Sonntag, 31. Januar 1869.
>0. 13.
Dritter Jahrgang.
Enchnilt Sonntag,
M i t t w o ch und
st reit a g.
Alle Bos!anstaltt.'n und
Boten nchinen Bcstel-
llingen an.
für dic Bnivlte Schwctzingen und Philipps bürg.
Preis: (Pährlis ^tskr.
per Post bezogen 56 lr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Nnuni mit nur
2 kr. berechnet.
Die Voten erhalten
2 kr. monatln-y.
Verkündigungsblatt dos Amts-...Amtsgenchtsöezirks L-chwchingen.
Grgan der badischen Aopfenprsducenten
(unter Kontrol'e der landwirtschaftlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).
* A u n d s ch a u.
Wir bmuchen nicht iliehr in der weiten Welt Umschau
ju halten, inn unfern Lesern Neues und Wissenswerthcs mit-
zutheilen: die engen Grenzen unseres Heimatlstandes umfassen ^
eine Reihe von Vorfällen, welche selbst die ungetheilte Auf-
merksamkeit aller Partcheien unseres Gesamnüvaterlandes auf
sich ziehen.
Tie dem Bürg.rmeister von Konstanz angedrohte Exkom-
munikation ist vor wenigen Tagen wirklich vollzogen worden
und die extreme Kirchenparthei hat damit einen Schritt gethan,
der schwerlich die Wirkung haben wird, den man von ihm
erwartet. Tie Exkommunikation wurde übrigens nicht in der
altherkömmlichen Weise ausgesprochen, sondern einfach in Form
einer Zuschrift Hrn. Bürgermeister Stromeyer mitgethei t.
Tic unmittelbare Folge dieses Schrittes war, daß nach s
dessen Bekanntwcrden eine Versammlung der achtensmerthesten
Bürger von Konstanz ohne Unterschied des Standes oder Be-
kenntnisses im Theaterstücke znsammentrat und dort eine Adresse
an dm Bürgermeister der Stadt Unterzeichnete, welche ihm die
Anerkennung für seine unerschütterliche, mannhafte Haltung
den Uebergrifsen der Kirchengewali gegenüber ausspricht.
Aehnliche Zustimmungsadresseu erfolgen bereits von allen )
Seiten.
Tie Mannheimer Schulfrage, welche die Gemüther um
so mehr in Spannung und Aufregung versetzte, je näher die
Tage der Entscheidung rückten, ist nun im Sinne des Fort-
schritts ausgefallen. Die liberalen Parlheien haben sich mit
der ultramontauen gemessen und die gemischte Schule ist
mit erdrückender Stimmenmehrheit angenommen worden. Dieser
Ausfall wird in mehr als einer Hinsicht für die übrigen Städte
des Landes enstcheidend sein, doch auch die ultramontane Par-
thei wird, wenn nicht a ! le Anstrengungen gemacht werden,
manchen Sieg zu verzeichnen haben. Das Mannheimer Wahl-
ergebnis ick als ein Triumph der gesunden Vernunft und .Hu-
manität über geistigen Despotismus und konfessionelle Abge-
schlosseick e't zu begrüßen.
Das aufgeklärte Baden hat doch auch noch Punkte, wohin
bis jetzt noch kein erweckender und belebender Lichtstrahl ge-
dnmg n zu stin scheint. Im Taubergcmid spult sich gegen-
wärtig Une ^chatzgräbereigeschiehtc ab, die an die gute alte
Zeit rammst und als ein Ausfluß tollen Aberglaubens zu be-
trachten ist. Wenn übrigens „Unbeschrieenheit" eine Vorbe-
dingung des glücklichen Gelingens ist, so fürchten wir, daß die
Heckst tder schlecht fahren, da ihr blödsinniges Gebahren bereits
in allen Tagesblättern belacht wird. Ten guten Leutchen
möchte man aber noch den Rath des Altmeister Göthe znrnsen:
Trinke Muth drö reinen Lebens!
