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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 135
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0545

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Mittwoch, 17. November 1869. Fo. 135. Dritter Jahrgang.


ANts-Merkündigmigs6latt für den Bezirk Schwetzingen.


Erschein! wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. - Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltene Petitzeüe oder deren Raum 3 kr.

Baden.
* Schwetzingen, 15. Nov. Die ultramon-
tane Parthei, welche mit einem wahren Ungestüm
immer und immer wieder der Trennung von
Staat und Kirche das Wort redet, sträubt
sich doch vor der praktischen Lösung dieser Frage
ganz gewaltig. —
So hat die obligatorische Civilehe, die bekannt-
lich demnächst Gegenstand unserer Kammerverhand-
lungen sein wird keinen erbitterteren Gegner als
den Ultramontanismus, der sich nicht scheut, dieses
Institut mit den gemeinsten und niedrigsten Be-
nennungen zu belegen, die keinen andern Zweck
haben, als den nicht denkenden Theil der Bevöl-
kerung von vornherein gegen die Civilehe einzu-
nehmeu und letztere selbst vollständig in Mißcredit
zu bringen.
Der Ultramontanismus vergißt oder will nicht
zugestehen, daß mit der Einführung der obligato-
rischen Civilehe der Kirche keines ihrer Rechte ent-
zogen wird! Die Cwiltrauung schließt ja die kirch-
liche Trauung in keiner Weise aus, sondern gibt
dem wirklich christlich und kirchlich gesinnten
Theile der Bevölkerung die Gelegenheit diese seine
Gesinnung zu bethätigen, während die Kirche auf
einen wahrlich verschwindenden Bruchheil, der ohne-
hin in kirchlicher Beziehung zweifelhafter Haltung
ist, recht wohl Verzicht leisten kann und gern leisten
wird.
Es verhält si h damit gerade wie mit dem
Schutze verschiedener Festtage, die der Staat der
Kirche entzogen. Erst agitirte dieselbe Partei mit
einer wahren Leidenschaftlichkeit gegen das Vor-
haben des Staates und als sich nach der Hand
erwies, daß der gesunde und pietätvolle Sinn der
Bevölkerung auch ohne äußern, polizeilichen Zwang
seinen kirchlichen Pflichten oblag, da war sie es.

Eine rMlche Ehe.
Ans der letzten Zeit der Leibeigenschaft.
Von 8l. von K.
(Fortsetzung.)
Der Fremde richtete seine schwarzen, feurigen Augen
auf fie und antwortete mit einem feinen Lächeln:
„Gnädige Frau, wenn Sie ein Jncognito bewahren
wollen, so erlaube ich mir, Ihnen den Rath zu geben,
nicht im Freien russische Lieder zu singen, Ihre Aussprache
ist zu rein, Ihr Gesang zu charakteristisch, als daß Sie die
Nationalität verleugnen könnten, aber nochmals — verzeihen
Sie, wenn ich eine Unbescheidenheit durch eine zweite ver-
schlimmert habe."
Natalie fühlte, daß sie Artigkeitshalber einige Höflich-
lätsworte nicht unterlassen konnte, sie sprach sie befangen
und stieß ihre Gefährtin an, damit sie ihr zu Hülfe komme.
Tiefe war mit ihrer ganzen französischen Behendigkeit bei
der Hand und that es so treuherzig, daß der Fremde sofort
. hre Aufforderung, sich ein wenig auszuruhen, annahm und
stich neben den Damen niederließ; bald hatte er erfahren,
daß Natalie nicht gnädige Frau, sondern Fräulein, die alte

welche den Anstoß dazu gegeben habe wollte und
die nun erst recht: Trennung der Kirche
vom Staat verlangte.
Mannheim, 12. Nov. In der gestrigen,
von Hrn. Dr. Hohenemser präsidirten Versamm-
lung ves national-liberalen Vereins hielt Hr. Dr.
Ladenburg einen Vortrag über den Gesetzentwurf
betreffs Abänderung der Gemeiudeordnuug, in wel-
chem er die neuen Bestimmungen übersichtlich
gruppirte und einer gründlichen Beleuchtung unter-
zog. Es entspann sich hierauf eine eingehende Dis-
kussion, an welcher sich die HH. Kreisgerichtsrath
Heinsheimer, Dr. v. Langsdorfs, Dr. Stehberger,
Dr. Lindemann, Altobcrbürgermeister Diffens,
Egelhnaff, Lauer, Justitutsvorsteher Dr. Löwen-
thal und Gemeinderath Meyer beteiligten. Schließ-
lich wurde nachstehende Resolution angenommen:
„Der national-liberale Verein in Mannheim spricht
sich dahin aus, daß die Regierungsvorlage bezüg-
lich der Abänderung der Gemeindeordmmg zwar
im Allgemeinen als ein entschiedener Fortschritt zu
begrüßen ist, daß aber neben einigen andern einer
Aenderung bedürfenden Punkten 1) nicht nur der
Bürgermeister, sondern auch die Gemnnderüthe aus
direkter Wahl sämmtlicher Gemeindebürger hervor-
gehen sollen; 2) das der Regierung vorbehaltene
Absetzungsrecht thunlichft beschränkt werden solle;
3) wenigstens für die größern Städte schon jetzt
die Beteiligung der ganzen Einwohnergemeinde
über das Armenwesen hinaus auf sämmtliche Ge-
meindeangelegenheiten mit den Vortheilen und
Lasten, die sie mitbringt, auszudehnen sei. Mit
den Vorlagen wegen Eheschließung und des Ar-
menwesens ist der Verein im Wesentlichen ein-
verstanden."
Freiburg, 10. Nov. Dr. Val. Maier ist
von der Redaktion des „Oberrh. Kurier" zurück-
getreten und wird derselbe in die Redaktion der

