geförderten Werke der Koch- und
Backkunst der Vernichtung anbeim fallen und den
Weg allen Fleisches wandeln sollen. Abends, wenn
der Baß und Fidel, die Flöte im Takt" brum-
men, ist auch für die tanzlustige Jugend gesorgt,
der sich auch gerne die gesetzteren Generationen
anschließen. Man will, — ob mit Recht oder
Unrecht, bleibe dahin gestellt, — das Kirchweihfest
stets als den Gradmesser für die erhöhte oder ver-
minderte Wohlhabenheit unserer Stadt und Um-
gebung hinstellen; mögen derartige „Nationalöko--
nomen" nur keine falschen Schlüffe ans ihren Beo-
bachtungen ziehen; wir aber wünschen unfern
merthen Lesern, die feiern können, während wir
„an Kasten und Rad" gebunden bleiben, recht
srohe Kirchweihtage!
Verschiedenes.
— Frei bürg, 3. Nov. Es heißt, daß in
Rom beabsichtigt werde, die theologische Fakultäten
an sämmtlichen deutschen Hochschulen aufzuhebeu
und abgesonderte Bildungsanstalteu für die künf-
tigen Seelenhirtcn einzusühren, um dieselben künf-
tig von jeglichem Kontakt mit der modernen Wis-
senschaft fern zn halten.
— (BöserTran in.) Der „Boh." wird ans
Budmeis unterm 21. Oktober geschrieben: „Gestern
in der frühen Morgenstunde hatte ein hier in der
Prager Vorstadt bei seinen Eltern wohnhafter
junger Bauzeichner einen gar bösen Traum. Es

Rechtsanwalt Holthoff beginnt nun sein Plaidoyer,
das ebenfalls 2 Stunden in Anspruch nimmt, mit Geiße-
lung der der Anklage zu Grunde liegenden Prozedur, wonach
man, statt dem Beschuldigten sofort einen Vertheidiger zu
geben ihn in der Voruntersuchung außer Verbindung mit
den zu seiner Entlastung dienenden Mitteln setzte. Man
habe statt durch Ermittelung verdächtiger Momente einen
immer kleineren Kreis Thatsachen zu ziehen in deren Cen°
trum sich endlich der Thüter finde, hier den umgekehrten
Weg cingeschlagcn.
Weiter beklagt er sich darüber, daß die Exploration
des Geisteszustandes des Angeklagten nicht rechtzeitig ge-
schehen, ehe man die Anklage formulirte und verweist uns
den Chorinsky'schen Fall, in welchen; der Verurtheilte
später das Zuchthaus mit dem Jrrenhause vertauscht
habe.
Nach einem ziemlich kurz gehaltenen Restnne ziehen
sich die Geschworenen zur Berathung zurück, die 25 Mi-
nuten in Anspruch nimmt Das Verdict lautet auf Nicht-
schuldig des versuchten Mordes, dagegen schuldig der wider-
natürlichen Unzucht und der erheblichen Körperverletzung.
Der Gerichtshof erkannte auf l5 Jahre Zuchthaus.

Prozeß von Zastrow.

(Schluß.)
Nach einer kurzen Pause werden die drei gerichtlichen
Sachverständigen Professoren Dr. Liman, Skreczka und
Westpha! über die Frage vernommen, ob der Angeschul-
rügte zur Zeit der That unzurechnungsfähig gewesen
sein. Das mündliche Gutachten geht dahin, daß der
Angeschuldigte zur Zeit der That weder wahnsinnig noch
blödsinnig gewesen, sondern in derselben Gemüthsversaßung
wie heute, in welcher er die Folgen einer That wohl über-
! a.n könne-, es sei nicht die mindeste Ursache vorhanden zu
der Annahme, er habe zur Ziit der That unter dem Ein-
w„fje von Wahnvorstellungen, Sinnestäuschungen oder durch
! ü.ptischc oder Schwindelansällc bedingte Geistcseinzwäng-
w gen gestanden. Der Vertheidiger bittet, die Sachverstän-
i n nicht nur über die Frage, ob der Angeschuldigte zur
fp it der That blöd- oder wahnsinnig war, sondern über
l allgemeine Zurechnungsfähigkeit desselben zu vernehmen
rmi so mehr, als Professor Liman auf den Angeklagten den
Ansspruch eines großen Denkers anwende er schwanke aus

der Grenze zwischen Geistesgesundheil und Geisteskrankheit
einher, und Professor Wcstphal in seinem schriftlichen Gut-
achten den Angeschuldigten als einen mäßig geistesschwachen
Menschen bezeichnet. Die genannten Sachverständigen be-
stätigen diese Angaben, halten trotzdem aber ihre Meinung
aufrecht, der Angeklagte habe zur Zeit der That die Folgen
seiner That vollständig überlegen können.
Der Staatsanwalt erhält das Wort zur Stellung und
Begründung seiner Anträge. Derselbe beginnt damit, den
objectiven Thatbestand näher zu beleuchten. Es könne in
dieser Beziehung nur von zwei Gruppen die Rede sein,
der Verletzung der Sittlichkeit und dem an dem 5jährigen
Knaben versuchten Morde.
Nach Schluß dieser zweistündigen Rede erbittet der
Vertheidiger die Erlaubniß, einen soeben eingegangcn, für
die Verhandlung höchst wichtigen Brief verlesen zu dürfen
der ihm (dem Vertheidiger) die Möglichkeit biete, durch wei-
tere Zeugenvernehmung den vielberegten Doppelgänger nach-
zuwcisen. Am Ende einer halbstündigen Debatte über diesen
Antrag ergibt sich, daß dieses Schreiben von einem Anony-
mus herrührt, der von einem angeblich vor mehreren Tagen
einmal an der Börse gesehenen Herrn von dem Aussehen
des Angeklagten spricht. Der Gerichtshof lehnt ein Ein-
gehen aus diese Behauptung ab.
 
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