Tann verstehst du die Belehrung,
Kommst mit ängstlicher Beschwörung
Nicht zurück an diesen Ort.
Dem Uebcreinkommcn zwischen der norddeutschen Postver-
waltung und der Dawpfschifffahrts-Gesellschaft des norddeutschen
Lloyd behufs Anwendung d s Postanweisnngsversabrens im
Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika, das
schon am l. Februar d. I. in's Leben tritt, hat sich sofort
auch die badische Postverwaltung angeschlossen.
Die Ausschreitungen, welche die Einführung der Mahlsteucr
in Italien im (Lesalge hatte, sind nun beendigt und die Müh-
len klappern allenthalben wieder lustig, als ob nichts geschehen
wäre. Jetzt fehlt nur noch, daß auch die Quellen und Brun-
nen nebst den bekannten balsamischen Lüsten Italiens besteuert
werden! Wer weiß, vielleicht kommt es auch npch dahin!
Für die Türkei und Griechenland sind jetzt die Tage an-
gebrochen, die auch nur an Pfingsten 1861 dnrchgemacht haben,
nämlich die Stunden banger Erwartung und Besorgnisse, in
welcher das Volk die Frage aufwirst, wird der Kampf zum
Ausbruch kommen und welche Folgen wird er haben.
Tie Konferenz arbeitete allem Anschein nach umsonst, die
Herren Diplomaten haben ihre Schuldigkeit gethan und können
ihre Hände jetzt in Unschuld waschen.
Tie Griechen, der UebeAcgenheit des Gegners bewusst,
suchen sich Bundesgenossen zu verschaffen und rnfcn das rus-
sische Volk znw Kampfe gegen den Unterdrücker ihres Glaubens
ans. Faule Fische, alter Kunstgriff, um die Welt, soweit das
Kreuz reicht, wieder einmal zu allarwiren.
In Spanien sind die Korteswahlen vollzogen worden und
daß es dabei keinen Mord und Todschlag abgesetzt hat, bringt
die spanische Presse vor Entzücken über die Würde und den
Takt der spanischen Nation fast außer sich.
Bis Ende Mürz wird der norddeutsche Reichstag Unbe-
rufen werden, nachdem der preußische Landtag geschlossen ist.
Im norddeutschen Bundesgebiete soll die Gerichtsbarkeit
derart umgestaltet werden, daß jedes Gericht gehalten ist, das
Urtheil des andern zu vollziehen. Welchen Ungeheuern Fort-
schritt damit das gestimmte norddeutsche Gerichtswesen wacht,
liegt offenbar ans der Hand.
V ade tt..
Konstanz, 28. Jan. Zugleich mit der Errommnni-
cation beabsichtigte die Kurie Hrn. Bürgermeister Stromeyer
ans der katholischen.aStiftungsrommission, der n Mitglied er
ist, zu verdrängen. Das kathot. Pfarramt wollte an seine
Stelle ein anderes kathol. Gemcinderathsmitglied setzen, welches
mit den bisher von Herrn Strom yer bewrgam Angelegenheiten
betraut werden sollte — allein auch dieser.Sch-ritt ist ein Schlag
in's Wasser und das katholische Pfarramt kommt in die, für
dasselbe jedenfalls peinliche, einer aufgeklärten Bevölkerung
höchstens komisch erscheinende Lage, mit einem Ercommnnicirten
verkehren — wenigstens die Einmischung des Letzteren in die
Angelegenheiten der Stistnngscommission zugeben zu müssen.
Bon Grösst). Ministerium des Innern ist nämlich sofort fol-
gender sehr energische Erlaß, der die Rechte des Ereommnni-
cirtcn schützt, abgcganaen und schon am 2T d., also dcn Tag
nach dcr Ercommnnieation, Herrn Stromeyer eröffnet worden.
Dieser Erlaß lautet:
„Tie Verfügung des Pfarramts St. Stefan vom 26. l.