Dame aber ihre Gesellschafterin, , eine Schweizerin sei-
Während Frau Lacoste so die Honneurs machte, hatte Na-
talie ihre Verlegenheit beherrscht, und nahm jetzt Antheil
am Gespräch. Die Schönheiten der Gegend bildeten die
Unterhaltung, und der Fremde äußerte vergnügt: er sei
Herr seiner Zeit und werde sich mehrere Tage hier aufhal-
ten, um all' diese Herrlichkeiten in Ruhe zu genießen. Bald
kam man auf das Vaterland zu reden, und Natalie noch
voll von den frischen Erinnerungen des geliebten Heimath-
landes fand ihre gewöhnliche Lebendigkeit wieder und hatte
tausend Fragen an den Fremden zu richten. Jetzt war die
gute Lacoste, nachdem sie die ersten Schwierigkeiten geebnet,
in den Hintergrund gedrängt, die jungen Leute unterhielten
sich wie zwei Coinpatrioten, die sich in der Fremde gefun-
den, und sich zu einander hingezogen fühlen durch gemein-
schaftliche Ansichten, Empfindungen und Sympathien. Als
sich Natalie durch das Gespräch belebte und der junge
Mann ihr mit sichtbarein Vergnügen zuhörte, ruhten seine
Augen mit so unverkennbarem Wohlgefallen auf ihr, daß
die ihrigen sich mehrmals unter diesem feurigen Blick senken
mußten. Endlich war es Frau Lacoste, die zum Aufbruch
mahnte; Alle erhoben sich, und das Gespräch fortsetzend,
begleitete der Fremde die Damen, als wenn es nicht anders
hätte sein können.

Mannheimer demokratischen „Abendzeitung" ein-
treten.
Aus Buden, 13. Nov. Der mit Nord-
amerika abgeschloffene Staatsvertrag bezüglich der
staatsrechtlichen Verhältnisse der gegenseitigen Staats-
bürger hat bei der Commission der zweiten Kam-
mer eine sehr günstige Aufnahme gefunden; in-
dessen radelt der Bericht, daß in diesem Vertrage
bezüglich der Vermögens - Ausfolgung nicht auch
gleiche Rechte stipulirt worden sind. Nach unseren
Gesetzen wird das Vermögen den in Amerika woh-
nenden Erben, welche das Staatsbürgerrecht auf-
gegeben haben, ohne Anstand ausgefolgt, umge-
kehrt wird aber diese gesetzliche Regel von der ameri-
kanischen Regierung nicht eingehalten, wenn einge-
wanderte, nunmehrige amerikanische Staatsbürger
mit Hinterlassung von Vermögen ableben und Erben
in unserem Lande vorhanden sind.
Oeftreichische Monarchie.
Wien, 14. Nov. Die Operationen gegen die
Insurrektion haben in Dalmatien rascher hegonnen,
als nach den letzten Berichten vorauszusetzen war.
Zunächst wurde die aufständische Zupa in Angriff
genommen, ein beiläufig 6 Qnadratmeilen großer,
zwischen dem Meere und Montenegro sich hinzie-
henden Landstrich. Die Znpa ist der wohlhabendste
und fruchtbarste Theil von Dalmatien, gegen Osten
sehr gebirgig und von einer Cattaro mit Budua
verbindenden Straße durchschnitten. Längs dieser
Straße drängten die von General Dormus und
Oberst Fischer geführten Truppen von Norden
gegen Süden vor, während eine Abtheilung Trup-
pen unter Oberst Schönfeld vom Süden gegen
Norden herauf operirt Der Plan ist offenbar, die
Insurrektion zwischen zwei Feuer zu bringen, zu
theilen und einerseits gegen die Küste, andererseits
gegen Montenegro abzndrängen. Gestern und heu^

Der kurze Weg war den beiden Frauen heute noch
kürzer erschienen, ehe man sichs versah, stand man vor
dem Häuschen in Rathen. — „Schon am Ziel! . . ." rief
der Fremde bedauernd und bat Natalie um die Erlaubniß
ihr ain folgenden Tage seine Aufwartung machen zu dür-
fen; auf Nataliens zusagende Verbeugung zog er seine
Visitenkarte aus der Brieftasche, reichte sie ihr und entfernte
sich mit einem ehrfurchtsvollen Gruße an beide Damen.
„Das ist ja ein allerliebster Mensch," rief Frau Lacoste
ins Zimmer tretend, „liebe Namlie, zeigen Sie doch schnell
die Karte, wie heißt der Liebenswürdige?"
„Nun, nun," scherzte Natalie, die Karte emporschwingcnd
„Geduld, liebe Lacoste, Du fassest ja Feuer!"
„Nud sie sind kalt, wie ein sibirischer Eiszapfen und
haben nicht einmal bemerkt, mit welcher Begeisterung
der liebenswürdige Mann Sie ansah ! . . ."
Natalie lachte und blickte auf die Karte — da plötzlich
wurde sie leichenblaß, die Karte entfiel ihren zitternden
Händen — „Lacoste!" rief sie, .liebe 8«coste!.. .- rd
sank in die Arme ihrer Freundin.
„Was ist Ihnen," rief diese erschrocken, „Natalie, umT
Himmels Willen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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