>0. 13.
Dritter Jahrgang.
Enchnilt Sonntag,
M i t t w o ch und
st reit a g.
Alle Bos!anstaltt.'n und
Boten nchinen Bcstel-
llingen an.
für dic Bnivlte Schwctzingen und Philipps bürg.
Preis: (Pährlis ^tskr.
per Post bezogen 56 lr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Nnuni mit nur
2 kr. berechnet.
Die Voten erhalten
2 kr. monatln-y.
Verkündigungsblatt dos Amts-...Amtsgenchtsöezirks L-chwchingen.
Grgan der badischen Aopfenprsducenten
(unter Kontrol'e der landwirtschaftlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).
* A u n d s ch a u.
Wir bmuchen nicht iliehr in der weiten Welt Umschau
ju halten, inn unfern Lesern Neues und Wissenswerthcs mit-
zutheilen: die engen Grenzen unseres Heimatlstandes umfassen ^
eine Reihe von Vorfällen, welche selbst die ungetheilte Auf-
merksamkeit aller Partcheien unseres Gesamnüvaterlandes auf
sich ziehen.
Tie dem Bürg.rmeister von Konstanz angedrohte Exkom-
munikation ist vor wenigen Tagen wirklich vollzogen worden
und die extreme Kirchenparthei hat damit einen Schritt gethan,
der schwerlich die Wirkung haben wird, den man von ihm
erwartet. Tie Exkommunikation wurde übrigens nicht in der
altherkömmlichen Weise ausgesprochen, sondern einfach in Form
einer Zuschrift Hrn. Bürgermeister Stromeyer mitgethei t.
Tic unmittelbare Folge dieses Schrittes war, daß nach s
dessen Bekanntwcrden eine Versammlung der achtensmerthesten
Bürger von Konstanz ohne Unterschied des Standes oder Be-
kenntnisses im Theaterstücke znsammentrat und dort eine Adresse
an dm Bürgermeister der Stadt Unterzeichnete, welche ihm die
Anerkennung für seine unerschütterliche, mannhafte Haltung
den Uebergrifsen der Kirchengewali gegenüber ausspricht.
Aehnliche Zustimmungsadresseu erfolgen bereits von allen )
Seiten.
Tie Mannheimer Schulfrage, welche die Gemüther um
so mehr in Spannung und Aufregung versetzte, je näher die
Tage der Entscheidung rückten, ist nun im Sinne des Fort-
schritts ausgefallen. Die liberalen Parlheien haben sich mit
der ultramontauen gemessen und die gemischte Schule ist
mit erdrückender Stimmenmehrheit angenommen worden. Dieser
Ausfall wird in mehr als einer Hinsicht für die übrigen Städte
des Landes enstcheidend sein, doch auch die ultramontane Par-
thei wird, wenn nicht a ! le Anstrengungen gemacht werden,
manchen Sieg zu verzeichnen haben. Das Mannheimer Wahl-
ergebnis ick als ein Triumph der gesunden Vernunft und .Hu-
manität über geistigen Despotismus und konfessionelle Abge-
schlosseick e't zu begrüßen.
Das aufgeklärte Baden hat doch auch noch Punkte, wohin
bis jetzt noch kein erweckender und belebender Lichtstrahl ge-
dnmg n zu stin scheint. Im Taubergcmid spult sich gegen-
wärtig Une ^chatzgräbereigeschiehtc ab, die an die gute alte
Zeit rammst und als ein Ausfluß tollen Aberglaubens zu be-
trachten ist. Wenn übrigens „Unbeschrieenheit" eine Vorbe-
dingung des glücklichen Gelingens ist, so fürchten wir, daß die
Heckst tder schlecht fahren, da ihr blödsinniges Gebahren bereits
in allen Tagesblättern belacht wird. Ten guten Leutchen
möchte man aber noch den Rath des Altmeister Göthe znrnsen:
Trinke Muth drö reinen Lebens!
Tann verstehst du die Belehrung,
Kommst mit ängstlicher Beschwörung
Nicht zurück an diesen Ort.
Dem Uebcreinkommcn zwischen der norddeutschen Postver-
waltung und der Dawpfschifffahrts-Gesellschaft des norddeutschen
Lloyd behufs Anwendung d s Postanweisnngsversabrens im
Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika, das
schon am l. Februar d. I. in's Leben tritt, hat sich sofort
auch die badische Postverwaltung angeschlossen.
Die Ausschreitungen, welche die Einführung der Mahlsteucr
in Italien im (Lesalge hatte, sind nun beendigt und die Müh-
len klappern allenthalben wieder lustig, als ob nichts geschehen
wäre. Jetzt fehlt nur noch, daß auch die Quellen und Brun-
nen nebst den bekannten balsamischen Lüsten Italiens besteuert
werden! Wer weiß, vielleicht kommt es auch npch dahin!
Für die Türkei und Griechenland sind jetzt die Tage an-
gebrochen, die auch nur an Pfingsten 1861 dnrchgemacht haben,
nämlich die Stunden banger Erwartung und Besorgnisse, in
welcher das Volk die Frage aufwirst, wird der Kampf zum
Ausbruch kommen und welche Folgen wird er haben.
Tie Konferenz arbeitete allem Anschein nach umsonst, die
Herren Diplomaten haben ihre Schuldigkeit gethan und können
ihre Hände jetzt in Unschuld waschen.
Tie Griechen, der UebeAcgenheit des Gegners bewusst,
suchen sich Bundesgenossen zu verschaffen und rnfcn das rus-
sische Volk znw Kampfe gegen den Unterdrücker ihres Glaubens
ans. Faule Fische, alter Kunstgriff, um die Welt, soweit das
Kreuz reicht, wieder einmal zu allarwiren.
In Spanien sind die Korteswahlen vollzogen worden und
daß es dabei keinen Mord und Todschlag abgesetzt hat, bringt
die spanische Presse vor Entzücken über die Würde und den
Takt der spanischen Nation fast außer sich.
Bis Ende Mürz wird der norddeutsche Reichstag Unbe-
rufen werden, nachdem der preußische Landtag geschlossen ist.
Im norddeutschen Bundesgebiete soll die Gerichtsbarkeit
derart umgestaltet werden, daß jedes Gericht gehalten ist, das
Urtheil des andern zu vollziehen. Welchen Ungeheuern Fort-
schritt damit das gestimmte norddeutsche Gerichtswesen wacht,
liegt offenbar ans der Hand.
V ade tt..
Konstanz, 28. Jan. Zugleich mit der Errommnni-
cation beabsichtigte die Kurie Hrn. Bürgermeister Stromeyer
ans der katholischen.aStiftungsrommission, der n Mitglied er
ist, zu verdrängen. Das kathot. Pfarramt wollte an seine
Stelle ein anderes kathol. Gemcinderathsmitglied setzen, welches
mit den bisher von Herrn Strom yer bewrgam Angelegenheiten
betraut werden sollte — allein auch dieser.Sch-ritt ist ein Schlag
in's Wasser und das katholische Pfarramt kommt in die, für
dasselbe jedenfalls peinliche, einer aufgeklärten Bevölkerung
höchstens komisch erscheinende Lage, mit einem Ercommnnicirten
verkehren — wenigstens die Einmischung des Letzteren in die
Angelegenheiten der Stistnngscommission zugeben zu müssen.
Bon Grösst). Ministerium des Innern ist nämlich sofort fol-
gender sehr energische Erlaß, der die Rechte des Ereommnni-
cirtcn schützt, abgcganaen und schon am 2T d., also dcn Tag
nach dcr Ercommnnieation, Herrn Stromeyer eröffnet worden.
Dieser Erlaß lautet:
„Tie Verfügung des Pfarramts St. Stefan vom 26. l.